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Über Macht, Kultur und Machtkultur im steirischen Museumsbetrieb

| 28. September 2015 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 116, Gastkommentar

Foto: PrivatGastkommentar von Peter Koch Die Reduktion der Förderung der 162 Kulturinitiativen war das kulturpolitische Thema des Sommers 2015. Dabei sind es vielmehr die handelnden Personen und deren Charaktere, die unser Kulturleben prägen. Zwei starke Persönlichkeiten als Leiter, die aber beide nicht aus dem Museumbereich kommen. Zwei Politiker, die ihre Aufgabe sehr unterschiedlich sehen, und eine sehr theoretische vorgehende Museumsexpertin. Eine Bestandsaufnahme war der Plan – doch der dominanteste Player im Kulturbetrieb, Peter Pakesch, hat sich durch seinen Rückzug selbst aus dem Spiel genommen.

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Er, der Galerist, wurde 2003 als Intendant des Universalmuseums Joanneum (UJM) installiert. Das damalige »Landesmuseum Joanneum« als zweitgrößtes und älteste Museum Österreichs mit 17 Abteilungen (Urgeschichte, Landeszeughauses bis zur Neuen Galerie) bekam einen Chef für alles, nicht nur für das Kunsthaus. Mit rund 400 Mitarbeitern und einem Jahresbudget von über 30 Millionen Euro war es eines der größten Kulturprojekte Europas. Inklusive Kunsthaus, Umstrukturierungen und Sonderbudgets wurden hier mehr als 135 Millionen Euro bewegt, mehr als die neue, weltweit gefeierte »Fondation Louis Vuitton« von Frank Gehry in Paris.

Den Stil hat man beim 200-Jahre-Jubiläum gesehen, als der Gründer Erzherzog Johann ob seiner angeblich zu nationalen Gesinnung ignoriert wurde. Beim Kunsthaus, als Halle ohne eigene Sammlung und ausschließlich mit angemieteten Ausstellungen bespielt, ebenso. Und die nur 550.000 Besucher des Universalmuseums – davon fast 200.000 Besucher des Schlossparks Eggenberg mitgezählt – spielen gerade mal eine Million Euro ins Budget.

Ein Vergleich mit dem Kunsthistorischen Museum in Wien zeigt: weniger Mitarbeiter als das UMJ, der neunfache Erlös aus dem Kartenverkauf, 1,4 Millionen Besucher und ein international exzellenter Ruf. Kooperationen wurden aber aus ideologischen Gründen abgelehnt. da man sich bei den Besucher nicht »anbiedern« möchte. »Was in dieser Stadt gezeigt wird, bestimmen ich und Lisa Rücker« – das zeigt es deutlich. Die hier erwähnte Stadträtin hat eigene Vorstellungen von Kultur. Interessantes wird als »Eventkultur« abgelehnt. Historische Themen sind ihr ebenso fremd wie Denkmalschutz – nur das Rollenbild der Frau ist ihr wichtig!

Das Graz-Museum wie auch das UMJ haben als Ziel nicht die kulturinteressierte Bevölkerung, sondern eine besondere Elite, ideologisch schwer zuordenbar. Dessen Direktor Otto Hochreiter als ehemaliger Mitarbeiter des Kabinetts von Rudolf Scholten (SPÖ) ist ohne jede museale Vorbelastung. Das Gezeigte spiegelt diese Situation wider, die Zahlen ebenso. Mit Unterstützung der Politik macht er eine Art Minikunsthaus daraus, nur noch elitärer. Die erfolgreichste Ausstellung war eine über Vampire. Mit den Habsburgern und der Geschichte der Stadt wird respektlos umgegangen, obwohl Hochreiter über keine historische Ausbildung verfügt. Sein Drang, zu bestimmen, was in dieser Stadt gezeigt werden darf, lässt ein ähnliches Profil wie bei Pakesch erkennen.

Bettina Habsburg-Lothringen wurde 2013 auch als Leiterin der Abteilung Kulturgeschichte von Pakesch installiert. Eine Historikerin für eine Kunstgewerbliche Sammlung zu wählen, erscheint schon  erstaunlich, diese auch als Leiterin des weltbekannten Landeszeughauses ohne jede Sachkenntnis zu berufen und sie daraus ein »Friedensmahnmal« machen zu lassen, aber wohl als unverantwortlich.

Die nach dem Weggang von Peter Pakesch überraschend schnell getroffenen Entscheidungen von Kulturlandesrat Christian Buchmann sind mehr als nur ein positives Signal. Wolfgang Muchitsch, einen erfahrenen Museumsmann, zum alleinigen Geschäftsführer zu machen, ist ein klares Signal zurück zu professioneller Museumskultur. Die Rückstufung des Kunsthauses zu einer normalen Abteilung des UMJ ebenso. Diese Abteilung ins Zentrum des UMJ zu stellen ist nun dankenswerterweise Geschichte.

Graz hat Potenzial – auch wenn es momentan mehr als 35 Millionen Euro kostet und nur geschätzte 200.000 »echte« Besucher pro Jahr in beide Museen bringen.

Peter Koch ist seit 20 Jahren im Bereich Digitale Medien als Konzeptionist und Ausstellungsgestalter für österreichische und internationale Museen tätig. www.peter-koch.at

Gastkommentar, Fazit 116, (Oktober 2015) – Foto: Privat

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