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Tandl macht Schluss (Fazit 149)

| 20. Dezember 2018 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 149, Schlusspunkt

Wehr- und Zivildienst für alle! Oder weg damit. Der demografische Wandel hinterlässt überall seine Spuren. Österreich gehen die Wehr- und Zivildiener aus. Die Sozialkosten explodieren und soziale Institutionen wie das Rote Kreuz oder die Pflegeheimbetreiber müssten Zivildienerstellen eigentlich längst mit hauptamtlichen Mitarbeitern besetzen. Das Problem ist nur, dass die auch nicht verfügbar sind.
Immer wieder versuchen verantwortungsvolle Politiker daher, über eine Dienstpflicht beim Heer oder einer Sozialorganisation für junge Männer und Frauen zu diskutieren – als Abgeltung für die Schul- und Universitätsbildung und für das Aufwachsen in einem sicheren und sozialen Umfeld.

Doch obwohl diese Debatte in Österreich alle paar Jahre wieder aufflammt, wird sie auch immer wieder sehr rasch abgewürgt. Denn es gibt zahlreiche Argumente, die gegen eine solche allgemeine Dienstpflicht sprechen. So verstößt jede Form von Zwangsarbeit eigentlich gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Wehr- und Wehrersatzdienst sind zwar explizit ausgenommen, aber ob das auch für eine allgemeine Dienstpflicht gelten würde, ist offen. Außerdem lässt sich eine allgemeine Dienstpflicht problemlos mit dem Totschlagargument, dass sie frauenfeindlich sei, abwürgen. Denn schließlich müssten Frauen – weil nur sie Kinder gebären können – schon jetzt große Nachteile auf sich nehmen. Der männliche Startvorteil werde mit sechs Monaten beim Bundesheer oder neun Monaten beim Zivildienst nicht einmal annähernd wettgemacht.

Aber es gibt immer weniger Frauen in Österreich – ja in ganz Europa –, die sich tatsächlich für eigene Kinder entscheiden. Die Gründe, warum der Kinderwunsch oft so lange nach hinten verlegt wird, bis es dann zu spät ist, sind vollkommen nachvollziehbar. Mutterschaft behindert eindeutig jede berufliche Karriere. Außerdem sind Kinder gerade bei Alleinerziehenden der wichtigste Grund für Armut. Und obwohl immer mehr Kindergärten und Kinderkrippen eröffnen, sehen die Kommunen keine Möglichkeit, ihre Einrichtungen flächendeckend so flexibel offen zu halten, wie es das Berufsleben von berufstätigen Müttern heute nun einmal erfordert. Zudem hat der Facharbeitermangel längst auch die Pädagogen erfasst. So hat etwa die steirische Wiki-Kinderbetreuungs-GmbH ihren Personalstand in nur elf Jahren von 500 auf nunmehr 1.500  Personen ausgeweitet und trotzdem werden händeringend weitere Arbeitnehmer gesucht.

Die Kinderbetreuung ist nämlich eine nicht rationalisierbare und persönliche Dienstleistung. Das drückt auf die Löhne und Gehälter der Betroffenen. Außerdem verläuft für sie die Gehaltskurve wesentlich flacher als in Branchen, in denen die steigenden Personalkosten durch Automatisierungsinvestitionen aufgefangen werden können. Ähnliches gilt übrigens für den Gesundheitsbereich, die Altenpflege und natürlich auch den Krankentransport.

Genau das würde jedoch für eine allgemeine Dienstpflicht aller Jugendlichen sprechen. Zuletzt hat Annegret Kramp-Karrenbauer diese Frage in Deutschland thematisiert. Die vor wenigen Tagen zur neuen CDU-Vorsitzenden gewählte Politikerin hatte ihre Tätigkeit als Generalsekretärin ihrer Partei nämlich mit einer »Zuhör-Tour« durch die deutschen Landkreise gestartet. Dabei sei das Thema Wehrpflicht und allgemeine Dienstpflicht immer wieder zur Sprache gekommen.

Als sie damals breit darüber diskutieren wollte, wurde sie von Kanzlerin Angela Merkel mit dem Hinweis, die Wiedereinführung eines Zwangsdienstes stünde überhaupt nicht zur Debatte, rüde gestoppt. Als voraussichtlich nächste deutsche Kanzlerin und damit als neue mächtigste Frau Europas kann Annegret  Kramp-Karrenbauer nun europaweit darüber dsikutieren, wie legitim es ist, jungen Menschen einen verpflichtenden Beitrag am Gemeinwohl abzuverlangen.

Der letzte Vorstoß in Österreich liegt schon ein paar Jahre zurück, als 2011 die damalige Salzburger Landeshauptfrau, Gabi Burgstaller, ein verpflichtendes soziales Jahr für alle Männer und Frauen angeregt hatte.

::: Hier können Sie den Text online im Printlayout lesen: LINK

Tandl macht Schluss! Fazit 149 (Jänner 2019)

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