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Das Ende der Klimalüge

| 24. Oktober 2018 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 147, Fazitthema

Foto: Zbynek Burival

Der Klimawandel ist nicht aufzuhalten. Doch anstatt die Folgen bewältigbar zu machen, setzen die UN auf Panikmache. Das Ende des Ölzeitalters kommt für den Planeten viel zu spät. Die wahre Klimalüge ist daher jene, mit der die Klimaschützer den Bürgern vorzumachen versuchen, dass sich die Erderwärmung bei 1,5 oder bei zwei Grad Celsius stoppen lässt. Daher bleibt der Menschheit als einzige Option, mit der Erwärmung und ihren Folgen leben zu lernen. Die Bürger haben das Recht, endlich zu erfahren, dass die Definition der Klimaziele von Kyoto und Paris nichts anderes als aktionistische Augenauswischerei war. Daneben gibt es zwar auch noch die Utopie, den Planeten technologisch durch sogenanntes Geoengineering abzukühlen. Aber epochale menschliche Eingriffe haben die ungemütliche Angewohnheit, sich irgendwann der menschlichen Kontrolle zu entziehen und mehr Schaden als Nutzen anzurichten. Text von Johannes Tandl.

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Dabei zeigt die Klimadiskussion durchaus auch Erfolge. Der globale Energiemix verändert sich nämlich nachhaltig von den fossilen Energieträgern Öl, Kohle und Gas in Richtung der erneuerbaren Energien. Der »BP Energy Outlook« sieht die Klimadiskussion und den technischen Fortschritt als die wichtigsten Treiber des sich abzeichnenden – aber wegen seiner Langsamkeit viel zu späten – Endes des Ölzeitalters. Von 2015 bis 2035 wird die globale Energienachfrage um etwa 30 Prozent steigen. Das ist ein Anstieg von 1,3 Prozent jährlich. Und selbst wenn die Klimalobby angesichts dieser Zahl aufheulen wird, stellt sie einen der größten Erfolge der weltweiten Umweltbewegung dar.

Die Energienachfrage wächst mit 1,3 Prozent per anno nämlich deutlich langsamer als die globale Wirtschaft mit prognostizierten 3,4 Prozent BIP-Wachstum jährlich. In der Vergangenheit wuchsen die Wirtschaft und der Energieverbrauch nämlich in einer Eins-zu-Eins-Relation. Bald wird das Verhältnis bei Eins-zu-einem-Drittel liegen. Das ist ein starkes Indiz dafür, dass sich die Investitionen in eine bessere Energieeffizienz nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch rechnen. Ob irgendwann tatsächlich ein globales Wirtschaftswachstum erreichbar sein wird, das gänzlich ohne zusätzliche Energie auskommen kann, lässt sich dennoch nicht abschätzen; dass das Energiewachstum gegen Ende des Jahrhunderts ohne den zusätzlichen Verbrauch fossiler Energieträger auskommen kann, jedoch schon.

Es ist davon auszugehen, dass bereits in den kommenden 20 Jahren mehr als die Hälfte des globalen Energiewachstums auf nichtfossile Energieträger entfallen wird. Damit bilden Öl, Erdgas und Kohle zwar auch in den kommenden Jahrzehnten das Rückgrat der globalen Energieversorgung, ihr Anteil wird aber von 86 Prozent im Jahr 2015 auf etwa 75 Prozent im Jahr 2035 zurückgehen.

Die unrealistischen Ziele der Klimakonferenzen.
Die von allen Energieexperten antizipierten Zahlen des »BP Energy Outlook« haben so gut wie gar nichts mit den bei den diversen Klimakonferenzen verabschiedeten Klimazielen von EU oder UN zu tun. Erst jetzt, nachdem sich sogar die deutsche Regierungskoalition davon verabschiedet hat, beginnt sich auch die EU einzugestehen, dass ihre 2008 beschlossene 20-20-20-Klimastrategie völlig unerreichbar ist. Bis zum Jahr 2020 wollte die EU ja die Treibhausgase gegenüber 1990 um 20 Prozent reduzieren, den Anteil an erneuerbarer Energie um 20 Prozent steigern und um 20 Prozent energieeffizienter wirtschaften.

Von diesen ambitionierten EU-Plänen ließ sich auch das »Intergovernmental Panel on Climate Change« (IPCC), der sogenannte UN-Weltklimarat, inspirieren. Entsprechend optimistisch waren die Beschlüsse der angeblich so erfolgreichen Pariser Klimakonferenz des Jahres 2015. Die Tausenden Delegierten – die meisten sind mit dem Flugzeug angereist – griffen die Ideen begeistert auf. Unter dem Vorsitz des ehemaligen französischen Außenministers Laurent Fabius wurde die – aus heutiger Sicht – ziemlich abenteuerliche Kyoto-Nachfolge-Vereinbarung getroffen, die Erderwärmung auf etwa 1,5 bis zwei Grad Celsius zu beschränken.

Um ein Zwei-Grad-Ziel erreichen zu können, müssten die Treibhausgasemissionen zwischen 2045 und 2060 auf null zurückgefahren werden. Anschließend müsste das zuvor emittierte Kohlenstoffdioxid teilweise wieder aus der Erdatmosphäre entfernt werden. Ohne dieses Geoengineering müsste die Verbrennung fossiler Energieträger schon bis 2040 komplett abgestellt werden. Dabei ist allen Energieexperten klar, dass der fossile Anteil am globalen Energiemix im Jahr 2040 noch bei mindestens 70 Prozent liegen wird. Dass das, selbst bei maximal möglicher Blauäugigkeit, auch den Teilnehmern der Pariser Konferenz bewusst war, ergibt sich übrigens aus dem Umstand, dass die größten Klimagasemittenten USA, China und Indien schon damals klarstellten, dass sie erst ab 2030 mit der Umsetzung der Ziele beginnen würden. Vor allem in China und Indien würde es noch lange dauern, bis genügend Atom- sowie Wasser- und Windkraft zur Verfügung stehen, um die Kohle zu ersetzen.

Als erste große Nation sind bekanntlich die USA eingeknickt. Gleich darauf folgte Deutschland. US-Präsident Donald Trump musste für seinen Abschied von den Paris-Zielen jedoch wesentlich schärfere Kritik einstecken als Angela Merkel, die das im Vorjahr in das Koalitionsabkommen zwischen CDU-CSU und SPD packen ließ.

Es ist übrigens nur eine Frage der Zeit, bis der Realismus auch innerhalb der türkisblauen österreichischen Bundesregierung Oberwasser gewinnen wird. In völliger Verkennung der Tatsachen versuchen Bundeskanzler Sebastian Kurz und sein Team nämlich immer noch ihre Rolle als europäische Musterschüler aufrechtzuerhalten. Bis 2020 will Österreich seine Treibhausgase daher offiziell weiterhin um 16 Prozent gegenüber 2016 und bis 2030 sogar um 36 Prozent reduzieren. Ein Einknicken von Kurz und Umweltministerin Elisabeth Köstinger ist jedoch unausweichlich. Zuletzt hat übrigens das österreichische Umweltbundesamt festgestellt, dass nicht einmal eine geringe Chance besteht, sich den 20-20-20-Zielen auch nur anzunähern.

Warum das Zwei-Grad- und erst recht das 1,5-Grad-Ziel unerreichbar sind.
Die nächste UN-Klimakonferenz findet Mitte Dezember im polnischen Kattowitz statt. Und natürlich verfallen die UN-Lobbyisten des IPCC rechtzeitig in ihren altbekannten, aber völlig unbewährten Aktionismus. Wie gewohnt warnen sie davor, was schon bei einer Erwärmung um 1,5 Grad Celsius passieren wird; und erst welches zerstörerische Potenzial eine Zwei-Grad-Erwärmung hat. «Die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, erfordert rasche, weitreichende und beispiellose Veränderungen in sämtlichen Bereichen der Gesellschaft«, lautet daher das vorhersehbare Resümee einer mehrtägigen IPCC-Sitzung in Südkorea. Und auch in Kattowitz werden die Delegierten wieder einmal eine Strategie verabschieden, die in der Realität nicht einmal so viel Klimagas einsparen wird, wie die Tausenden Teilnehmer durch ihre Anreise verursacht haben werden.

Die Erdölnachfrage steigt derzeit jährlich um 0,7 Prozent. Der Großteil der zusätzlichen Nachfrage kommt dabei aus den Schwellenländern. Der Wert von 0,7 Prozent verringert sich zwar jedes Jahr um ein paar Promillepunkte – jedoch viel zu langsam für eine echte Trendumkehr. Der Verkehrssektor wird weiterhin der bedeutendste Verbraucher von Öl bleiben. Der Anteil des Verkehrs am weltweiten Ölbedarf wird 2035 – trotz alternativer Antriebskonzepte wie Batterie- und Wasserstoffstrom – immer noch bei knapp 60 Prozent liegen. Die zusätzliche Ölförderung wird jedoch vor allem von der Petrochemie für Materialien benötigt, die eigentlich nicht für die Verbrennung bestimmt sind. Doch sogar die haltbarsten petrochemischen Produkte landen – trotz hoffentlich vieler Recyclingzyklen – irgendwann in der Müllverbrennung. Und an der noch viele Jahre lang wachsenden Ölnachfrage, ändert auch das Mantra vom Energiesparen nichts, mit dem die selbsternannten Umweltschützer, etwa der Grünen, bei den auch weiterhin SUV-fahrenden Wählern zu punkten versuchen. Der steigende Anteil des Fahrradverkehrs und die wachsende ÖPV-Nutzung kommen zur Erreichung des 1,5-Grad-Zieles um Jahrzehnte zu spät.

Wesentlich stärker als der Ölverbrauch wird die Erdgasnachfrage ansteigen; bis 2035 um durchschnittlich 1,6 Prozent pro Jahr. Immerhin ist Erdgas weniger dreckig als Kohle. Daher ist es positiv, wenn das Gas die Kohle beim Primärenergieverbrauch als zweitwichtigsten Energieträger nach dem Erdöl ablösen wird. Die Förderung von sogenanntem »Schiefergas« wird zwei Drittel des Anstiegs ausmachen. Am stärksten steigt die Förderung übrigens in den USA. Das wird wahrscheinlich dazu führen, dass die globalen Gaspreise von den günstigen US-Gaspreisen bestimmt werden, was wiederum traditionelle Gasförderländer wie Russland oder Länder im Nahen Osten unter Druck setzt. Trotz der 20-20-20-Ziele tut die EU bis dato nicht besonders viel, um die Abhängigkeit vieler ihrer Mitgliedsländer von russischem Erdgas zu reduzieren. Es ist aber damit zu rechnen, dass die Ausbeutung von neuen Vorkommen im Mittelmeer durch Griechenland und Zypern massive finanzielle Unterstützung finden wird.

Was den weltweiten Kohleverbrauch anlangt, prognostiziert der »BP Energy Outlook« den Höchststand im kommenden Jahrzehnt. Indien gilt als größter Wachstumsmarkt für Kohle. Der indische Anteil an der globalen Kohlenachfrage wird sich von ungefähr zehn Prozent im Jahr 2015 auf etwa 20 Prozent bis 2035 verdoppeln. Am schnellsten und zwar jährlich um 7,6 Prozent werden die Erneuerbaren Energieträger wachsen. Ihr Anteil am globalen Energiemix wird sich bis 2035 vervierfachen. Möglich wird das durch die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit von Wind- und Solarenergie. In China wird in 20 Jahren übrigens mehr Strom mit erneuerbaren Energiequellen erzeugt werden als in der EU und den USA zusammen. Auch in Österreich werden immer mehr Bauern zu »Energiewirten«. Ihre Lobbys sind mächtig genug, um trotz naturschutzrechtlicher Bedenken den Bau weiterer Windkraftanlagen voranzutreiben. Ähnliches gilt für die Holzverfeuerung und Biogaserzeugung. In Folge des grünen Aktionismus scheint der weitere Ausbau der Wasserkraft zu Lasten des Naturschutzes gestoppt. Doch noch gibt es zahlreiche genehmigungsfähige Projekte in der Pipeline.

Der Meeresspiegel steigt viel schneller als befürchtet.
Längst haben Wissenschaftler anhand von Satellitenmessungen errechnet, dass der Meeresspiegel jährlich etwas schneller ansteigt als im Jahr davor. Waren es 1993 noch durchschnittlich drei Millimeter im Jahr werden es im Jahr 2100 schon etwa zehn Millimeter jährlich sein. Das berichtet jedenfalls die anerkannte US-Forschergruppe um Steve Nerem von der »University of Colorado« in Boulder in einem Tagungsband der »US-Akademie der Wissenschaften«. Bis dahin wird der Durchschnittspegel an den Küsten mit großer Wahrscheinlichkeit um mindestens 60 Zentimeter höher liegen als heute – bis dato waren maximal 30 Zentimeter angenommen worden. »Und das (Anmerkung: der 60-cm-Anstieg) ist mit ziemlicher Sicherheit eine vorsichtige Schätzung«, wird Nerem in einer Mitteilung seiner Universität zitiert. In ihrer Berechnung gingen die Forscher davon aus, dass sich die Veränderungsrate der vergangenen 25 Jahre in Zukunft fortsetzt. Angesichts der großen Veränderungen, die wir heute an den Eisschilden sehen, werde der Anstieg wahrscheinlich jedoch noch deutlich höher ausfallen, so Nerem.
Durch bereits erfolgte Treibhausgasfreisetzungen wird der Meeresspiegel noch auf Jahrhunderte weiter ansteigen. Gestiegene Lufttemperaturen führen zum Verlust von Gletschern und Eisschilden. In den nächsten 300 Jahren ist ein Anstieg um 2,5 Meter bis zu 5,1 Meter wahrscheinlich.

Doch bereits bei einem Anstieg von 60 cm bis zum Jahr 2100 müssten sich die Küstenbewohner in ärmeren Ländern – die meisten Millionenstädte liegen am Meer – große Sorgen machen oder den Rückzug ins Landesinnere antreten. Der Küstenschutz wird daher zu einer globalen Aufgabe. Denn dass man auch unter dem Meeresspiegel ein sicheres Leben führen kann, zeigen etwa die Niederlande erfolgreich vor. Ein Meeresspiegelanstieg von 60 bis 100 cm in den kommenden Jahrzehnten ist zumindest technisch bewältigbar. Um einem 500-cm-Anstieg mit Küstenschutzbauten entgegenzutreten, braucht es aber noch gewaltige Technologiesprünge. Doch auch die sollten im Zuge einer Jahrhundertbetrachtung schaffbar und – wenn das globale Wirtschaftswachstum stimmt, weil genügend Energie zur Verfügung steht – finanzierbar sein.

Lässt sich der Klimawandel mit Hightech stoppen?
Immer dann, wenn sich objektive Studien wie der »BP-Energy-Outlook« gegen die vergeblichen Hoffnungen der unrealistischen IPCC-Klimaziele durchzusetzen beginnen, kommen Ideen zum Klimaschutz durch sogenanntes »Geoengineering« ins Spiel. So werden technische Methoden bezeichnet, die das Klima beeinflussen sollen, um die Erderwärmung und damit den Klimawandel zu bremsen. Die Ideen lassen sich in zwei Gruppen zusammenfassen: In Maßnahmen, mit denen Treibhausgase aus der Atmosphäre entfernt werden sollen, und in Maßnahmen, die die Sonneneinstrahlung auf der Erdoberfläche reduzieren sollen. Die Palette der Ideen reicht von künstlichen Bäumen und künstlichen Wolken bis zu großen Spiegeln, die das Sonnenlicht zurück ins All senden. Außerdem wird an künstlichem Algenwachstum zur pflanzlichen Bindung von CO2 geforscht oder an künstlichen Vulkanausbrüchen, deren feine Aschepartikel in der Stratosphäre die Sonneneinstrahlung abschwächen sollen, wie das zuletzt beim Ausbruch des philippinischen Vulkans Pinatubo auf natürliche Art und Weise geschehen ist. Andere Forscher wollen, statt Vulkane zu sprengen, Schwefel mit Flugzeugen versprühen.

Ohne chemische Eingriffe möchten hingegen die Astronomen der Universität von Arizona die Atmosphäre abkühlen. Und zwar indem sie im Weltall eine Art Sonnenschirm aufspannen. Der müsste aus Billionen dünner Siliziumscheiben bestehen. Am Lagrange-Punkt, wo sich die Anziehungskraft von Sonne und Erde aufheben, müssten sie zu einem mächtigen Kreis aufgereiht werden, um die Sonneneinstrahlung zu verringern. Und natürlich gibt es auch bereits Pläne für Verfahren, mit denen CO2 aus der Atmosphäre gefiltert werden soll und unter der Erdoberfläche eingelagert werden kann.

Obwohl sämtliche Ideen des Geoengineering ziemlich utopisch klingen, beschäftigen sich immer mehr seriöse Forscher und Wissenschaftler damit. Schließlich ist eine Klimasanierung durch menschliche Eingriffe immer noch realistischer als das Erreichen der Klimaziele der vergangenen und künftigen UN-Klimakonferenzen.

Fazitthema Fazit 147 (November 2018), Foto: Zbynek Burival

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