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Zur Lage (74)

| 23. September 2016 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 126, Zur Lage

Nichts über die Wiederholung der Präsidentenwahl, eine kurze Auflistung meiner liebsten Verkehrsmittel, die Abenteuer einer Zugfahrt nach Köflach sowie ein Satz über das Personal unserer Verkehrsbetriebe. Und ein kurzer Fluch.

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Mein liebstes Verkehrsmittel ist ja der Zug. Also eigentlich ist es das Dampfschiff, aber zum Einen gibt es wohl gar nicht mehr so viele Dampfschiffverbindungen und zum Anderen bin ich – allen Bemühungen des sich immer mehr ausbreitenden und der grenzenlosen Grenzenlosigkeit verschriebenen Internationalismus zum Trotz, Bewohner eines Binnenlandes.

Also der Zug. Wobei, ich komm ja trotz ausreichender Zugverbindungen hierzulande auch nicht wirklich oft zum Zugfahren. Das hat wie vieles viele Gründe, es liegt aber vor allem daran, dass ich gegen jeden Trend mich immer mehr der Immobilität verschreibe. Herumgekommen bin ich schon genug und die paar Wienfahrten im Jahr mach ich, seitdem solche modernen Plastikzüge ohne jeden Charme und nur mehr durch mit Speisewagen nichts zu tun habenden, sicher leicht auszukärchernden und dafür jede Lebensfreude vermiesenden begehbaren Sandwichautomaten ausgestattet sind, selbstverständlich auf einem Ledersofa im eigenen Automobil. Zudem fährt auf die Pack, wo es allwochenendlich, lieber Donnerstag abends als Freitag früh, hinaufgeht, keine Eisenbahn. Zumindest nicht ganz rauf, bis Köflach fährt sie schon. Und im Sommer, meine Lieben, da mach ich sogar ab und an von dieser Zugverbindung Gebrauch und fahr eben mit dem Roten Blitz ins Weststeirische. (Roter Blitz haben wir da früher gesagt, mit welchem Anglizismus der heutzutage gebrändet ist, entzieht sich dankenswerterweise meinem Bewusstsein.) Im Sommer da pendel ich nämlich öfters die Woche und da kommt mir eine solche Entschleunigung durchaus zupass. Der Zug hat sicher einiges an Pferdestärken zu bieten; zum Protzen kommt er aber nie damit, weil, so sagen mir das die Weststeirer, der bleibt bei jedem Mistkübel stehen. Und das liebe ich. Und noch mehr liebe ich natürlich, wenn mich meine Verwandten oder gar meine Frau und meine Tochter am Bahnhof abholen. (Viel mehr zum Glück, glauben Sie mir!, braucht man gar nicht. Zumindest nicht ständig.)

Toll an einer solchen Zugfahrt ist übrigens auch, dass ich quasi daheim einsteigen kann, denn ich habe den Vorteil, nur einige Gehminuten von einer Strassenbahnstation entfernt zu wohnen. Und durch die segensreiche Einrichtung des Verkehrsverbundes, den gibt es jetzt schon ein, zwei Jahre, mich deucht sogar noch deutlich mehr, kann ich schon beim Einsteigen in die Tramway mein Ticket lösen. Sprich, meinen Zehnerblock abstempeln. Leider vergesse ich immer wieder, wieviele »Zonen« ich da abstempeln muss auf meiner Karte und muss daher immer wieder beim Schaffner hätte ich fast gesagt, ich alter weißer Mann, bei der Strassenbahnführerin natürlich nachfragen. Und da hat sich mir schon einige Male eine kleine Schwäche der GVB aka »Graz Holding Linien«, aber wer sagt das schon?, eine Schwäche der tollen GVB also aufgetan: Die wissen das auch nicht so genau.

Es verhält sich sogar so, dass die mitfahrende Dame, die mein Begehr »einmal Erwachsene nach Köflach bitte« mit ihrer Anmerkung zu ihrem Begleiter »nach Voitsberg fahrt eine Straßenbahn?« in letzter Konsequenz mehr über den Verkehrsverbund gewusst hat, als dann die von mir aufgesuchte Informationsstelle am Grazer Jakominiplatz. (Mir wurde geraten, dort aussteigen und mich zu erkundigen.) Der etwa in meinem Alter sich befindliche junge Mann, ein Servicemitarbeiter, hat mir dann nämlich auf der Steiermarkkarte mit dem Verkehrsverbundnetz Köflach in die Oststeiermark verlegt. Und zudem mir empfohlen, fünf statt vier – wie es nach Köflach notwendig ist – Zonen abzustempeln. Gut, man muss nicht jedes Ortschafterl der Steiermark kennen, ganz und gar nicht, trotzdem hat es mich etwas überrascht, dass dieser sich einen Beruf in der Transportbranche ausgesucht habende Herr gerade Köflach nicht gekannt hat. Wo doch wir jungen Buben damals wenn auch nicht alle gleich Zugführer werden wollten, aber zumindest großes Interesse allen Schienentransportmitteln gegenüber an den Tag legten. Und damit für uns die altehrwürdige GKB – die Graz-Köflacher Bahn – mehr als ein Begriff war. Wie geschrieben, Roter Blitz eben. Aber egal, funktionieren tut das trotzdem alles super. Von der Tramway über die Auskunft bis hin zum Zug war das Personal ausnehmend höflich und zuvorkommend.

Abschließend, wo es doch diesmal um Transportmittel geht, darf mein absoluter Liebling für die innerstädtische Kurzstrecke nicht fehlen: das Fahrrad. Seit wenigen Tagen darf ich ein brandneues Stadtrad der Cloppenburger Radschmiede Kalkhoff mein Eigen nennen. Meine wunderbaren Eltern haben mir das geschenkt und ich habe eine ganz große Freude damit. Der einzige Wermutstropfen dabei, ich kann es kaum aus den Augen lassen. Wurde mir doch mein letztes Rad direkt aus meinem Garten heraus gestohlen. In diesem Zusammenhang darf ich meinem Wunsch Ausdruck verleihen, die Diebin möge für zumindest eine Woche in der Hölle schmoren.

Mehr an Verwünschungen getraue ich mir hier nicht anzuführen, kann ich doch nicht ganz sicher sein, ob das dann schon der vom bundesdeutschen Justizminister Heiko Maas so beworbenen »Hatespeech« (in etwa Hassrede) entsprechen würde. Und nur deswegen jetzt extra die Menschenrechtsaktivistin und Amadeu-Antonio-Stiftungs-Gründerin Anetta Kahane, die mit allen Formen der Staatssicherheit deutlich mehr an Erfahrung aufzuweisen hat als ich, anzurufen und nachzufragen, erscheint mir dann doch ein klein wenig übertrieben. Freuen wir uns lieber auf einen wunderschönen Herbst.

Zur Lage #74, Fazit 126 (Oktober 2016)

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