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Tandl macht Schluss (Fazit 102)

| 25. April 2014 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 102, Schlusspunkt

Die Reformverweigerung zwingt junge Eliten immer öfter zur Abstimmung mit den Füßen. Was soll man nur mit einer Regierung machen, die ihre demokratische Legitimation dazu nützt, die Zukunft des Landes zu zerstören, weil sie trotz ständig steigender Einnahmen nicht mit dem Steuergeld auskommt? Wir Österreicher sind keine Revolutionäre. Und die Abwahl von »Rotschwarz« zieht sich hin. Mit ihrer rückwärtsgewandten Politik schaffen es die beiden Parteien gerade noch, ihre Klientel zu befriedigen und irgendwie an der Macht zu bleiben. Immer mehr Experten sehen in diesem fatalen politischen Umfeld jedoch den Grund dafür, dass viel zu viele gut gebildete junge Österreicher ihrer Heimat den Rücken kehren. Und langsam, aber sicher wird dieser hausgemachte »Braindrain« zu einem Riesenproblem. Denn die Zahl der hochqualifizierten Auswanderer übertrifft die der hochqualifizierten Zuwanderer jährlich um über 10.000 Personen.
Die Statistik Austria hat erstmals das Bildungsregister mit der Wanderungsstatistik verknüpft. Demnach sind im letzten Jahrzehnt im Schnitt jährlich an die 25.000 gut ausgebildete Österreicher weggezogen, und zwar in erster Linie nach Deutschland, in die Schweiz, nach Nordamerika und Großbritannien. Dem stehen jedoch nur etwa 15.000 ähnlich qualifizierte Rückkehrer bzw. Zuwanderer gegenüber. Dazu kommen durchschnittlich weitere 30.000 unqualifizierte Migranten pro Jahr, die in unserer hochspezialisierten Arbeitswelt kaum Chancen vorfinden und dadurch die Sozialkassen belasten. Dass Österreich vor allem gut gebildete Zuwanderer braucht, hat sogar unsere reformunwillige Regierung begriffen. Um den begehrten gebildeten Migranten die Einwanderung in unser Land zu erleichtern, wurde die sogenannte Rot-Weiß-Rot-Karte eingeführt. Das hat aber leider nicht funktioniert.

Denn das Ausmaß des »Braindrains« hat sich vergrößert. Inzwischen kann man fast schon von einer Republikflucht der jungen Gebildeten sprechen. Und ähnlich verhält es sich bei den ausländischen Studenten. Während in den meisten anderen Staaten diese nach ihrem Abschluss vor Ort bleiben, haben im Vorjahr gerade einmal 214 der über 1.700 ausländischen Graduierten um die Rot-Weiß-Rot-Karte angesucht. Der Rest geht lieber in andere Länder, weil sie sich dort weniger staatlichen Hindernissen ausgesetzt sehen als in Österreich. Außerdem bleibt ihnen dort netto viel mehr von ihrem durchaus mit Österreich vergleichbaren Bruttogehalt übrig. Im Klartext heißt das, wenn ein österreichisches Unternehmen einem international begehrten Arbeitnehmer das gleiche Nettogehalt zahlen will wie die ausländische Konkurrenz, muss es dafür ein wesentlich höheres Bruttogehalt aufwenden. Weil es aber zu Ungleichgewichten und innerbetrieblichem Unfrieden führt, wenn ausländische oder rückgewanderte Arbeitnehmer für die gleiche Tätigkeit viel mehr verdienen, lassen sich selbst finanziell gut ausgestattete Unternehmen nicht auf so etwas ein.

Der Grund dafür, dass die Rot-Weiß-Rot-Karte floppte, liegt also nicht an den zu strengen Anforderungsbestimmungen, sondern an den leistungsfeindlichen hohen Steuern, die uns unsere Regierung abpresst und gegen die sich viele Österreicher nicht wehren können. Denn Emigration ist für die meisten von uns aufgrund unseres Alters, unserer familiären Verpflichtungen oder sonstiger Lebensumstände ganz einfach kein Thema. Diese Verpflichtungen betreffen zahlreiche Hochschulabsolventen jedoch nur in einem geringen Ausmaß. Wie die potenziell zuwanderungswilligen Hochqualifizierten nützen sie ihre Chance und entscheiden sich für ein Land mit einer weniger rückwärtsgewandten Politik. Dort verdienen sie nicht nur besser, sie dürfen auch eine bessere Zukunft erwarten als in Österreich.

Wir werden von einer linken Regierung beherrscht, der Verteilungsgerechtigkeit längst wichtiger ist als Leistungs- und damit Chancengerechtigkeit. Schade, dass »Rotschwarz« aufgrund der demografischen Verhältnisse kaum abgewählt werden kann. Schließlich bilden die Pensionisten inzwischen die wichtigste Wählergruppe. Und so zwingt die »institutionalisierte Reformverweigerung« gerade die jungen Eliten immer öfter zu einer Abstimmung mit den Füßen.

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Tandl macht Schluss! Fazit 102 (Mai 2014)

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