Anzeige
FazitOnline

Tandl macht Schluss (Fazit 214/215)

| 20. August 2025 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 214, Fazit 215, Schlusspunkt

Reformstau. Österreich steht sich selbst im Weg. Österreich ist kein armes Land. Aber ein erstaunlich ineffizientes. Die wirtschaftliche Basis ist stabil, der soziale Friede intakt und auch die Innovationskraft ist durchaus vorhanden. Dennoch scheinen wir Jahr für Jahr mehr Kraft aufzuwenden, um immer langsamer voranzukommen. Was wie ein Paradoxon klingt, ist das Ergebnis politischer Trägheit, ideologischer Selbstblockade und der Weigerung, notwendige Reformen anzupacken.

::: Hier können Sie den Text online im Printlayout lesen: LINK

Österreich ist kein armes Land. Aber ein erstaunlich ineffizientes. Die wirtschaftliche Basis ist stabil, der soziale Friede intakt und auch die Innovationskraft ist durchaus vorhanden. Dennoch scheinen wir Jahr für Jahr mehr Kraft aufzuwenden, um immer langsamer voranzukommen. Was wie ein Paradoxon klingt, ist das Ergebnis politischer Trägheit, ideologischer Selbstblockade und der Weigerung, notwendige Reformen anzupacken.

Beginnen wir mit dem Offensichtlichen, das ist die Steuer- und Abgabenlast. Österreich zählt zu den internationalen Spitzenreitern, wenn es darum geht, Arbeit hoch zu besteuern. Wer sich anstrengt, wird kräftig zur Kasse gebeten. Liberale Ökonomen sprechen von einer »Entmutigung der Leistungsbereitschaft« – und treffen damit ins Schwarze. Wer das Gefühl hat, dass sich Mehrarbeit nicht lohnt, zieht sich zurück. Das schadet dem Einzelnen und dem Standort. In einer offenen Volkswirtschaft ist Wettbewerbsfähigkeit kein Luxus, sondern eine Überlebensbedingung. Dazu passt das zweite Problemfeld, die Ausgabenpolitik. Selbst in wirtschaftlich guten Zeiten steigt bei uns die Staatsverschuldung, als wäre Geld kein knappes Gut, sondern eine natürliche Ressource. Corona mag Ausnahmen gerechtfertigt haben, doch was folgte, war kein Rückbau, sondern die Fortsetzung der Gießkannenpolitik mit neuen Etiketten. Antiteuerungsmaßnahmen, Energiegutscheine, Klimaboni – auch für jene, die keine Hilfe brauchen. Es fehlt nicht am Geld, sondern an Priorisierung und Mut zu klaren Kriterien. Und auch der Sozialstaat ist Teil des Problems. Aber er ist auch Teil der Lösung. Österreich leistet sich ein überkomplexes Transfersystem mit zahlreichen Fehlanreizen. Besonders augenfällig wird das bei der Mindestsicherung für kinderreiche Familien ohne Erwerbstätigkeit – ein Thema, das vor allem aber nicht nur Wien betrifft. Statt Menschen aus der Abhängigkeit zu holen, zementiert dieses System die Perspektivenlosigkeit. »Leistung muss sich lohnen« ist keine neoliberale Phrase, sondern Voraussetzung für soziale Gerechtigkeit, die mehr sein will als ein reiner finanzieller Lastenausgleich. Gleiches gilt für das Pensionssystem. Die demografische Entwicklung ist kein Geheimnis, ebenso wenig der Umstand, dass das faktische Pensionsantrittsalter deutlich unter dem gesetzlichen liegt. Jährlich fließen Milliarden aus dem Budget in die Pensionstöpfe – Geld, das anderswo fehlt. Eine automatische Anpassung des Antrittsalters an die Lebenserwartung wäre sinnvoll. Doch die Politik will lieber beliebt sein als ehrlich.

Ähnlich ist es im Bildungsbereich. Die Ausgaben sind hoch, die Ergebnisse aber nur mittelmäßig. Österreichs Schüler schneiden bei Pisa und anderen Vergleichen nicht schlecht, aber eben auch nicht gut ab. Das Problem liegt nicht allein am Geld, sondern an Strukturen, die zu wenig Autonomie, zu wenig Leistungsorientierung und zu wenig Transparenz bedingen. Wer das Lernen erleichtern will, muss auch bereit sein, Unterschiede sichtbar zu machen und gezielt zu fördern. Am Arbeitsmarkt verschärft der Fachkräftemangel den Strukturstau. Österreich braucht qualifizierte Zuwanderung; nicht irgendwann, sondern jetzt. Doch während Asylmigration dominiert, fehlt ein attraktives System für jene, die mithelfen wollen, dieses Land wirtschaftlich und gesellschaftlich zu tragen. Warum erhält nicht jeder Zuwanderungswillige der einen Arbeitsplatz nachweisen kann, automatisch eine Arbeitserlaubnis? Ganz ohne Bürokratie! Zuerst als Saisonier, danach befristet auf drei Jahre und später eben unbefristet?

Und dann sind da noch die Bürokratie, die Klimapolitik oder der Föderalismus. Egal ob Kohlendioxidbepreisung oder Heizungsförderung: Es dominiert Chaos statt Konzept. Die eine Hand weiß nicht, was die andere verbietet. Anstatt auf marktwirtschaftliche Anreize zu setzen, überbieten sich Ministerien mit Regulativen, die lähmen statt lenken. Dabei wären die Aufgaben klar: Bürokratie abbauen, Kompetenzen entflechten, Zuständigkeiten klären. Doch auch hier bleibt es beim Klein-Klein.

Österreich hat also keinen Ressourcenmangel, sondern ein Reformdefizit. Es fehlt nicht an Ideen, sondern am Willen, an strategischer Klarheit und am Mut zur Reduktion. Wer alles fördern will, fördert am Ende niemanden. Wer alles absichern will, destabilisiert das Ganze. Wer den Wandel verweigert, verliert irgendwann alles. Es wird Zeit, dass sich etwas ändert. Nicht irgendwann. Jetzt.

Tandl macht Schluss! Fazit 214/215 (August 2025)

Kommentare

Antworten