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Tandl macht Schluss (Fazit 138)

| 30. November 2017 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 138, Schlusspunkt

Wer Weg mit dem Kopftuch! In Flöcking, einem Ortsteil der 2.000-Einwohner-Gemeinde Ludersdorf-Wilfersdorf im Speckgürtel von Graz und Gleisdorf, ist eine Kopftuchdebatte entbrannt. Auslöser war der Kindergartenbetreiber Wiki – eine großartige Organisation, die für hochwertige, pädagogisch wertvolle Kinderbetreuung steht. Wiki hatte im von ihm betriebenen Gemeindekindergarten eine muslimische Erzieherin eingestellt, die den Hijab trägt. Daraufhin starteten einige Eltern eine Unterschriftenaktion. Sie forderten, dass die Kindergärtnerin ihre Kinder aufgrund des islamischen Kopftuchs nicht weiter betreuen soll.

Die Unterschriftenliste wurde von Wiki mit dem Hinweis auf eine tolerante Handhabung der Religionsfreiheit, die auch das Tragen religiöser Symbole zulasse, entfernt. Damit wurde die Diskussion darüber, wie weit den Eltern eine etwaige Toleranz der Intoleranz zuzumuten ist, seitens des Arbeitgebers entweder gezielt oder aufgrund einer naiven Multikulti-Haltung abgewürgt.
Der Islam, der von seinen Anhängern selbstverständlich auch hier frei ausgeübt werden können muss, ist keine Religion wie jede andere. Anders als etwa das Christen- oder das Judentum stellt er sogar die UN-Menschenrechtskonvention in Frage. 1990 haben die 56 in der »Organisation für Islamische Zusammenarbeit« zusammengefassten Staaten mit islamischer Bevölkerungsmehrheit eine eigene »islamische Erklärung der Menschenrechte« verkündet, die sich vom ersten bis zum letzten Absatz ausschließlich auf die Scharia bezieht. »Alle Rechte und Freiheiten, die in dieser Erklärung genannt wurden, unterstehen der islamischen Scharia«, heißt es in der Einführung des menschenrechtsfeindlichen Konvoluts. Wenn etwa Ehebrecherinnen oder Homosexuelle gesteinigt werden, ist das aus islamischer Sicht menschenrechtskonform, da diese Strafen ja der Scharia entsprechen.

Die muslimische Flöckinger Kindergärtnerin ist wohl keine religiöse Fundamentalistin. Wahrscheinlich ist sie sogar froh darüber, in einem Land leben zu fürfen, in dem die Scharia nicht gilt. Sonst würde sie nämlich kaum die Kinder von Ungläubigen erziehen. Ihr Kopftuch trägt sie womöglich nur, weil sie in einem patriarchalen Umfeld aufgewachsen ist, in dem die Männer nicht wollen, dass ihre Frauen aus der Tradition ausbrechen. Deshalb ist das islamische Kopftuch ein Integrationshindernis. Erst vor etwa einem Jahr hat der OGH klargestellt, dass österreichische Arbeitgeber ihren Mitarbeiterinnen das Tragen des Hijab verbieten können. Eine Muslimin verklagte damals ihren Chef, der sie gekündigt hatte, weil sie nicht auf ihr Kopftuch verzichten wollte. Auch der EUGH hat ein Kopftuchverbot am Arbeitsplatz ausdrücklich erlaubt. Als das Grazer Berufsförderungsinstitut (BFI)  daraufhin einer Sprachtrainerin das Tragen des Hijabs im Unterricht verbieten wollte, erntete das Bildungsinstitut einen Shitstorm, der dazu führte, dass die entsprechende Anweisung wieder aufgehoben wurde.

In Deutschland ist man in der Diskussion weiter. Dort gilt in acht Bundesländern ein Kopftuchverbot im Schuldienst. Auch bei unseren Nachbarn hatten überwiegend die Anhänger der linken Parteien das Tragen des Kopftuchs in der Öffentlichkeit verharmlosend für eine Frage der »Toleranz« gehalten und für eine »Multikulti-Gesellschaft« plädiert. Doch mittlerweile gibt es erstmals Stimmen aus der bisher schweigenden Mehrheit der Muslime. Die frühere deutsch-türkische SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün warnt etwa vor der »besonders gefährlichen Verharmlosung der Ausgrenzung«. Für sie ist Multikulti nichts anderes als eine verschleierte Form von Rassismus. Dadurch blieben die Zugewanderten immer »die Anderen«, abhängig vom Wohlwollen der Mehrheit, zu der sie nie gehören werden.

Daher ist nicht das Verbot des Kopftuchs diskriminierend, sondern der gesellschaftliche Zwang des persönlichen Umfeldes, der viele Muslimas davon abhält, sich so zu kleiden wie die Frauen jener Mehrheitsgesellschaft, in die sie sich integrieren wollen. Vielleicht sollte Wiki als Arbeitgeber den Versuch wagen, ihre muslimischen Mitarbeiterinnen dabei zu unterstützen, aus den ausgrenzenden Kleidervorschriften ihrer religiösen Traditionen auszubrechen.

::: Hier können Sie den Text online im Printlayout lesen: LINK

Tandl macht Schluss! Fazit 138 (Dezember 2017)

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