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Aufbegehren

| 27. Oktober 2017 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 137, Kunst und Kultur

Foto: Lupi Spuma

»Vereinte Nationen« im Schauspielhaus – Clemens Setz’ subtile Komödie in einer gelungenen Inszenierung am Grazer Schauspielhaus. Text von Andreas Pankarter.

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Im Mittelpunkt des von Mathias Schönsee inszenierten Stückes des gefeierten Grazer Autors Clemens J. Setz steht ein Paar, das das Aufbegehren der widerwilligen Tochter, etwa gegen das ungenießbare Essen des Vaters, filmt und ins Internet stellt. Das ist schon verstörend genug, passt aber längst in die Welt des Internet mit seinen sogenannten sozialen Medien. Dass sich die Eltern einreden, dieser Missbrauch tue der Erziehung des Kindes gut, und es sei noch dazu völlig in Ordnung, mit den Clips Geld zu verdienen, lässt beim Publikum eindeutige Assoziationen entstehen. Die Eltern werden von einem Produzentenpaar, dessen Hauptaufgabe darin besteht, das schlechte Gewissen des Vaters zu beruhigen, angehalten, ständig neue, bereits vorbestellte Szenen zu arrangieren. Und das erinnert ganz klar an die Pornoindustrie, während der soziale Exhibitionismus im Internet bereits als alltäglich wahrgenommen wird. Die schlechte Behandlung und diesen gefilmten Missbrauch ihrer Tochter rechtfertigen die gefühlsreduzierten Eltern tatsächlich mit ihrer elterlichen Liebe.

Gegen Ende des Theaterabends wird das Stück ziemlich langatmig, obwohl der Stoff durchaus mehr als die hinterlassene Ratlosigkeit hergegeben hätte. Aber das unerwartete, nicht aufgelöste Finale regt zum Nachdenken an. Und das ist wohl, was der Autor bezweckt hat. Ein Besuch von »Vereinte Nationen« ist auch wegen der schauspielerischen Performance von Matthias Lodd und Evamaria Salcher als die Eltern, von Tamara Semzov als siebenjährige Tochter und von Franz Solar und Vera Bommer als Produzentenpaar empfehlenswert. Die weiteren Termine sind der 24. und 31. Oktober sowie der 3. und 8. November jeweils um 21.20 Uhr im Haus zwei des Grazer Schauspielhauses.

Vereinte Nationen
Von Clemens J. Setz, inszeniert von Mathias Schönsee.
Noch bis 29. Dezember 2017 im Grazer Schausspielhaus.
schauspielhaus-graz.com

Alles Kultur, Fazit 137 (November 2017) – Foto: Lupi Spuma

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