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Tandl macht Schluss!

| 25. Mai 2011 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 72, Schlusspunkt

Die ÖVP hat den aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen Josef Pröll durch Michael Spindelegger ersetzt und die Reaktionen sind so, wie sie immer sind. Die linke Opposition ist dagegen, weil die Personen, die mit Spindelegger im Team sind, für einen Rechtsruck stehen, die rechte Opposition ist dagegen, weil das Team eindeutig einen Linksruck der ÖVP mit bringt. Die einen Schwarzen sind dagegen, weil Niederösterreichs LH nichts (mehr) gegen Spindelegger hat. Die anderen Schwarzen sind dagegen, weil Spindelegger weder Bauern- noch Wirtschaftsbündler ist. Der ZIB 2-Chefmoderator ist dagegen, weil der von Spindelegger für die Funktion des Integrationsstaatsekretärs Auserwählte kein prononcierter „Gutmensch“, sondern ein böser JVPler ist, der sich noch dazu auch andere Regierungsformen außer Rot-Schwarz vorstellen kann.
Liest man dieser Tage die Kommentatoren oder schaltet im speziellen Fall des ORF nicht schnell genug auf einen politisch unverdächtigeren Privatsender um, wird jedem rasch klar, warum das mit dem Spindelegger nicht klappen wird: zu links, zu rechts, zu jung, zu niederösterreichisch, … oder was auch immer.
Dabei gibt es tatsächlich zahlreiche Gründe, welche die Vermutung nahelegen, dass Spindelegger – so wie sein Vorgänger Josef Pröll – kläglich scheitern wird.
Wo  bleibt die Pensionsreform, die endlich zu einem höheren Pensionsantrittsalter führt? Warum bleibt das Schlupfloch der „Hackler-Regelung“ offen, obwohl allen klar ist, dass sie zur Unfinanzierbarkeit des Systems führt? Warum tut niemand etwas gegen eine Politik, die eindeutig zulasten der Jungend geht, weil sie es den unter Vierzigjährigen unmöglich macht, selbst noch eine staatliche Pension über der Mindestsicherungsgrenze zu beziehen?
Wo sind die gut ausgebildeten Arbeitskräfte, die die Wirtschaft braucht. Immer mehr Unternehmen klagen über einen gravierenden Mangel an Technikern bzw. an ausbildungsfähigem Nachwuchs, denn wer als Schulabgänger weder lesen noch rechnen kann, kommt klarerweise auch für kaum einen Lehrberuf infrage.
Wo bleibt das Schulsystem, das den finanziellen Aufwand den es verursacht, rechtfertigt. Warum regiert in den Gymnasien die pädagogische Steinzeit, mit Lehrern, die davon überzeugt sind, 18 Stunden pro Woche und neun Monate Jahresarbeitszeit sind genug? Warum tut niemand etwas dagegen, dass die österreichischen Universitäten zu finanziell ausgehungerten, völlig überlaufenen zweitklassigen Bildungsanstalten verkommen?
Wo bleibt die Verwaltungsreform, nicht nur was die Aufgabenaufteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden angeht, sondern auch was die Struktur und Effizienz der Verwaltungstätigkeit betrifft. Eine Aufgabe, die übrigens jeder zweitklassige Unternehmensberater lösen könnte, indem er ähnliche Rationalisierungsschritte setzt, wie sie von im Wettbewerb stehenden Unternehmen tausendfach vorgemacht und dokumentiert wurden.
Die Steiermark macht es mit ihrem Kurs der Vernunft gerade vor! Und auch der neue ÖVP-Chef könnte etwas Großartiges erreichen, wenn es ihm gelänge, der politischen Vernunft zum Durchbruch zu verhelfen. Zuerst beim Regierungspartner und danach bei der Bevölkerung. Reformen statt Stillstand – das wär’s doch!

Tandl macht Schluss, Fazit 72 (Mai 2011)

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