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Offener Brief an die regierende Obrigkeit

| 22. Februar 2017 | Keine Kommentare
Kategorie: Essay, Fazit 130

Foto: ArchivEin Essay von Klaus Woltron. In den letzten Tagen wurde eine Reihe programmatischer Erklärungen zur künftigen Regierungspolitik veröffentlicht. Klaus Woltron sah sich veranlasst, einen geharnischten offenen Brief zu verfassen.

::: Hier können Sie den Text online im Printlayout lesen: LINK

Klaus Woltron, geboren 1945 in Wels, ist Unternehmer und Publizist. Er studierte Metallurgie an der Montanuniversität Leoben und war in den 1980er-Jahren an der Restrukturierung der verstaatlichten Industrie beteiligt. 1988 bis 1992 war er Generaldirektor der österreichischen ABB-Tochter. Er ist Vizepräsident des TÜV-Österreich und Mitglied weiterer Aufsichtsräte. Seit 1994 ist er selbständiger Unternehmer. woltron.com

***

Seit 1945 bin ich Bürger unseres Landes. Ich marschierte als Volksschüler mit russischen Soldaten zu Propagandafilmen Stalins. Später, als Gymnasiast, begeisterte ich mich für die Ideale des Sozialismus, an der Uni in Leoben für die grossen Erfinder und Entdecker. Als junger Ingenieur gehörte ich den »2000 Experten« Bruno Kreiskys an und arbeitete an dessen Programmen mit. Zurückkehrend aus Lehr – und Wanderjahren, die mich weltweit umtrieben, lernte ich aus nächster Nähe die Tücken und den Unterschleif der politischen Welt kennen, der mir in meiner jugendlichen Begeisterung bis dahin verborgen geblieben war. Große berufliche Verantwortung brachte mich in den klassischen Zielkonflikt industrieller Tätigkeit: Soziale, ökonomische und ökologische Verantwortung. Ich entfernte mich von den ideologi-schen Wurzeln meiner Jugend und wurde zu einem unabhängigen Wechselwähler, der sich an der Glaubwürdigkeit der jeweiligen Kandidaten orientierte.

Immer aber blieb ich ein interessierter und engagierter, neugieriger Wanderer zwischen all den Welten, die ich kennenlernte. Keine konnte mich ganz vereinnahmen, und mein Stolz war es, wahrhaftig und verantwortungsbewusst alle meine Handlungen begründen zu können. Immer war ich ganz selbstverständlich und völlig unhinterfragt ein selbstbewusster, stolzer Bürger Österreichs. In den letzten Jahren ist diese Einstellung einer tief gehenden Skepsis und Frustration gewichen. Warum?

Was haben Sie getan!

Sie, bzw. Ihre Vorgänger, haben zugelassen, dass vieles von dem, worauf man als Österreicher stolz sein konnte, verschwand:

– Dass wir zu Befehlsempfängern eines immer mehr zentralistisch regierten, seine Grundsätze und Regeln prinzipienlos verratenden, korrupten Molochs in Brüssel wurden.
– Dass Rentner und Pensionisten für ihr jahrzehntelang angespartes Kapital keinen angemessenen Gegenwert mehr erhalten, weil der Wert des Geldes planmäßig und absichtlich verdünnt wird.
– Dass das Versprechen, unsere Währung und damit die Ersparnisse und Kapitalien der Österreicher sicher bleiben würden, durch Übertragung von Kompetenzen an die EZB und den dortigen himmelschreienden Missbrauch schamlos und ohne Konsequenzen gebrochen wird.
– Dass sich viele Menschen in Großstädten abends nur mehr ungern auf die Straße getrauen.
– Dass viele private Grundstücke mit Videokameras überwacht werden müssen …

… und vieles mehr, was weiter unten noch anzuführen sein wird. Allein gegenüber diesen enormen Schäden, die bereits angerichtet sind, ist alles, was Sie jetzt planen und lautstark veröffentlichen, eine Quantité négligeable.

So wende ich mich, nach siebzig Jahren eines intellektuell, spirituell, humanistisch und ökonomisch tätigen Lebens, in einer schicksalhaften Zeit unseres Landes, inmitten einer immer aggressiver und zersplitterter werdenden Menschheit, mit diesem Offenen Brief an Sie.
… und Sie tun es noch immer!

Nicht die Obsorge um uns, die Bürger, nicht die verantwortungsvolle Vorausschau und Planung einer gedeihlichen Zukunft für unser Land scheint Sie zu leiten und zu motivieren – nein, es ist die pure Gier nach Erhaltung ihrer eigenen Macht. Gegenseitige Unterstellungen, Verleumdung, reflexhafte, längst abgedroschene Argumente und Gegenargumente, absichtliches Aneinandervorbeireden vereiteln die gewissenhafte sachliche Auseinandersetzung. All dies erzeugt eine tiefe Abneigung, bis hin zum Ekel, im Volk, das sich von Euch allen frustriert abwendet. Man glaubt Euch nichts mehr. Ihr habt in der Vorausschau versagt. Ihr habt uns etwas vorgelogen. Ihr habt nur an Eure Pfründen und Privilegien gedacht, und vergessen, dass Ihr von uns gewählt und bezahlt wurdet, um uns zu dienen.

Anstatt dessen habt Ihr euch selbst und eure Nomenklatura bedient, wie es weiland jene in Moskau tat, mit traurigem Resultat. Wir hatten viele Jahre keine Möglichkeit als Euch, die Nomenklatura, die sich fälschlich und krass selbstüberschätzend Elite nennt, ertragen zu müssen, und ich sehe auch heute keine Alternative, der ich vertrauen könnte. Ihr seid (fast) alle aus demselben Holz geschnitzt: Eingebildet, borniert, kurzsichtig, selbstgefällig und egozentrisch, mit ganz wenigen Ausnahmen. Mit uns, den Bürgern, habt Ihr den Kontakt und selbst den Boden unter den Füßen verloren. Ihr seid zu Bewohnern eines anderen Sterns geworden. Ich sehe Euch dem für unsere Zeit charakteristischen, allergrössten und verderblichsten Übel verfallen – fast ausnahmslos alle von Euch: der Spaltung, Entzweiung, bis hin zu offenem Hass und giftiger gegenseitiger Verfolgung.

Währenddessen haben sich auf allen Gebieten Türme
unerledigter Probleme aufgehäuft.

1960 hatte Österreich sieben Millionen Einwohner. Heute, 56 Jahre später, sind es 8,7 Millionen, um fast 24 Prozent mehr. Die medizinischen Einrichtungen – Spitäler, Arztpraxen, Ambulatorien – quellen über. Das Sozialsystem steht finanziell stets kurz vor der Pleite, die Staatschulden steigen fast alljährlich an. Dies ist zum Teil der Überalterung geschuldet – allein: Wo steht geschrieben, dass die Einwohnerzahl, hauptsächlich durch Zuwanderung, stetig steigen muss? Warum lügt man uns dies vor, obgleich die Arbeitslosigkeit hoch und steigend ist? Es ist uns mit einer Einwohnerzahl von sieben Millionen gut gegangen. Mit jenen Millionen, ja Milliarden, die u.a. zur Integration von Zuwanderern ausgegeben werden, könnte man damit junge Ehepaare und deren Kinder fördern. Jetzt aber ist es dazu schon fast zu spät. Jetzt müssen wir alle »es schaffen« ohne dass wir darum gefragt wurden – was man sonst bei jedem Schmarrn betulich tut.

Die Sicherheitsindustrie boomt, die Hersteller von Warnsystemen, Spezialschlössern und Videokameras haben Hochkonjunktur. Allein in meiner unmittelbaren Umgebung wurden mehrere Häuser geplündert, mein Büro in der Wiener Innenstadt ausgeraubt, zwei Kilometer von hier, in Neunkirchen (Niederösterreich), residierte bis vor kurzem ein mittlerweile wegen Terrorverdachts verhafteter Islamist. Dieses Stereotyp wird genauso platzen wie das Märchen vom »Wir schaffen das«. Es ist genau umgekehrt: Die unkontrollierte Zuwanderung hat uns bereits beinahe geschafft.
Anstatt rechtzeitig die Grenzen der Europäischen Union zu kontrollieren, müssen jetzt im Inneren zigtausende Sicherheitskräfte Strassen, Plätze, Weihnachtsmärkte und öffentliche Einrichtungen bewachen. Jeden Monat erreicht uns die Nachricht von einem neuen Massaker, begleitet von gefühligen Post-festum-Trauerkundgebungen und dauerbetroffenen Politikern, die der Abgeschlachteten gedenken.

Merken Sie nicht, dass Sie sich an diesen Zuständen mitschuldig gemacht haben und weiter schuldig machen? Haben sie überhaupt einen Funken von Verantwortungsgefühl, was sie unserem Land schulden an nicht getroffenen, vorausschauenden Maßnahmen? Es wird der Tag kommen, da man sie zur Verantwortung ziehen wird, und es kann sein, dass dieser Tag ein sehr böser für Sie werden könnte.

Das Volk ist lange geduldig. Aber wenn ein gewisses Maß überschritten wird, ist es, wie die Erfahrung zeigt, nicht mehr mit salbungsvollen Worten und glatten Lügen zu beruhigen. Und gelogen haben Sie, daß sich die Balken bogen, und tun es immer noch. Sie scheinen das alles nicht einmal zu bemerken, wie jener berühmte nackte Kaiser, den erst die Kinder auf seine Blößen aufmerksam machen mussten. Unterstützt werden Sie dabei von jenen, die sich davor scheuen, all dies schonungslos beim Namen zu nennen, weil sie direkt oder indirekt von ihnen abhängig sind, wie Putins Nomenklatura in Moskau. Unterstützt werden Sie auch von einer großteils willfährigen oder gedankenlosen Presse, politisch beeinflussten Nachrichten im Rundfunk und mächtigen Interessengruppen mit sehr durchsichtigen Motiven.

Der Normalbürger äußert seinen Frust meist nur am Stammtisch, hinter vorgehaltener Hand oder anonym in den sozialen Medien. Ein Lehrer, Beamter oder von Staatsaufträgen abhängiger Unternehmer zum Beispiel würde sich eine öffentliche Stellungnahme wie diese hier niemals abzugeben getrauen. Auch ich in meinen früheren Funktionen hätte mir diesen offenen Brief nicht leisten können, ohne von meinem Aufsichtsrat wegen Geschäftsschädigung dafür belangt zu werden. (Dabei wären 90 Prozent von dessen Mitgliedern ohne Zweifel klammheimlich meiner Meinung gewesen.)

Jene Parteien, die aktuell den Ärger der Bürger offen artikulieren und die Übelstände beim Namen nennen, tun dies aus ähnlichen Motiven wie Sie: Sie wollen die Macht. Sie haben allerdings gezeigt, dass sie mit dieser Macht nicht umgehen können. Als sie sie innehatten, missbrauchten sie sie schändlich und disqualifizierten sich. Ihr einziges, allerdings großes, Verdienst besteht darin, Sie zu einem Beginn des Umdenkens, zu einer allerdings mehr als halbherzigen Änderung ihrer »Politik«, die nicht viel mehr ist als ein eifrig kommentiertes »Gewährenlassen«, zu zwingen. Dafür muss man jenen dankbar sein – mehr aber nicht.

Klarheit in Österreich?

Ich habe durch jahrzehntelange Beobachtung einsehen müssen, dass es unmöglich ist, Österreich nach klaren Grundsätzen zu regieren. Klarheit gibt es in Österreich nur in straff geführten Betrieben und privaten Organisationen – deshalb sind diese auch meist erfolgreich und Träger des schwindenden Wohlstands. Klarheit verlangt Mut zur Definition von Zielen, Kraft zu deren intellektueller Verteidigung, und Geschlossenheit der Anhängerschaft bzw. Organisation. Dies ist in den diversen Hühnerställen der österreichischen Parteienlandschaft unmöglich. Ebenso unmöglich ist es, eine Mehrheit von Kräften zu bündeln, um das allgemeine Wohl zu fördern und Einzelinteressen hintanzustellen.

Warum das so ist?

Zu stark sind die niedrigen Eigenschaften, die das Handeln der jeweiligen Machthaber bestimmen. Man gönnt dem anderen den Erfolg nicht, und Vice versa. Schon allein dieses Faktum erstickt so manche gute Initiative, deren es zweifellos immer wieder welche gibt. Meist kommt es aber gar nicht erst dazu: Aufkeimende gute Ideen, zukunftsträchtige Konzeptionen werden von einer Clique satter und abgesicherter Bonzen und Funktionäre im Keim erstickt. Ich kenne das alles aus eigener Erfahrung in großen Organisationen nur zu gut.

Personen, welche die Gabe besitzen, einigermaßen altruistisch und weitblickend zu agieren, kommen wegen genau dieser Eigenschaft sehr selten in die Lage, an den Stellhebeln des Staates mitzuwirken. Allein der Anblick dieser Umstände schreckt die allermeisten schon ab. Jene, welche es dennoch tun, eignen sich entweder zu Mitintriganten oder werden vom Mute der Unwissenheit dorthin verschlagen und zerrieben.

Erst der nahende Zusammenbruch und die nackte Angst um die eigene Pfründe kann die Nomenklatura von den durchgeschwitzten Sesseln reißen. Dann aber ist es für die meisten von ihnen bereits viel zu spät. Der Wind der Veränderung weht sie ins Nirgendwo. Es scheint, als ob dies früher, als der ganze Apparat noch nicht so morsch und charakterlos war, besser gewesen wäre. Es fanden sich doch viele aufrechte und selbstlos denkende Individuen, denen der Dienst an der Allgemeinheit wichtiger war als die Ausübung der damit verbundenen Macht.

Wen meine ich hier eigentlich?

An wen appelliere ich daher in diesem offenen Brief? Ich appelliere an Menschen, die sich zugemutet haben, in diesem unwürdig gewordenen und für jeden anständigen Bürger unzumutbaren Biotop Verantwortung zu übernehmen, die Geschicke des Staates zu lenken und ihre Arbeitskraft und Lebenssubstanz dem allen zu widmen. Sie arbeiten in einem Umfeld, das einem unter normalen Begriffen anständigen Menschen unzumutbar ist.

Es ist das Resultat einer permanenten Koevolution der darin Tätigen: Parteien, öffentliche Meinung und die Träger derselben, der Presse. Auch dort, in den Redaktionsstuben, herrscht sehr oft der österreichische Geist der Eifersucht, der persönlichen Eitelkeit, des Brotneids und der Missgunst in einem schädlichen Maße. Dies alles multipliziert sich zu einer Atmosphäre ständiger Aufgeregtheit, Kurzatmigkeit und Nervosität.  Wie kann man von Euch verlangen, den Egoismus, die Eitelkeit, die Missgunst, die in Euch selbst und in Eurer Anhängerschaft haust, abzulegen und unbeirrt und konsequent das Allgemeinwohl aufs Korn zu nehmen? Hat es überhaupt Sinn, Menschen, die in einem solchen Biotop verbogen und deformiert wurden und werden, die notgedrungen einen großen Teil moralischer Grundsätze über Bord geworfen haben, zuzurufen, was getan werden sollte?

Man kennt Euch besser, als ihr glaubt, die ihr gar nicht mehr bemerkt, wie weit Ihr Euch von dem, was heutzutage als anständiger Mensch zu gelten hat, entfernt habt, und entfremden musstet, um in eurer selbstgeschaffenen schrecklichen Szene zu überleben. Jedoch: Ihr habt ein feines Sensorium dafür, womit ihr vielleicht die nächsten Wahlen gewinnen könnt, und genau deshalb – nicht, weil ich glaube, ihr tätet es für uns, die Bürger – rufe ich Euch die folgenden Hinweise und Fragen zu.

Franklin Delano Roosevelt verkündete 1933 den »New Deal«. Bis heute ist zweifelhaft, ob er zum Guten oder Schlechten für die USA ausschlug. Kennedy rief das »Neue Denken« aus. Es folgten die Kubakrise und der Vietnamkrieg.  Gorbatschow setzte auf Perestroika und Glasnost. Heraus kam Jelzin, zwei Revolutionen und Putin. Zwei Bushs »befriedeten« den Nahen Osten und beglückten ihn mit Demokratie. Es folgte eine der grössten Katastrophen der Nachkriegszeit, Millionen Obdachlose und eine Invasion Europas mit Entwurzelten, woran es noch Generationen lang zu kauen haben wird und niemals mehr das sein wird, was es früher einmal war. All diese Phrasen stellen sich als inhaltsleer heraus.

Wir wollen keine Phrasen und Überschriften hören

Wir, die Bürger, wollen daher weder etwas hören von einer neuen Zeit, von einem »New Deal«, einem »Plan A« oder ähnlich abgeschmackten und abgekupferten Parolen. Wir wollen hören und sehen, wie Ihr gedenkt, Eure Pflicht uns gegenüber in einer Welt zu erfüllen, in der seit einigen Jahrzehnten wieder das Recht des Stärkeren gilt. In der jeder gegen jeden weltweit konkurriert, unabhängig von den Eigenheiten des Landes, in dem er lebt. In der die großen Mächte über Kontinente hinweg bestimmen, was zu geschehen hat, wer mit wem Freundschaften schließen darf, wer gemobbt wird und was der Hauptstrom der öffentlichen Meinung beinhalten darf; in einem Europa, das von grossen Männern begründet und von Zwergen weitergeführt wird, das sich anmaßte, die großen Anliegen der Europäer zu vertreten und bei jeder einzelne Probe – Aussengrenzen, Währung, Sicherheit, Verteidigung, Beschäftigung, Technologieführerschaft, Einigkeit gegenüber anderen Kontinenten – jämmerlich versagte und immer noch versagt.

In einem Europa, das alle Versprechen, die es seinen Bürgern gab, brach, alle Verträge, die seiner Verfassung zugrunde liegen, andauernd bricht, und in dem all diese Fehlentwicklungen ungeahndet bleiben und sich weiter fortsetzen: eine fehlkonstruierte groteske Maschinerie der Selbstzerstörung. Wir wollen von Euch für jede dieser Fragen konkrete Antworten und Pläne sehen, und keine Überschriften, Phrasen und Ablenkungsmanöver. Vor allem aber haben wir genug davon, von ein und derselben Regierung an einem Tage dies, am anderen das zu hören; und am dritten Streit darüber, wer nun Recht hätte. Gleich danach – das ist das Allerwichtigste – wollen wir die Taten, und die Kraft sehen, mit der Ihr einen eingeschlagenen Weg auch konsequent und elastisch, unbeirrt vom unvermeidlichen Geschrei, verfolgt. Das seid ihr uns schuldig, und weniger die schönen Worte, die Euch sowieso keiner mehr glaubt.
Wollt Ihr all die Lügen, den Betrug an den Euch Anvertrauten, weiter fortsetzen? Wollt Ihr die Pensionen unserer Mitbürger durch stillschweigende Hinnahme fremder Verbindlichkeiten auf uns alle weiter aufs Spiel setzen? Auf diese Fragen verlangen wir klare Antworten, und eben nicht leere Phrasen von einem »New Deal«, »Plan A« und andere oberflächliche Schalmeien für naive Ohren. Wir sind nicht so dumm wie angenommen.

Gebt uns Antworten!

Sagt uns, wie Ihr zu den immer weiter fortschreitenden Entartungen der Globalisierung steht, zum Schutz der Selbstbestimmung über die essentiellen Ressourcen unseres Landes – Bodenschätze, Traditionsbetriebe, Erziehung und Bildung, Gesundheit. Wir wollen hören, wie Ihr sicherstellen werdet, dass wir nicht noch einmal den verderblichen Liebhabereien einer abgehobenen, evangelikalen Bundeskanzlerin zum Opfer fallen und abermals zigtausende kulturfremde Migranten unkontrolliert ins Land gelangen und es destabilisieren, sodass man hinter jeder Laterne einen Polizisten postieren muss.

Sagt uns, wie die kleinen Betriebe, die unter der Last von beamteten Bürokraten und deren in der Einsamkeit von Amtsstuben geborenen krausen Ideen seufzen, entlastet werden sollen, wie die Patienten, die in völlig überfüllten Ordinationen und Ambulatorien stundenlang darauf warten, eine angemessene Gegenleistung für ihre Krankenkassenbeiträge zu erhalten. Wer wird die völlig überfrachteten, von beamteten Schlafmützen in ideologisch parfümierten ministerialen Hinterzimmern ersonnenen Lehrpläne wieder auf ein praktisch sinnvolles Maß zurückführen? Was wird getan, um die jedes Jahr de facto geringer werdenden Pensionen zumindest in der Kaufkraft, zu erhalten? Wie erklärt man dem Touristen und Kaufmann, dass der Wert des Euro weltweit ständig sinkt und die Sparguthaben und Pensionsveranlagungen der kleinen Leute durch die Geldschöpfungspolitik der europäischen Zentralbank real andauernd schrumpfen?

Sagt uns, was Ihr wirklich tun könnt, und wobei Euch wegen der Einbindung in die EU die Hände gebunden sind. Nützt die Zeit vor den nächsten Wahlen zu einem argumentativen Kassasturz, zu einem Bekenntnis der Ausmaße Eurer De-facto-Impotenz in den wichtigsten Fragen, und die Möglichkeit, uns reinen Wein einzuschenken darüber, in welchem Schiff wir sitzen und wohin es fährt, und was wir dabei zu erwarten haben.  Und das Wichtigste: Sitzt Ihr dabei mit am Steuer, oder seid Ihr lediglich Ruderknechte in ungewisse Gewässer, samt uns allen? Dann Gnade uns Gott.

Ein gesondertes Wort an den Herrn Bundeskanzler

Sie haben am 11. Jänner in Wels eine sehr schöne und mitreißende Rede gehalten. Sie haben an die fortschrittlichen Kräfte appelliert und jene der Beharrung und Finsternis verdammt. Sie haben ihre Hände – mehr als zwei – in alle Richtungen ausgestreckt und Ihr Verständnis für die Anliegen des gemeinen Volkes ausdrucksstark und ergreifend artikuliert. Viele konkrete Versprechung erfolgten – zu Steuerfragen, Förderungen für Unternehmen, Ankurbelung der Wirtschaft etc.

Das wirklich Wichtige aber wäre, wieviel von diesem tiefen Verständnis für das Volk und die Bürger spätestens bis zu den nächsten Wahlen umgesetzt sein wird. Zeigte sich, dass all dies ein ähnliches Schicksal erleidet wie der von Ihnen so verheißungsvoll ausgerufene »New Deal« bis dato, dann droht ihnen eine böse Zeit als Ankündigungskaiser und Umsetzungszwerg. Sie wären nicht der Erste, der Eloquenz mit Effizienz verwechselt. Bis zur Wahl ist es noch lang, da kann man viel tun, wenn der Deal nicht als old and bankrupt dastehen soll.

Das wären die wichtigsten Anliegen, die mich und sehr viele andere, die dies nicht so offen aussprechen können oder wollen wie ich, besorgt machen. Ob Sie dieser Ansicht folgen werden bzw. können oder nicht, wird man sehen. Viel Zeit allerdings bleibt nicht. Wie die alten Römer sagten: Res ad triarios venit. Die Schlacht ist in der letzten Reihe angekommen.

Vorliegender Text ist eine für Fazit aktualisierte Version eines am 6. Jänner dieses Jahres veröffentlichten Schreibens an die Obleute der Koalitionsparteien. Das Original kann im Internet unter bit.ly/OffenBrief nachgelesen werden. woltron.com

Essay, Fazit 130, (März 2017) – Foto: Archiv

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