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Politicks Jänner 2019

| 20. Dezember 2018 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 149, Politicks

Steiermark – Doppelbudget mit neuen Schulden
Vor wenigen Tagen wurde das Doppelbudget für 2019 und 2020 vom Landtag beschlossen. Das Ziel, keine neuen Schulden mehr zu machen, wurde von ÖVP und SPÖ ja »auf danach« verschoben. Finanzlandesrat Anton Lang will erst das Rechnungsjahr 2020 ausgeglichen und alle darauf folgenden positiv abschließen. Im Budget stehen für 2019 den Ausgaben von 5,8 Milliarden nur Einnahmen von 5,6 Milliarden gegenüber. 2020 sollen 5,9 Milliarden ausgegeben und 5,75 Milliarden eingenommen werden. Die neuen Schulden rechtfertigt der Finanzlandesrat mit den erforderlichen Investitionen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist das ein durchaus vernünftiger Ansatz. Denn wenn die Finanzschulden nicht so schnell wachsen wie das Vermögen, hätte man die Überschuldung ja trotzdem reduziert und gleichzeitig erfolgreich gewirtschaftet. Das Problem ist bloß, dass diese Argumentation wegen der schwierigen Vermögensbewertung kaum nachvollziehbar ist. Wie viel ist eine halbwegs sanierte, aber 50 Jahre alte Straße wert? Oder ein historisches Gebäude, das in den nächsten Jahrzehnten mit Millionenaufwand in Schuss gehalten werden muss. Eigentlich ist das egal. Nach der ersten Regierungsperiode unter Franz Voves war das Land finanziell dermaßen am Ende, dass es von 2010 bis 2018 gedauert hat, bis zuerst die SP-VP-Reformpartnerschaft und nun die VP-SP-Koalition die Ausgaben so weit reduziert haben, dass sie das Landesbudget wieder in den Griff bekamen. Als Budgetredner stellten sich für die SPÖ Klubobmann Hannes Schwarz und für die ÖVP Peter Tschernko an Langs Seite. Beide zeigten sich erwartungsgemäß über die budgetären Entwicklungen erfreut.

Ganz anders sah das – ebenfalls erwartungsgemäß – die Opposition. Claudia Klimt-Weithaler von der KPÖ beschuldigte das Land, bei den Ärmsten zu sparen, die Sozialleistungen zu reduzieren und trotzdem keines ihrer Budgetziele zu erreichen. FPÖ-Budgetsprecher Gerald Deutschmann urgierte die steigende Neuverschuldung und die dringend gebotene Durchforstung der Landesförderungen. Lambert Schönleitner von den Grünen stellte die mangelnde budgetäre Berücksichtigung der Klimaziele und das angebliche Verfehlen des Stabilitätspaktes fest. Das Budget für 2019 und 2020 wurde wie erwartet mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ angenommen.

Barbara Riener wird VP-Klubchefin
Barbara Riener wird neue Klubobfrau der VP-Landtagsfraktion, weil sich der 64-jährige Karl Lackner Mitte Jänner aus dem Landtag in den Politruhestand verabschieden wird. Der Beschluss des VP-Parteivorstandes kam nicht nur für Außenstehende überraschend. Auch die meisten Insider hatten andere Kandidaten für die Lackner-Nachfolge auf der Rechnung. Doch bei näherer Betrachtung ist die Entscheidung des tief in der Arbeitnehmerbewegung verwurzelten Landeshauptmanns Hermann Schützenhöfer, die 56-jährige Sozialpädagogin und Psychotherapeutin in die Chefetage der steirischen Landespolitik zu holen, durchaus nachvollziehbar. Riener gilt nämlich nicht nur als engagierte Sozialexpertin, sondern auch als mitunter knallharte Interessenvertreterin für die steirischen Landesbediensteten. In jahrzehntelanger Arbeit hat sie ihr Profil geschärft und sich klar auf Seiten der Arbeitnehmer positioniert. Riener ist damit alles andere als eine »Alibifrau«. Und sie gilt auch parteiintern nicht immer als bequem. Das eigenständige Profil Rieners ist deshalb wichtig, weil sich die VP sonst immer, wenn eine Frau nach oben gelangt, dem Vorwurf ausgesetzt sieht, sie hätte wieder einmal nur die Blößen ihrer männlich dominierten Welt mit einem gut herzeigbaren weiblichen Feigenblatt zugedeckt.

Die neue Klubchefin Barbara Riener kann also sowohl bei den steirischen Sozialorganisationen als auch bei den für die Volkspartei so wichtigen 7.500 Landesbediensteten und den 18.400 Krankenhausmitarbeitern punkten. Mit der neuen Klubobfrau besteht die erste VP-Reihe hinter dem Landeshauptmann nun aus zwei Männern und zwei Frauen. Auch die bündische Struktur, die nur offiziell keine Rolle mehr spielen soll, passt. Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl kommt aus dem Wirtschaftsbund, Agrarlandesrat Hans Seitinger aus dem Bauerbund und Gesundheitslandesrat Christopher Drexler sowie die neue Klubchefin aus dem ÖAAB. Allen vieren sind übrigens durchaus noch weitere Schritte auf der Karriereleiter zuzutrauen.

Glaubt man einer gerade durchsickernden VP-internen Umfrage, verfügen die steirischen Schwarzen in der Wählergunst über einen deutlichen Vorsprung vor SPÖ und FPÖ. Die Steirerinnen und Steirer sind tatsächlich recht zufrieden mit ihrem Landeshauptmann und der ruhigen Hand, mit der er das Land führt. Nachdem nun auch der Gehaltsstreit zwischen den 26.000 Landes- und Spitalsbediensteten beigelegt wurde, indem Christopher Drexler – er ist auch für die Landesbediensteten zuständig – den Gehaltsabschluss des Bundes von 2,76 Prozent übernommen hat, haben sich auch diesbezüglich die Wogen geglättet.

Der steirische Wirtschaftsbund fühlt sich übergangen
Beim Wirtschaftsbund ist jedoch Unzufriedenheit über die Bestellung von Barbara Riener zur Klubchefin zu vernehmen. Anders als medial dargestellt, hat der WB die Funktion des Klubchefs zwar nicht für sich reklamiert. Das wäre auch gar nicht möglich gewesen, weil er nicht in die Entscheidung eingebunden war. Trotzdem fühlt man sich personell vernachlässigt. Offen Stellung bezieht beim WB dennoch niemand. Schließlich will man nicht, dass an der Loyalität des Wirtschaftsbundes zum Landesparteiobmann gezweifelt wird.

Mit Manuela Khom und Alexandra Pichler-Jessenko verfügt die Wirtschaft zwar über zwei Unternehmerinnen im Landtag, aber beide gelten – wie auch Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl – nicht als klassische, in der WKO verwurzelte WB-lerinnen. Außerdem verdanken sie ihren politischen Aufstieg eher der Partei und nicht dem Wirtschaftsbund. Der VP-Wirtschaftsflügel wünscht sich vor allem eine personelle Stärkung von WKO-Präsident und WB-Obmann Josef Herk in den ÖVP-Gremien. Genannt werden daher etwa die Lebringer Unternehmerin Daniela List oder der Murauer Liftbetreiber und Steirische Skiverbandspräsident Karl Schmidhofer. Auch der oststeirische Holzunternehmer Vinzenz Harrer und WB-Direktor Kurt Egger könnten eine Brückenfunktion zwischen der WB-Kammerfraktion und der Steirer-VP übernehmen. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang auch der Wechsel des obersteirischen Polizisten Armin Forstner – er ist auch Bürgermeister von St. Gallen – vom Bundesrat in den Landtag. Für den frei gewordenen steirischen Bundesratssitz hat die ÖVP übrigens den Grazer Seniorenvertreter Ernest Schwindsackl nominiert.

Schützenhöfer macht alles richtig
Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer kann somit in einem ruhigen tagespolitischen Fahrwasser weiter Fahrt aufnehmen. Sein Regierungspartner und Herausforderer LH-Vize Michael Schickhofer arbeitet zwar mit großem Einsatz an seinem Profil. Aber er muss damit leben, dass der Erste immer am meisten davon profitiert, wenn im Land wenig gestritten wird und wenn etwas weitergeht. Durch die Abschaffung des Regierungsproporzes sind der SPÖ außerdem die Möglichkeiten, innerhalb der Regierung eine Oppositionsrolle einzunehmen, abhandengekommen. Und so profitiert die ÖVP nicht nur von eigenen Erfolgen, sondern auch von jedem Erfolg eines SPÖ-Regierungsmitgliedes mit. Dass es weder an Schickhofers inhaltlicher Arbeit noch an der Kompetenz von Soziallandesrätin Doris Kampus, Bildungslandesrätin Ursula Lackner noch von Finanzlandesrat Anton Lang etwas auszusetzen gibt, hilft der SPÖ daher beim Wähler daher nur geringfügig. Eine erfolgreiche SP-Politik in der Landesregierung kann zwar die Opposition kleinhalten, sie stärkt aber gleichzeitig den Ersten und das ist trotz eines anderslautenden letzten Wahlergebnisses nun einmal die ÖVP unter Hermann Schützenhöfer.

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