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Politicks August 2018

| 26. Juli 2018 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 145, Politicks

Die Landesregierung geht mit einem Doppelhaushalt in die letzten beiden Jahre
Im Grazer Kunsthaus präsentierten Finanzlandesrat Anton Lang und Gesundheitslandesrat Christopher Drexler Anfang Juli die grundsätzliche Einigung auf einen Doppelhaushalt für 2019 und 2020. Damit wird immer klarer, dass der vorgesehene Landtagswahltermin irgendwann im Mai 2020 halten wird. Denn mit dem Budgetbeschluss fällt nach der Einigung auf den Standort für das Leitspital im Bezirk Liezen ein weiterer Stolperstein für die steirische ÖVP-SPÖ-Landeskoalition weg. Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass es wohl auch eine Einigung bei der Reform der Mindestsicherung nach Vorgaben der Bundesregierung geben wird.

Bei der Budgetpräsentation kündigte Finanzlandesrat Anton Lang ab dem Jahr 2021 einen ausgeglichenen Maastricht-Haushalt des Landes an. Das taten zwar auch schon seine Vorgänger, ohne letztendlich das Ziel zu erreichen, doch wenn der konjunkturelle Rückenwind anhält, könnte es 2021 tatsächlich so weit sein. Im Doppelhaushalt 2019 müssen dazu 176 Millionen Euro konsolidiert werden und 2020 sogar 231 Millionen Euro gegenüber einer ausgabenseitigen Fortschreibung. Die ressortverantwortlichen Regierungsmitglieder müssen die Konsolidierungsmaßnahmen nun im Rahmen der budgetären Koalitionsvereinbarungen über den Sommer hinweg erarbeiten. Die Konsolidierung soll ausschließlich ausgabenseitig erfolgen. Neue Steuern und Belastungen für die Bevölkerung sind nicht vorgesehen. Außerdem soll es keine Maßnahmen mit bloßen Einmaleffekten geben. Aber da das meiste Familiensilber ohnehin schon lange abgestoßen wurde, sind die diesbezüglichen Versuchungen nicht besonders groß.

Angesichts des jährlichen steirischen Budgetvolumens von etwa 5,9 Milliarden Euro sollten die geplanten Konsolidierungen auch ohne dramatische Einsparungsschritte umsetzbar sein. Die Regierung will das Budget unmittelbar nach dem Sommer am 13. September beschließen. Der Landtagsbeschluss über das Haushaltsgesetz soll im Dezember erfolgen.

Löger zeigt einige Eckpunkte der kommenden Steuerreform auf
Mitte Juli lud die steirische Unternehmerlegende Hans Roth Finanzminister Hartwig Löger zu seinem weiß-grünen Tisch nach Graz. Und vor dem Wirtschaftstalk fand ein Pressegespräch statt, das überhaupt nicht an die bei Wiener Kollegen so umstrittene Message-Control erinnern wollte. Löger ging bereitwillig auf die Fragen der von Roth allerdings handverlesenen eingeladenen Journalisten ein. In seinem Eingangsstatement strich er nicht nur den Familienbonus heraus. Er kündigte für 2020 eine große Steuerreform an, bei der die Regierung die Abgabenquote tatsächlich auf 40 Prozent drücken wolle, ohne neue Schulden zu machen. Weil damit jedoch keinerlei Lenkungseffekte verbunden seien, werde die Abschaffung der kalten Progression erst im Anschluss an die Steuerreform erfolgen. Auch vom Wegfall der Besteuerung des nicht entnommenen Gewinns wollte Löger entgegen den Wahlversprechen von ÖVP und FPÖ nicht mehr viel wissen. Stattdessen versprach er zumindest eine Reduktion der diesbezüglichen Steuerlast und stellte – anders als die Wahlversprechen – eine Erweiterung einer entsprechenden Regelung auf Einzelunternehmen und Personengesellschaften in Aussicht. Außerdem werde es im Zuge der Reform auch zu einer KÖST-Reduktion kommen.

Löger gab bereitwillig zu, dass der Budgetkurs der Regierung Kurz weitgehend von der guten Konjunktur getragen werde. Für das laufende Budget habe die Regierung vor allem Budgetpositionen gekürzt, die im vorigen Haushaltsjahr nicht voll abgerufen wurden. Die Dotierung sei um die Hälfte des nicht ausgegebenen Betrages gekürzt worden. Damit könne von echten Kürzungen keine Rede sein. Der Finanzminister lobte die rot-schwarze Vorgängerregierung ausdrücklich für die Steuerreform von 2016. Diese habe wesentlich zum Anspringen des Privatkonsums in Österreich beigetragen und sei daher mitverantwortlich für die konjunkturelle Spitzenposition Österreichs in der Eurozone.

Österreichs Pläne zur europaweiten Besteuerung von Digitalunternehmen
Im Zuge der EU-Ratspräsidentschaft will der Finanzminister bei der EU-weiten Besteuerung der digitalen Wirtschaft weiterkommen. Derzeit zahlen die Digitalunternehmen für die in Europa erwirtschafteten Gewinne durchschnittlich nur acht Prozent Körperschaftssteuer, alle anderen Unternehmen jedoch an die 23 Prozent. Aktuell werden auf europäischer Ebene unterschiedliche Ansätze zu mehr Steuergerechtigkeit bei der Onlinewirtschaft diskutiert. So werde von einem Teil der EU-Mitglieder das Konzept einer Ausgleichsbesteuerung in Form einer gesonderten Umsatzsteuer auf Digitalerlöse forciert. Daneben gibt es das Konzept der digitalen Betriebsstätten, das auch Österreich präferiert. Dabei werden für Digitalunternehmen fiktive steuerliche Unternehmensstandorte in jenem Land angesetzt, in dem die Wertschöpfung entsteht – bei Google und Facebook wären das für ihre Einnahmen aus Österreich fiktive österreichische Niederlassungen, die dann so besteuert werden, als würde es sie tatsächlich geben. Das entspreche, so Löger, viel eher dem Prinzip der Steuergerechtigkeit als die Ausgleichssteuer. Schließlich sollen Gewinne nicht über die Umsätze besteuert werden und auch eine Doppelbesteuerung könne so einfacher vermieden werden. Daher werde sich die österreichische EU-Ratspräsidentschaft in den nächsten Monaten für das Konzept der digitalen Betriebsstätte stark machen. Ein solches Projekt könne im Gegensatz zur Ausgleichsbesteuerung auch auf nationaler Ebene umgesetzt werden.

Aufhorchen ließ der Finanzminister, als er wegen der gescheiterten Grazer Olympiabewerbung gefragt wurde. Er hätte kein Problem mit einer Bundesbürgschaft für etwaige Olympiakosten, die auf Graz und die Steiermark zukommen hätten können, gehabt. Dazu, wie hoch diese Bürgschaft ausgefallen wäre, könne er nichts sagen, weil es wegen des Rückzugs des ÖOC nicht mehr so weit gekommen wäre.

Die Neukodifizierung des Steuerrechts lässt weiter auf sich warten
Was die dringend erforderliche Neukodifizierung des Einkommensteuerrechts anlangt, ersuchte der Minister um Geduld. Lögers Vorgänger als Finanzminister, Hans Jörg Schelling, hatte diese ja noch in seiner Amtszeit versprochen. Löger gestand zumindest ein, dass sich inzwischen sogar die Steuerberater über die Unübersichtlichkeit des österreichischen Steuerrechts beklagen würden. Er habe bei seinem Amtsantritt aber keine entsprechenden Konzepte in den Schubladen des Ministeriums vorgefunden. Um das Ausmaß des Reformdrucks zu verdeutlichen: Allein der Paragraph 124b des Einkommensteuergesetzes umfasst bereits über 80.000 Zeichen. Dabei handelt es sich um eine chronologische Aufzählung sämtlicher EStG-Novellen und Ausnahmetatbestände seit 1988 und die Termine der Inkraftsetzung bzw. der Außerkraftsetzung vorangegangener Novellen. Löger ließ sich zumindest zu einem halbherzigen Versprechen hinreißen: Obwohl die Betroffenen um jede Ausnahme kämpfen werden, wolle er im Zuge der anstehenden Steuerreform die größten Schwachstellen im Steuerrecht beseitigen.

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Politicks, Fazit 145 (August 2018)

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