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Tandl macht Schluss (Fazit 218)

| 15. Dezember 2025 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 218, Schlusspunkt

Das Land in der Stagnation, die Regierung im Tiefschlaf. Österreich steckt in einer Dauerkrise, und niemand in der Bundesregierung scheint es eilig zu haben, das zu ändern. Seit 2023 schrumpft die Wirtschaft – länger als in jeder Rezession der Nachkriegszeit. Doch statt endlich gegenzusteuern, erklärt Bundeskanzler Stocker ernsthaft, man müsse »durchhalten«, als wäre wirtschaftlicher Niedergang ein Naturereignis und nicht das Resultat politischen Versagens. Während das Land zurückfällt, die Industrie taumelt und Betriebe reihenweise ins Ausland ausweichen, inszeniert sich die Regierung als stoischer Fels in der Brandung. In Wahrheit ist sie nur unbeweglich.

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Die Fakten sind unbarmherzig. Die Wachstumsraten gehen gegen Null, laut EU-Kommission sogar ins Minus. Während andere europäische Länder wieder Tritt fassen, ist Österreich der einzige EU-Staat mit rückläufigem BIP. Exporte brechen ein, die Industrie schrumpft, die Arbeitslosigkeit steigt, die Inflation bleibt über dem EU-Schnitt, und die Insolvenzen häufen sich. Unternehmen wie Remus oder Wollsdorf-Leder gehen nicht nach Bosnien, Serbien und Mexiko, weil dort die Sonne schöner scheint, sondern weil Österreich längst kein attraktiver Standort mehr ist. Trotzdem klopft sich die Regierung auf die Schulter, weil sie ein Sparpaket beschlossen hat, das all jene ausbremst, die überhaupt noch Wertschöpfung erzeugen.

Diese Koalition wirkt wie ein »Bündnis für wirtschaftspolitischen Blindflug«. Anstatt Reformen zu liefern, begnügt sie sich mit Ankündigungen und dekorativen Sprechblasen. So fordert Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer, die Betriebe müssten stärker »in Produktivität investieren«. Gleichzeitig hält die Regierung die Steuer- und Abgabenquote bei 43 Prozent des BIP. Während die Steuerlast unbeweglich an der Weltspitze klebt, breitet sich die Bürokratie weiter aus. Und ausgerechnet der öffentliche Sektor gönnt sich Lohnsteigerungen, bei denen jedes private Unternehmen längst die Luft anhalten müsste. Das ist nicht nur widersprüchlich, es ist zynisch.

Echte Strukturreformen? Fehlanzeige. Stattdessen gibt es mehr Sozialausgaben, frühe Pensionen und ein immer dichteres Dickicht aus Förderungen, die niemand evaluiert, weil niemand sie überblickt. Und weil das Budget trotz Sparpaket explodiert, wird dort gekürzt, wo es am wenigsten weh tut. Und zwar bei Zukunftsinvestitionen in Infrastruktur und Innovation. Dass man so die Rezession künstlich verlängert, scheint niemanden zu kümmern. Hauptsache, die nächste Pressekonferenz klingt nach Stabilität.

Unternehmer erleben eine Regierung, die sich selbst schont und die Wirtschaft zur Kasse bittet. Die Kürzungen treffen Betriebe und Bürger, nie aber die Strukturen, die sich seit Jahren ausdehnen. Der Staat baut weiter an seiner eigenen Komfortzone, während die wirtschaftliche Substanz erodiert. Man verlangt Investitionsfreude, liefert aber Standortpolitik, die jeden Innovationsimpuls erstickt. Kein Wunder, dass sich aus einstiger Hoffnung längst bittere Resignation entwickelt hat.

Dabei hätte die Koalition alle Hebel in der Hand. Nur sie kann die Energiepreise senken, die Bürokratie abbauen, die Lohnnebenkosten reduzieren oder die Verwaltung verschlanken. Doch statt einer Zukunftsstrategie präsentiert sie ein Sparprogramm ohne Kompass. Österreich könnte noch immer ein Land der Innovationen zu sein. Bekommen haben wir eine Politik, die sich anfühlt wie ein Amtsvorgang: träge, langsam und risikoscheu.

Das größte Problem ist nicht die Krise, sondern die Haltung dazu. Andere Länder nutzen die Gelegenheit, Reformen durchzusetzen. Österreich investiert in Ausreden und in den Narrativ, die Weltlage sei schuld. Ein Land mit talentierten Köpfen, starken Betrieben und solider Industrie wird regiert, als wäre es ein Pflegefall.

Bleibt die Regierung auf diesem Kurs, wird Österreich zum kranken Mann Europas. Der zarte Aufwärtstrend, den die internationalen Märkte bringen könnten, wird verpuffen, weil Österreich seine eigenen Bremsklötze nicht entfernt. Und am Ende wird man hören, es sei alles »nicht vorhersehbar« gewesen. Doch man sieht es kommen. Und man könnte es verhindern. Was fehlt, ist eine Regierung, die den Mut hat, nicht länger zuzuschauen. Resignation mag menschlich sein. Als Wirtschaftspolitik ist sie ein Offenbarungseid.

Tandl macht Schluss! Fazit 218 (Dezember 2025)

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