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Vielseitiges Bollwerk. Zu Besuch in Malta

| 27. April 2017 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 132, Fazitreise

Foto: Thomas Goiser

»Die Eingeborenen erwiesen sich uns gegenüber außerordentlich menschenfreundlich.« So heißt es in der Apostelgeschichte in Kapitel 28. Und davor steht geschrieben: »Als wir gerettet waren, erfuhren wir, dass die Insel Malta hieß.« Die Rede ist vom Apostel Paulus, der hier gestrandet war, und damit definitiv nicht zu den ersten Besiedlern zählte. Text von Thomas Goiser.

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Aus der Jungsteinzeit sind die Reste geheimnisvoller Tempelanlagen sowie eine Reihe von ungeklärten Spuren erhalten. Auf das ebenfalls ungeklärte Verschwinden dieser Kultur folgten unter anderem eine phönizische, eine römische, eine arabische und eine normannische Periode. Der zwischendurch nach Eigenangaben hier für drei Monate gestrandete Apostel Paulus prägt noch heute das Land, unter anderem durch zahlreiche ihm geweihte Kirchen. Im Jahr 1530 erhielten die »Ritter vom Heiligen Johannes zu Jerusalem«, die davor in Jerusalem und Rhodos ansässig waren, die Inseln, die sie schon kurz darauf gegen eine türkische Invasion erfolgreich verteidigten. In der Folge errichteten sie die Hauptstadt La Valletta (benannt nach Großmeister Jean Parisot de Valette) und befestigten sie und die Nebenstädte so, dass sie sich dauerhaft erfolgreich halten konnten. Erst Napoleon gelang es mit dem französischen Heer die Inseln einzunehmen, kurz darauf abgelöst von den Briten, denen sich die Einwohner Maltas dann im Jahr 1800 freiwillig unterstellten. Das wiederum half im 2. Weltkrieg, die Deutsche Wehrmacht trotz zahlreicher Luftangriffe erfolgreich von der Insel fernzuhalten. Entsprechend hoch ist die Dichte an Geschichte im Land.

Und Malta heute?
Malta wurde 1964 unabhängig, 1974 Republik und 2004 Mitgliedstaat der Europäischen Union. Die drei Inseln sind so groß wie Wien südlich der Donau, mit etwa so vielen Einwohnern wie Graz, Klagenfurt und Villach gemeinsam und einer Hauptstadt, die so viele Einwohner zählt wie Eisenstadt. Die 68 Gemeinden, die oftmals zusammengewachsen sind, werden durch Straßen mit gefühlt mehr Kreisverkehren als in ganz Niederösterreich verbunden. Autofahren lernt man hier weiterhin mit Links(verkehr). Bei den anderen Verkehrsteilnehmern kann man auf mediterrane Gelassenheit hoffen. Das Straßennetz verlangt einem geübte Fahrweise, hohe Aufmerksamkeit, Geduld und gute Orientierung ab. An den Kirchenkuppeln jedenfalls sollte man sich nicht orientieren, es gibt einfach zu viele.
Ebenfalls wenig zielführend ist es, wenn man nur auf eine Uhr der meist zwei Glockentürme an den Kirchen blickt, um die Uhrzeit abzulesen. Um den Teufel zu täuschen, wurden nämlich die Zeiger auf einem der zwei Türme meist aufgemalt. Die Inseln selbst wiederum sind außerdem voller Schilder in unverständlicher Schrift, Katzen, Kakteen, Steine und Bars. Soweit die weitgehend wahren Klischees.

Mehrschichtig interessant
Die Inselgruppe aus Malta, Comino und Gozo sind auch abgesehen davon sehr vielseitig. Abseits der Vorzüge eines normalen Badeurlaubs – große Vorteile: Zahlungsmittel Euro, englische Sprache, Nachtleben, Roaming – gibt es viel zu entdecken. Festes Schuhwerk und Sonnencreme sind empfohlen. Eine Vielzahl an malerischen Buchten mit Postkartenblicken – wenn einem nicht gerade ein Kraftwerk oder eine moderne Güterhafenanlage den Blick einschränken – laden die Besucher ein. Meist unmittelbar daneben gibt es dann Steilküsten mit atemberaubenden Ausblicken. Sandstrände gibt es allerdings kaum. Außerdem findet man einige Ruinen von jungsteinzeitlichen Tempelanlagen wie die sehenswerte »Hagar Qim« (Foto Seite 78 unten), deren Bautechnik ebenso ungeklärt ist, wie deren Zweck und die Kultur der Menschen, die diese nutzten. Vor allem entlang der Küsten existieren zahlreiche Festungsanlagen aus der Zeit der Herrschaft der Ritter, weiters eine Reihe von Palästen die sich über das Land verteilen.

Besonders sehenswert sind Im Landesinneren die alte Hauptstadt Mdina, die 1565 der Belagerung von Malta durch das Osmanische Reich standhielt; wo auch Überreste eines römischen Landguts zu besichtigen sind, und ihre Nachbarstadt Rabat. Besonders sehenswert sind in Valletta (Foto Seite 78 oben) selbst das neue Parlamentsgebäude und der Eingang zur Stadt, die erst vor wenigen Jahren von Stararchitekt Renzo Piano verwirklicht wurde und die imposante Johanniskathedrale. Daneben empfiehlt sich ein Besuch in öffentlich zugänglichen privaten Villen von Adeligen in Stadt und Land, wie etwa die »Casa Rocca Piccola« in Valletta. Noch ein Spezifikum sei erwähnt: Zahlreiche Kulturvereinigungen, Musikkapellen und auch die politischen Parteien betreiben an vielen Orten öffentlich zugängliche Kaffees oder Gastbetriebe, die jedenfalls einen Besuch wert sind. Das berühmte »Blaue Fenster« (Azure Window) als besonderes Naturschauspiel fällt mittlerweile übrigens aus. Das Bild auf Seite 74 zeigt es noch intakt, allerdings stürzte es heuer im März ins Meer; was lange erwartet worden war. Die Insel Gozo verlierte damit eine besondere Naturschönheit.

International im Fokus
Einige Aufmerksamkeit ist dem Land gewiss: In diesem Halbjahr hat Malta erstmals den EU-Ratsvorsitz inne. Und schon 2018 wird Valletta europäische Kulturhauptstadt – gemeinsam mit Leeuwarden in den Niederlanden. Wer sich für die Besichtigung der Insel nur ein verlängertes Wochenende Zeit nimmt, wird etwas Stress bekommen. Wie bereits erwähnt, findet man hier sehr viel Geschichte auf engstem Raum. Die drei Monate, die auch der Apostel Paulus hier verbracht haben soll, würden sich eher anbieten – oder wenigstens eine gute Woche. Im Frühling und Herbst sind die Temperaturen sehr moderat. Und auch unsere moderne Alltagskultur ist durchaus von Erzeugnissen aus Malta geprägt. Mehr als zweieinhalb Milliarden Figuren hat Playmobil seit 1971 in seiner Fabrik in Malta erzeugt. Passenderweise waren unter ihnen neben Cowboys, Polizisten und Bauarbeitern auch einige Malteserritter.

Weitere Informationen
Die Republik Malta ist ein südeuropäischer Inselstaat im Mittelmeer. Er besteht aus den drei bewohnten Inseln Malta (etwa 246 Quadratkilometer), Gozo (etwa 67 Quadratkilometer) und Comino (etwa drei Quadratkilometer) sowie aus einigen unbewohnten Kleinstinseln. Politisch gliedert sich die Hauptinsel Malta in zwei Regionen mit fünf Bezirken. Gozo und Comino bilden zusammen die dritte Region und den sechsten Bezirk. Mit gut 430.000 Einwohnern (2014) auf nur 316 Quadratkilometern Fläche gilt Malta als der Staat mit der fünfthöchsten Bevölkerungsdichte weltweit. Der Großteil der Bevölkerung konzentriert sich auf die Hauptstadtregion um Valletta, in dessen Ballungsraum rund 394.000 Einwohner leben. [Quelle: Wikipedia]

gov.mt (Webseite der Regierung)
visitmalta.com/de
wikitravel.org/de/Malta

Fazitreise, Fazit 132 (Mai 2017) – Foto: Thomas Goiser

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