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Politicks Juli 2021

| 2. Juli 2021 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 174, Politicks

Landesregierung
 konkretisiert Klimapläne
Wegen der Folgen der Corona-Pandemie hat die steirische VP-SP-Landesregierungskoalition ihr Regierungsübereinkommen überarbeitet, mit dem Ziel, den Aufschwung zu unterstützen. Dass dabei nicht auf den Klimaschutz vergessen wird, unterstrichen Umweltlandesrätin Ursula
Lackner und Agrarlandesrat Hans Seitinger, als sie gemeinsam die neuen Regierungsschwerpunkte im Umweltbereich vorstellten.
Lackner stellte klar, dass Klimaschutz eine Überlebensfrage sei und es ihn nicht zum Nulltarif geben könne. Sie erläuterte, wie eine Klimapolitik mit Hausverstand funktionieren müsse – mit klaren Zielen und Maßnahmen, die es den Bürgern ermöglichen, notwendige Veränderungen mitzutragen. Klimaschutz sei auch eine soziale Frage, vor allem aber eine Frage der Generationengerechtigkeit. Aus der Sicht von Hans Seitinger geht es nun darum, die Steiermark so zu entwickeln, dass die Klimaschutzpotenziale ausgeschöpft werden. Dazu gehören ökologische Neubauten und klimaschonende Sanierungen ebenso wie das Bremsen der Bodenversiegelung und die Wahrung der Versorgungssicherheit mit klimaschonenden regionalen Lebensmitteln und erstklassigem Trinkwasser. Gebremst werden die Umsetzungen der Landesregierung durch das immer noch nicht vorliegende Ökostromgesetz des Bundes, das – obwohl es angeblich längst eine türkis-grüne Einigung geben soll – noch immer nicht den Weg zur Beschlussfassung im Nationalrat gefunden hat.

Interessante Aspekte beinhaltet das neue steirische Regierungsübereinkommen jedenfalls mit der »Klima- und Energiestrategie 2030 plus«, weil darin – nach Vorliegen des Erneuerbare-Energie-Gesetzes –  ein Aktionsplan präsentiert werden soll, der die deutlich verschärften Klimaziele von EU und Bund auf Landesebene herunterbrechen wird.

So soll es etwa einen Klima-Check für sämtliche Gesetze, Verordnungen und Förderprogramme des Landes geben, bei dem diese auf ihre Auswirkungen auf ihre Klimawirkungen überprüft werden. Dieser Klimacheck wird aber wohl nicht besonders verbindlich ausfallen, sondern wird eher als übergeordnetes Ziel – ähnlich den Wirkungszielen im Landesbudget – umgesetzt werden.

Es wird ein »Sachprogramm Erneuerbare Energie« geben, in dem definiert wird, wo und in welchen Bereichen der Ausbau der Erneuerbaren stattfinden soll, aber auch, wo keine Wind- und PV-Anlagen errichtet werden können.

Im Bereich der Wasserwirtschaft soll bis 2025 ein flächendeckendes Störfallmanagement etabliert werden, das neben den notwendigen Investitionen in die Infrastruktur sicherstellt, dass auch in Krisenzeiten ausreichend sauberes Trinkwasser zur Verfügung steht. Dazu wurde ja bereits vor Jahren damit begonnen, etwa artesische Brunnenanlagen neu zu verordnen bzw. stillzulegen,
Aktuell werden in der Steiermark 70 Prozent der erneuerbaren Energie aus Biomasse gewonnen. Dieser Ausbau soll fortgesetzt werden, um fossile Energieträger wie Heizöl, Kohle und Gas weiter zurückzudrängen. Aber auch dabei soll sozial verträglich vorgegangen werden.

War der »La Strada«-Auftakt
eine Schwarzveranstaltung?
Der oberösterreichische Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner (FPÖ) behauptet, dass es für die La-Strada-Landschaftsoper auf dem Dachsteingletscher – und der liegt bekanntlich in Oberösterreich – keine Genehmigung der Naturschutzbehörde gegeben habe. Die Veranstalter gingen jedoch davon aus, dass alles in Ordnung gewesen sei, weil sie der ablehnende Bescheid nicht rechtzeitig erreicht habe.
Streitpunkt ist die Raumklang-Installation »Signal am Dachstein«, die sich mit dem Verhältnis von Mensch und Natur auseinandersetzt und Anfang Juni vom steirischen »La Strada«-Festival gemeinsam mit dem oberösterreichischen Festival der Regionen auf dem Dachsteingletscher ausgerichtet wurde (siehe Fazit 173). Die Veranstalter, die mit ihrer Aktion auf die Gletscherschmelze aufmerksam machen wollten, hätten der Natur damit einen Bärendienst erwiesen, weil sie sich über das Gesetz stellten und dabei gleichzeitig die Gefährdung und Zerstörung von Natur- und Pflanzenwelt in Kauf genommen haben, behauptet Haimbuchner. Nun drohe eine Strafe von 35.000 Euro, so der wahlkämpfende oberösterreichische FPÖ-Chef.

Corona-Verschwörungstheorien schwächen die Demokratie
Mehr als ein Jahr im Zeichen der Corona-Pandemie ist nicht ohne Folgen für die Demokratiezufriedenheit in Österreich geblieben. Studienergebnisse der Universitäten Krems und Graz zeigen negative Auswirkungen der Pandemie auf die Einstellungen zum politischen System. Die Forscher konnten einen signifikanten Rückgang bei der Zufriedenheit messen.

Für das Demokratieradar wurden rund 4.500 Personen zwischen März und Mai 2021, unter anderem nach ihrer Zustimmung zu verschiedenen Corona-Verschwörungslegenden befragt. Eine überwiegende Mehrheit lehnt die entsprechenden Aussagen zwar klar ab. Dennoch kann sich ein Viertel bis knapp 30 Prozent vorstellen, dass die Pandemiebekämpfung instrumentalisiert wurde, um die Demokratie in Österreich zu schwächen und die Gesellschaft stärker zu kontrollieren.

Das ist auch deswegen wesentlich, weil die Kritik an der heimischen Demokratie mit der Zustimmung zu Verschwörungslegenden zusammenhängt. Menschen, die mit Verschwörungstheorien etwas anfangen können, würden sowohl die Demokratie in Österreich als auch die Demokratie als Staatsform deutlich kritischer betrachten als andere, erklärt dazu Flooh Perlot vom »Austrian Democracy Lab«.

3,5 Milliarden der 750 EU-COVID-Milliarden gehen an Österreich
Das als »NextGenerationEU« (NGEU) bezeichnete COVID-Wiederaufbauprogramm ist das erste europäische Förderprogramm, mit dem sich die EU als ganze verschuldet, wobei die Haftung der Mitgliedsländer auf ihre Anteile an diesem Programm begrenzt ist. Das NGEU hat einen Umfang von etwa 800 Milliarden Euro, die über gemeinsame europäische Anleihen am Kapitalmarkt aufgenommen wurden. Die Hilfen werden zwischen 2021 und 2023 an jene EU-Staaten, die wirtschaftlich besonders unter der Pandemie gelitten haben, ausbezahlt. Etwa 416 Milliarden Euro gehen in Form von nicht rückzahlbaren Zuschüssen und 384 Milliarden als Kredite an die EU-Mitgliedsstaaten.

Der Löwenanteil von 82 Milliarden Euro geht an das öffentlich stark verschuldete Italien, 77 Milliarden an Spanien. Frankreich kann 29 Milliarden abrufen und Polen 38 Milliarden. Österreich erhält aus dem Fonds etwa 3,5 Mrd. Euro, wobei sich die Regierung auf einen Schwerpunkt für Ökoinvestitionen geeinigt hat.
Bei einem Besuch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen in Wien stellte Bundeskanzler Sebastian Kurz klar, dass man diese EU-Hilfe nicht als Geschenk darstellen dürfe, weil die Republik Österreich schließlich Nettozahler sei. Mit dem Verhandlungsergebnis zeigte sich Kurz dennoch zufrieden. Ihm sei aber klar, dass sich die Gruppe der frugalen Staaten (Österreich, Niederlande, Dänemark, Schweden und Finnland) mit den von ihnen in das Programm hineinverhandelten Bedingungen nicht beliebt gemacht habe.

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) sieht Österreich europaweit als Vorreiter bei Klimaschutzinvestitionen. Österreich nütze die Gelder, um das Klima und die Umwelt zu schützen, so Gewessler. 59 Prozent der österreichischen Mittel für den Klimaschutz seien europaweit Spitze. Der österreichische Plan legt besondere Schwerpunkte auf den öffentlichen Verkehr und die klimaneutrale Transformation der Industrie.

Steirer-VP-Zuversichtstour als weißgrüner Zwischenspurt
Derzeit läuft es gut für die Steirische Volkspartei. Die Regierungskoalition mit der SPÖ funktioniert, die Opposition spielt keine besonders aktive Rolle und Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer konnte seine nun zu Ende gehende Periode als Vorsitzender der LH-Konferenz nützen.
Er hat sich nicht nur als »Primus inter pares« unter den ÖVP-Landeshauptleuten positioniert, sondern er hat

auch das weißgrüne Profil der Steirer-VP gefestigt, in dem er sich eindeutig gegen die in diversen Chats dokumentierten Widerlichkeiten der türkisen Buberln im Kurz-Umfeld positioniert hat. Daher nimmt man es ihm auch ab, dass er trotzdem mit vollem Einsatz für Sebastian Kurz an der ÖVP-Spitze kämpfen wird, weil private Chats, unabhängig von ihrem Inhalt, privat sind und nicht auf den Hauptplatz gehören. Und weil nun auch die Wirtschaft wieder volle Fahrt aufgenommen hat, ist es Zeit, die Bürger dabei zu unterstützen, neuen Mut zu fassen. Daher hat die steirische ÖVP das Motto »Zuversicht« ausgerufen.

Auf einer Tour durch alle Bezirke lädt der LH die Meinungsbildner der jeweiligen Region zu sogenannten Konjunkturgesprächen ein. Er besucht die Betriebe, trifft sich mit den Regionalmedien und sucht das Gespräch mit der Bevölkerung. Die ÖVP legt damit mitten in der Periode einen klassischen Zwischenspurt hin. Und sie darf darauf hoffen, dass die Bevölkerung ihr die Erfolge im Kampf gegen die Pandemie zuschreibt. Gleichzeitig sind übrigens auch die ÖVP-Regierungsmitglieder Juliane Bogner-Strauß, Christopher Drexler, Barbara Eibinger-Miedl und Hans Seitinger in den Bezirken unterwegs und suchen ihrerseits das Gespräch mit Meinungsträgern und Wählern.

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Politicks, Fazit 174 (Juli 2021)

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