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Politicks Oktober 2021

| 12. Oktober 2021 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 176, Politicks

Christopher Drexler feiert 50er
Die Kleine Zeitung berichtete von der 50er-Feier von Kulturlandesrat Christopher Drexler als einem Fast-Staatsakt. Die coronabedingt von März auf Mitte September verschobene Geburtstagsfeier fand in der Latschenhütte auf der Teichalm statt – nahe Drexlers Wohnort Passail. Und alle, angefangen von Bundeskanzler Sebastian Kurz bis zu den Wegbegleitern seit Drexlers Jugendzeit, sind gekommen. Obwohl Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer in seiner Festrede klarstellte, dass er die nicht gestellte Frage nicht beantworten werde, war allen Mitfeiernden völlig klar, dass er sich hinsichtlich seiner Nachfolge entschieden hat. In absehbarer Zeit wird ihm Drexler wohl auch als Landeshauptmann nachfolgen. Der um 15 Jahre ältere Schützenhöfer förderte und forderte Drexlers Karriere von Anfang an. Und so bezeichnete er sich selbst als »väterlichen Bruder« des Jubilars.

Als weiterer Laudator ergriff Sebastian Kurz das Wort. Drexler sei ihm bereits seit JVP-Tagen als äußerst unbequemer, aber unglaublich gescheiter Steirer, dem deshalb in Wien nicht gerade der beste Ruf vorausgeeilt sei, bekannt gewesen. Seit den Achtziger- und Neunziger-Jahren, in denen Josef Krainer und Gerhard Hirschmann die steirische Politik prägten, ist das ein wertvolles Prädikat für jeden steirischen ÖVP-Politiker. Kurz habe Drexler in den vielen Jahren dazwischen als besonnenen Strategen der steirischen ÖVP persönlich kennen und schätzen lernen dürfen.

Drexler ging in seinen Dankesworten unter anderem auf seine Freundschaft mit Altlandeshauptmann Franz Voves ein, den er während dessen erster Amtsperiode mit der  Bezeichnung »der derzeit amtierende Landeshauptmann« quälte. Voves hatte auf sein Glückwunschbillet die Worte »Dem derzeit amtierenden Landesrat« geschrieben und damit wie viele andere seine persönliche Antwort auf die nicht gestellte Frage kundgetan.    

Steirisches Öffi-Jahresticket 
um 588 Euro
Endlich können auch die Grünen einen zählbaren Erfolg ihrer Regierungsbeteiligung verbuchen. Möglich wurde die Umsetzung ihres wohl wichtigsten Wahlversprechens aber nur, weil ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und der SPÖ-Verkehrs- und Finanzreferent Anton Lang über ihre Schatten gesprungen sind. Mit dem steirischen Klimaticket als Teil des 1-2-3-Tickets wird es erstmals möglich sein, mit einer einzigen Karte alle Züge, Busse und Straßenbahnen im Gebiet des Verkehrsverbundes Steiermark zum Fixpreis von 588 Euro jährlich zu benutzen. Das landesweite Ticket startet am 1. Jänner 2022. Für Senioren über 65 gibt es eine 25 Prozentermäßigung und alle unter 26 Jahren können das Ticket um 441 Euro kaufen.

Nach den intensiven Verhandlungen mit dem Bund zeigte sich Schützenhöfer hocherfreut über die gute Zusammenarbeit mit Klimaschutzministerin Leonore Gewessler und LH-Vize Anton Lang. Gemeinsam sei es gelungen, dieses Ticket für die Steiermark zu fixieren. »Mobilität und Maßnahmen für den Klimaschutz haben für die Zukunft unserer lebenswerten Steiermark höchste Priorität – deswegen werden wir auch weiterhin an zukunftsorientierten und ökologischen Mobilitätslösungen arbeiten«, so der Landeshauptmann.

Verkehrsreferent Anton Lang galt lange Zeit als Bremser eines vergünstigten landesweit gültigen Jahrestickets, weil die Umsetzung ohne Bundesbeteiligung nur über eine Reduzierung der Öffi-Qualität möglich gewesen wäre. Daher habe das Land in den letzten Jahren massiv in die Attraktivierung der Öffis investiert. Das »KlimaTicket Steiermark« um 588 Euro pro Jahr bringe nicht nur eine massive finanzielle Entlastung für die Steirer, sondern sei auch ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz, so Lang.

Landesregierung
 will Ortskerne beleben
In den steirischen Randregionen gehören sterbende oder bereits entvölkerte Ortskerne zum Alltag. Landesrat Hans Seitinger (ÖVP) und SPÖ-Klubobmann Hannes Schwarz präsentierten daher eine Ausweitung der bestehenden »Sanierungsoffensive zur Belebung von Ortskernen«. Diese Förderung unterstützte bisher den Ankauf von Gebäuden in zentralen Lagen, wenn durch ihre Sanierung leistbarer Wohnraum geschaffen wird, und war allerdings auf Gemeinden oder mehrheitlich in Gemeindebesitz stehende Gesellschaften beschränkt. Die Landesregierung hat nun die Ausweitung des Förderkreises auf gemeinnützige Bauvereinigungen und private Personengesellschaften (Baugruppen) beschlossen. Um zu verhindern, dass auch Anlegerprojekte in den Genuss der Förderung kommen, wird sie bei privaten Personengemeinschaften jedoch zur Deckung des Wohnbedarfs der eigenen Mitglieder eingeschränkt.
Mit der Belebung der Ortskerne werde die Attraktivität der Innenstädte und Gemeindezentren gesteigert und gleichzeitig verhindert, dass wertvolle landwirtschaftliche Flächen an den Rändern versiegelt werden, erklärte Seitinger. Und SPÖ-Klubchef Schwarz ergänzte: »Auf diese Art und Weise können außerdem zig Arbeitsplätze in der steirischen Baubranche gesichert werden.«

Sollte die Förderung tatsächlich die von den beiden Politikern erwähnten Wirkungen erzielen, stellt sich die Frage, warum die Förderung nicht auch von gewerblichen Bauträgern und deren Investoren in Anspruch genommen werden darf, wenn dadurch Dauerwohnraum geschaffen wird. Über die Rückzahlung der Landesdarlehen käme es ja zu keiner zusätzlichen Belastung der öffentlichen Haushalte.   

Frank Stronach plant in
 Gleisdorf ein E-Fahrzeug-Werk
Der austrokanadische Milliardär Frank Stronach will ab 2022 in Toronto ein Elektro-Dreirad für den Stadtverkehr bauen. Vor wenigen Tagen hat der 89-Jährige in Graz im Beisein von Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang und Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl jedoch nicht nur den »Sarit« – so wird das Gefährt heißen –, sondern auch Pläne für eine Produktionsstätte in der Steiermark präsentiert. In Laßnitzthal, einem Ortsteil von Gleisdorf, sollen neben der Fertigung auch ein Forschungszentrum sowie die Europazentrale seiner Firma »Stronach International« entstehen. Stronach besitzt dort direkt neben der A2 ein dreizehn Hektar großes Industriegrundstück, das er seit mehreren Jahren vergeblich zu verkaufen versucht. Nun will er es offenbar selbst nutzen. Ob er seine Verkaufsabsichten für die Riesenfläche tatsächlich bereits aufgegeben hat, ist aber nicht ganz klar, denn nach wie vor steht dort ein überdimensionales, gut 50 Quadratmeter großes Zu-Verkaufen-Plakat, das wegen seiner Größe aber auch nicht ganz einfach abzubauen sein dürfte.
In der Bevölkerung haben jedenfalls sehr rasch Gerüchte die Runde gemacht, dass Stronach die Investitionspläne nur vorgeschoben habe, um sein Grundstück auf Kosten der öffentlichen Hand erschließen zu lassen. Die Stadt Gleisdorf würde sich jedenfalls über eine dritte A2-Abfahrt im Stadtgebiet freuen. Derzeit gibt es in Laßnitzthal nur einen nicht öffentlichen Halbanschluss für Einsatzfahrzeuge mit einer Auffahrt in Richtung Graz und einer Abfahrt in Richtung Wien. Der Gleisdorfer Bürgermeister Christoph Stark steht dem Interesse von Stronach natürlich positiv gegenüber und weist Spekulationen zurück, dass der Milliardär über die Hintertür zu einem A2-Anschluss kommen wolle. Schließlich gäbe es eine alte Vereinbarung zwischen der mitlerweile mit Gleisdorf fusionierten Gemeinde Laßnitzthal, der ASFiNAG und dem Land Steiermark, aus der hervorgeht, dass ein offizieller A2-Halbanschluss errichtet wird, sobald sich Gewerbe- und Industriebetriebe im derzeit nur über eine holprige Landesstraße erreichbaren Laßnitzthal niederlassen. Das Stronach-Grundstück stand, so Stark, schon mehrmals unmittelbar vor einem Verkaufsabschluss. Ob Stronachs E-Fahrzeug marktfähig sei, könne er natürlich nicht beurteilen. Er habe aber vor ein paar Tagen den Anruf einer Griechin mit steirischen Wurzeln erhalten, die den Kontakt zu Frank Stronach sucht, weil sie im Sarit die optimale Lösung für die dramatischen Verkehrsprobleme von Athen sieht.

Auch Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer freut sich über die späten Ambitionen des Magna-Gründers: »Frank Stronach hat der Steiermark bereits viele tausende Arbeitsplätze gebracht. Jetzt startet er mit seinem Elektrofahrzeug noch einmal durch. Ich danke ihm sehr herzlich, dass er dabei auch an seine Heimat denkt.«

Stronach glaubt jedenfalls an gute Marktchancen für seinen Sarit. Sollten sich seine Absatzerwartungen in Nordamerika erfüllen, werde er daher umgehend mit dem Bau des Werkes in Laßnitzthal beginnen. Ob es das nach gängigen Design-Maßstäben ziemlich hässliche Elektrodreirad tatsächlich mit den technisch hochgerüsteten, führerscheinfreien Mikroautos aufnehmen kann, ist dennoch zweifelhaft. Stronachs Sarit ist knapp 3 m lang, 1 m breit und 1,5 m hoch und soll mit einer Batterievollladung 100 km weit kommen und maximal 32 km/h fahren können. Optisch könnte er vom Designer des Citroën 2CV stammen. Die legendäre Ente galt selbst in den 1950er-Jahren als nicht besonders schön, verkaufte sich aber bis in die Neunzehnneunzigerjahre weltweit mehr als fünf Millionen Mal.

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Politicks, Fazit 176 (Oktober 2021)

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