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Eigentum ist eine der wichtigsten Säulen unserer Freiheit

| 28. April 2016 | Keine Kommentare
Kategorie: Editorial, Fazit 122

Anfang April dieses Jahres hat die Welt den Atem angehalten. Ein anonymer Verräter, auch »Whistleblower« also Pfeifenbläser genannt – was im Übrigen wohl die beste Bezeichnung darstellt –, hat schon 2015 der Süddeutschen Zeitung drei  Terabyte an vertraulichen Daten aus den Unterlagen der panamesischen Anwaltskanzlei »Mossack Fonseca« zugespielt. Danach hat dann ein weltweites Konsortium von Aufdeckerjournalisten – das ICIJ (International Consortium of Investigative Journalists) – rund ein Jahr lang diese aus E-Mails, Briefen, Faxnachrichten und weiteren Urkunden bestehenden Unterlagen ausgewertet und am 3. April in 109 Print- wie Onlinemedien weltweit veröffentlicht.

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Als dann Roman Rafreider die Zeit-im-Bild-20 vom 4. April anmoderierte – der ORF ist gemeinsam mit der Zeitschrift Falter österreichischer Medienpartner des Konsortiums in Sachen Panama-Papiere – verfiel er beinahe in Schnappatmung. Die Spitze eines Eisberges an Korruption und Verbrechen würden wir heute in seiner Sendung erleben. Nach einem Bildbeitrag war es zwar dann nur mehr die »mögliche« Spitze eines Eisberges, aber was kümmert den ORF eine Welt im Konjunktiv.

Seitdem überschlugen sich die Ereignisse. Zumindest in Island, wo Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson, aufgrund der Erwähnung seiner Frau in den Panama-Papieren, zurückgetreten ist. Außerdem sollen ein Fußballer und ein toter Playboy Steuern hinterzogen haben. Alle anderen haben das mit ihrem Eigentum gemacht, was man mit seinem Eigentum machen kann: was man will. Selbstverständlich gilt es wirkliche Verbrechen zu verfolgen (und auch anzuprangern! Wenn sie denn stattgefunden haben; also bewiesen worden sind) und aufzuklären. Das Reinwaschen von illegalem Kapital soll und darf nicht durch internationale Transaktionen ermöglicht werden. Allen solchen Machenschaften zugrunde liegenden Verbrechen, allzuoft Korruption, gilt es, den Kampf anzusagen. Eigentum – mit eine Säule einer freien Gesellschaft – außer Landes zu schaffen, aus welchen (vielleicht sogar unsympathischen) Gründen heraus auch immer, ist aber kein Verbrechen.

Die beiden Parteichefs Werner Faymann (SPÖ) und Sigmar Gabriel (SPD), die unisono bei einer Pressekonferenz zu der Panama-Affäre in Wien »harte Strafen« gefordert haben, sind der Ansicht, wir würden in einem System leben, das geradezu einlade zur Steuerhinterziehung und zur Steuervermeidung. »Steueroasen sind Gerechtigkeitswüsten und ein Schlag ins Gesicht jedes anständigen Bürgers in Europa«, meinte der SPD-Chef. Hongkong etwa ist so eine »Steueroase«, es gibt kein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Bundesrepublik. Trotzdem hat die SPD offenbar getan, was sie tun darf. Sie soll im November 2014 mit der in ihrem Eigentum befindlichen »Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft« ein Offshoreunternehmen in Hongkong gegründet haben, die »Cavete Global Limited«. (Cavete kommt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie »Hütet Euch«.) Ich finde das sehr in Ordnung, natürlich nur unter der (begründeten!) Annahme, die SPD hat kein unversteuertes Geld nach Hongkong geschafft.

Die mir in Moralfragen wohl überlegene Sibylle Hamman hat von »jener Sorte Flüchtlinge, die unser System schamlos ausnutzen« geschrieben und damit die in Panama Anlegenden gemeint. Aus meiner Sicht etwas zu vereinfachend, sind für sie alle Menschen, die im Ausland Geld veranlagen, offensichtlich Steuerhinterzieher. Das kann man so sehen. Wenn wir in einer Welt leben wollen, die ein einziges Steuersystem zulässt. Einen »Superstaat Erde«. Dann ist alles einfach, dann braucht kein Unternehmen mehr in die Verlegenheit geraten, sein Steueraufkommen zu optimieren. Wie etwa die für tausende Arbeitsplätze sorgende Möbel-Lutz-Gruppe, die auf eine Initiative ihres ehemaligen Managers Hans Jörg Schelling in Malta ihren Sitz hat.

Diese Utopie eines planetaren Staates, dem Gemeinwohl verpflichtet, mag irgendwann Realität werden; ich würde mich davor fürchten. Bis dahin sollten wir vielleicht den Vergleich von Sibylle Hamman von Steuervermeidern mit Flüchtlingen, die um ihr Leben fürchten, aufnehmen und uns gewiss sein: Eine Lösung kann es nur geben, wenn die Fluchtursachen beseitigt werden.

Editorial, Fazit 122 (Mai 2016)

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