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Alles nette Herren und dazu die Polizei

| 6. Dezember 2019 | Keine Kommentare
Kategorie: Da Wanko, Fazit 158

Foto: Martin G. Wanko

Wenn man im Grazer innerstädtischen Bereich lebt, hat man mit so einigen Problemen zu kämpfen, bei denen man dann und wann die Exekutive benötigt. Mitte Juli war es wieder so weit: Ein Bekannter von mir wachte im Sommer um fünf Uhr morgens auf, denn von der Straße her war es ungewöhnlich laut. Jetzt nicht ganz einfach nur lärmende Betrunkene. Er schaute beim Fenster runter und sah, wie sich ein Jugendlicher an die parkenden Autos heranmachte und »schaute«, ob ihre Seitenspiegel stabil sind, im Klartext: Er trat so lange dagegen, bis die Seitenspiegel an den Autos runterhingen. Zwei Freunde begleiteten ihn dabei und lachten sich halb tot.

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Mein Bekannter, recht flink unterwegs, ging hinunter und fotografierte das Szenario. Die jungen Herren hatten bei der Zerstörung des fremden Eigentums viel zu lachen und den Herren war es vollkommen gleichgültig, dass sie fotografiert wurden. Sie verrichteten weiterhin emsig ihr Werk. Mein Bekannter fotografierte ebenfalls weiter. Er hatte auch noch das Auto inklusive Kennzeichen fotografiert, in das sie einstiegen und wegfuhren. Eine schöne, brandneue, deutsche Fabrikation, eine Sonderanfertigung, schwarzes Auto mit weißem Dach. Wohlhabend sind sie also, die Zerstörer des fremden Eigentums, zumindest ihre Eltern. Dieses Auto hatte übrigens noch die beiden Seitenspiegel.

Mein Bekannter rief gleich nach deren Abfahrt die Polizei, die hatte um fünf am Morgen anderes zu tun als rechtzeitig am Tatort zu erscheinen, soll so sein. Sie kamen eine Stunde später. Mein Bekannter gab alles an sie Polizei weiter. Ein halbes Dutzend Autos hatten sie erledigt. Dazu war noch das Fensterbild in einem Eingangsportal zerstört worden. Rund 200 Jahre durfte es die Menschen dieses Hauses erfreuen, genau so lange, bis die netten, jungen Herren »vorbeischauten«. Bei uns hing der Seitenspiegel runter und auch das Fenster war zerkratzt. Unter dem Scheibenwischer war von der Polizei die Nachricht angebracht, dass wir uns wegen Vandalismus an unseren Autos melden sollten. Wir meldeten uns. Es wurden unsere Daten aufgenommen und es hieß, es wird der Fahrer ausgeforscht und dann werden wir kontaktiert, wenn das Prozedere läuft und überhaupt! Dann war einmal lange nichts. Sendepause.

Ein Monat später rief ich in der Dienststelle an, um mich über den Stand der Ermittlungen zu informieren. Nach einigen erfolglosen Versuchen teilte mir die Polizistin mit, dass der Fahrer des deutschen Fabrikats untergetaucht sei, jeden Anruf ignoriere und ohne seine Einvernahme kommt man nicht richtig weiter. Man werde ihn nun brieflich auffordern sich zu melden, es gelte ja auch die Unschuldsvermutung. Aha. Wieder tat sich in der nächsten Zeit nichts.

Ich erzählte diese Story meinem Bekannten, der alles dokumentierte. Der griff sich verständlicherweise auf den Kopf. Wie lange kann es eigentlich dauern, bis junge Herren in dieser Beweislage der gerechten Strafe zugeführt werden? Ja klar, die Wachzimmer sind unterbelegt, aber mir kann keiner sagen, dass man über zweieinhalb Monate warten muss, damit sich hier etwas tut. War aber so. Anfang Oktober rief mich eine Polizistin aus der Wachstube an, ja, der Täter sei nun ausgeforscht. Der Herr könne sich an nichts mehr erinnern, da er so betrunken war, aber er komme natürlich für den gesamten Schaden auf. Ich denke mir schon während des Telefonats, dass er bei einer Rechtsberatung war, die ihm mitteilte, dass ein vollkommener Erinnerungsverlust »sinnvoll« sei. Außerdem zahlt der junge Herr alles. Na super! Die Angelegenheit liegt nun bei der Staatsanwaltschaft. Die entscheidet, ob es eine Gerichtsverhandlung gibt oder nicht. Wird wahrscheinlich wieder zwei Monate dauern, aber bitte.

So als Anregung: Die jungen Herren aus den guten Häusern, die diese Tat vollbrachten, sollten nicht nur zahlen, man sollte sie zum einen vorbestrafen, sie in eine Schulung schicken, in der geklärt wird, wie man mit fremdem oder öffentlichem Eigentum umgeht, und zum anderen eine Runde Rettungsauto putzen, so von Freitag auf Samstag am Abend. Und wenn diese nicht restlos sauber sind? Dann gleich noch eine Runde am nächsten Wochenende, bis die jungen Herren kapiert haben, dass sich die Gesellschaft nicht ewig verarschen lässt. Peng! Ihr verärgerter G Punkt.

Martin G. Wanko (49) ist Schriftsteller und Journalist. m-wanko.at

Da Wanko, Fazit 158 (Dezember 2019), Foto: Martin G. Wanko

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