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Tandl macht Schluss (Fazit 164)

| 6. Juli 2020 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 164, Schlusspunkt

Eigenkapital macht krisenfest. In den nächsten Wochen und Monaten werden viele österreichische Unternehmen in die Pleite schlittern. Und das obwohl der Lockdown für die meisten von ihnen schon längst vorbei ist oder gar nicht erst stattgefunden hat.

Dieser Tage legen gerade zahlreiche gut etablierte Betriebe ihre Investitionspläne auf Eis, obwohl deren Eigentümer und Manager eigentlich davon überzeugt sind, dass jetzt der richtige Zeitpunkt wäre, um antizyklisch vorzugehen. Denn jeder Unternehmer, der daran glaubt, dass sich die Weltwirtschaft nach dem Corona-Schock rasch wieder erholen wird oder dass sich der Trend zu regionalen Angeboten fortsetzen wird, muss jetzt handeln. Schließlich geht es darum, den wirtschaftlichen Aufholprozess und die Regionalisierung nicht anderen zu überlassen. Doch leider dürfen die Banken nur dann finanzieren, wenn genügend Eigenkapital vorhanden ist.

Daher fehlt vielen Unternehmen trotz der zahlreichen staatlichen Hilfsangebote die wirtschaftliche Kraft, um im Spiel zu bleiben. Sie werden jetzt dafür bestraft, dass sie trotz Hochkonjunktur und Niedrigstzinsen nicht dazu in der Lage waren, die letzten Jahre dafür zu nutzen, um Eigenkapital aufzubauen. Doch das ist dringend notwendig, um weitere Kredite zu erhalten oder um zumindest zwei Monate ohne Einnahmen durchzustehen.

Wenn es eine Routine gibt, die sich auf sämtliche Krisen der letzten 150 Jahre anwenden lässt, ist es die folgende: Nicht die Schlauesten und Innovativsten überleben, sondern jene, die stark genug sind, um sich die erforderlichen Ressourcen zu sichern. Und die Maßzahl für diese Stärke ist nun einmal das Eigenkapital.

Natürlich konnte niemand die Corona-Pandemie vorhersehen. Doch das Gleiche galt schon für die Schuldenkrise von 2008, die Dotcomblase des Jahres 2000 oder zuvor für die beiden Ölkrisen. Das Blödeste an Weltwirtschaftskrisen ist leider, dass sie immer genau dann auftreten, wenn man sie am wenigsten erwartet. Daher ist es auch keine »Nachher-Besserwisserei«, den Regierungen der letzten Jahrzehnte vorzuwerfen, dass sie nicht genug getan haben, um den Unternehmen jene Werkzeuge in die Hand zu geben, die sie brauchen, um erfolgreich durch solche Krisen zu navigieren.

Corona zeigt einmal mehr, dass sämtliche Forderungen aus der Wirtschaft berechtigt sind, endlich mit der hohen Besteuerung des nicht entnommenen Gewinnes aufzuhören. Es ist wirklich an der Zeit, den Unternehmen die steuerfreie Bildung einer Krisenrücklage von mehreren Monatsumsätzen zu ermöglichen. Man könnte die jährliche Dotierung ja mit 20 Prozent des Jahresgewinns begrenzen.

Die Einkommenssteuer- und Körperschaftssteuereinnahmen des Staates lagen zuletzt bei knapp zwölf Milliarden Euro. Selbst wenn sämtliche Unternehmen eine solche 20-prozentige Krisenrücklage bilden würden, lägen die jährlichen Mindereinahmen für den Finanzminister bei fiskalpolitisch vertretbaren zwei Milliarden Euro. Das entspricht etwa 0,5 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts (BIP). 2018 betrugen die gesamten österreichischen Staatsschulden übrigens 74 Prozent des BIP. Wegen Coronahilfen werden sie in den nächsten Monaten auf etwa 90 Prozent ansteigen. Daher kann sich jeder ausrechnen, was es gebracht hätte, wenn die Unternehmen in der Lage gewesen wären, die Folgen der Pandemie aus eigener Kraft zu überstehen.

Den vorläufigen Kosten für den Fiskus stünden übrigens nach einigen Jahren entsprechende Mehreinnahmen, die sich aus der besseren Eigenkapitaldecke der Unternehmen ergeben, gegenüber.

Leider ist der Kapitalmarkt in Österreich nicht dazu in der Lage, die Wirtschaft mit Eigenkapital zu versorgen. Da es so gut wie keine österreichischen Equity-Fonds gibt, bleibt es eine Hauptaufgabe der Banken, die Unternehmen zu finanzieren. Ein österreichischer Staatsfonds, der als Eigenkapitalgeber an kleineren Unternehmen beteiligt ist, wäre zwar denkbar; dass das unabhängig von Parteibuchwirtschaft und politischer Einflussnahme geschieht, leider nicht Daher gibt es kaum andere Wege, als den Betrieben die Eigenkapitalbildung durch steuerliche Erleichterungen zu ermöglichen.

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Tandl macht Schluss! Fazit 164 (Juli 2020)

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