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Politicks August 2011

| 16. September 2011 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 75, Politicks

Wirtschaftskammer: Buchmann glättet die Wogen
Für ein spektakuläres Ausscheiden aus ihrer Funktion als Vizepräsidentin der steirischen Wirtschaftskammer hat die LKW-Unternehmerin Regina Friedrich gesorgt. Ihr Frust war scheinbar zu groß geworden, nachdem sie es bei zwei Anläufen nicht schaffte, den WK-Präsidentensessel zu erringen. Die Schuld für ihr Scheitern suchte Friedrich offenbar bei Wirtschaftslandesrat und Wirtschaftsbundobmann Christian Buchmann. Sie erklärte ihren Rücktritt nämlich in einem Brief an WK-Präsident Josef Herk, in dem sie indirekt Buchmann für ihren Schritt verantwortlich machte. Dass dieser Brief die Medien rascher erreichte als seinen Adressaten, öffnete natürlich Spekulationen über eine Führungskrise im Wirtschaftsbund neuen Raum. Gleichzeitig sahen sich durch dieses wenig kooperative Vorgehen jene Kräfte im WB bestätigt, die sich in der Vergangenheit gegen Friedrich an der Spitze der steirischen Unternehmervertretung ausgesprochen hatten.
Seit der knappen Nominierung von Ulfried Hainzl zum WK-Präsidenten im Jahr 2009 galt der Vorstand des steirischen ÖVP-Wirtschaftsflügels als gespalten. Doch Buchmann zeigte „Leadership“ und präsentierte mit Jürgen Roth bereits 48 Stunden nach Friedrichs Rücktritt einen Nachfolger, der vom Wirtschaftsbund mit großen Vorschusslorbeeren einstimmig in das neue Amt gehievt wurde.
Jürgen Roth entstammt in dritter Generation der erfolgreichen Gnaser Familiendynastie und ist Geschäftsführer von „Heizöle Roth“. In der Wirtschaftskammer war Roth zuletzt bundesweit als Fachgruppenvorsitzender des Ölhandels aktiv. Der Anruf von WB-Chef Buchmann erreichte ihn übrigens nur wenige Stunden, nachdem der Rücktritt von Regina Friedrich bekannt geworden war. Der 38-jährige Jürgen Roth hatte sich gerade zu einem kurzen Familienurlaub in das slowenische Portorož begeben und gerade die Koffer ausgepackt, als das Telefon läutete und er nach Graz zurückgerufen wurde.
Seine Nominierung kam wohl auch für jene völlig überraschend, die den Rücktritt Friedrichs dazu nutzen wollten, ihr Süppchen zu kochen und Buchmann als WB-Obmann zu schwächen.

Gemeindestruktur-Reform: Unter der Oberfläche brodelt es …
Für Landeshauptmann Franz Voves ist die Gemeindestrukturreform die alles entscheidende Maßnahme der steirischen SPÖ-ÖVP-Koalition. Die Landesregierung will die Anzahl der steirischen Gemeinden deutlich reduzieren. Während die Einsparungen im Sozialbereich vor allem die SPÖ-Klientel getroffen haben, sind nun ÖVP-Parteigänger dran. Denn die meisten Kleingemeinde-Bürgermeister gehören zur Volkspartei.
Derzeit versuchen zwar die ÖVP-Abgeordneten, die aufgebrachten Gemeindefunktionäre zu besänftigen, und erklären, dass die Fusionsüberlegungen beinahe überall gut aufgenommen würden. Doch spricht man mit den Betroffenen, präsentiert sich ein völlig anderes Bild. Zahlreiche Bürgermeister halten gar nichts davon, mit anderen Kommunen fusioniert zu werden, und so laufen angeblich zahlreiche Bestrebungen, die geplanten Maßnahmen auszuhebeln. LH-Vize Hermann Schützenhöfer betont daher immer wieder, dass nichts gegen den Willen der Betroffenen geschehen werde und die Gemeindereformgruppe der „Reformpartner“ ihre Vorschläge im Einvernehmen mit den Gemeinden erarbeiten werde, doch Franz Voves lässt in seinen Äußerungen wenig Zweifel daran, dass die Landesregierung auch vor Zwangsmaßnahmen nicht zurückschrecken werde, falls sich die Ortsfunktionäre den vernünftigen Lösungen der Landesregierung widersetzen.
Das weckt naturgemäß den Kampfgeist jener, die sich „von denen aus Graz“ nichts vorschreiben lassen wollen. Damit droht den Reformpartnern der Showdown wesentlich früher als angenommen, denn scheitert die Gemeindereform, ist es das dann wohl gewesen mit der Sanierungspartnerschaft. Dabei sind die Berechnungen, die zu Vermutungen führen, dass weniger Gemeinden auch weniger kosten, heftig umstritten. Doch die Gemeindestrukturreform sei eine Grundvoraussetzung, um ab 2013 die Defizite weiter zu reduzieren, ist auch Finanzlandesrätin Bettina Vollath überzeugt.
Die Front gegen Zwangsfusionen ist aber auch auf Gemeindeebene alles andere als friktionsfrei. Zum Sparwillen der Landesregierer gesellen sich zahlreiche Bürgermeister von vor allem größeren Gemeinden, welche die Gunst der Stunde nutzen wollen, um sich die lästigen Speckgürtelkommunen, die ihnen wirtschaftlich das Leben schwer machen, einzuverleiben. Das Problem dabei ist, dass die Umlandgemeinden nicht nur wirtschaftlich meist besser dastehen als die Zentralorte, sondern auch wesentlich effizienter verwaltet werden und daher überhaupt keine Veranlassung sehen, irgendwelche Kompetenzen abzutreten.

Wer spart besser – die Steiermark oder Oberösterreich?
Einen interessanten Vergleich stellte kürzlich die Tageszeitung „Oberösterreichische Nachrichten“ an. In einer Gegenüberstellung der Landesbudgets und der jeweiligen Sparpläne von Oberösterreich und der Steiermark versuchten die Redakteure herauszufinden, welches Bundesland mehr spart.
Eines vorweg – die Ausgangslage und die Sparmotive in der Steiermark und in Oberösterreich sind völlig unterschiedlich. Während die Steiermark von einer dramatischen Schuldensituation zu drastischen Maßnahmen ohne Tabus gezwungen wird, setzt man in Oberösterreich auf den sanften langfristigen Weg. Weil man rechtzeitig mit dem Sparen begonnen hat, ist die Schuldensituation in Oberösterreich auch weit weniger angespannt. Derzeit liegen die Gesamtverbindlichkeiten inklusive Auslagerungen bei 1,2 Milliarden Euro, während die Steiermark ein Gesamtdefizit von 3,4 Milliarden stemmen muss. Was die steirischen „Reformpartner“ trotzdem freuen wird, ist der Umstand, dass das oberösterreichische Blatt zum Schluss kommt, dass die Steirer mehr und besser sparen als die Oberösterreicher.
Dazu folgender direkter Vergleich: Obwohl den 1,4 Millionen Oberösterreichern nur 1,2 Millionen Steirer gegenüberstehen beträgt das in Linz beschlossene Landesbudget nur 4,6 Milliarden Euro im Vergleich zu 5,2 Milliarden Euro in der Steiermark. (Dazu ist jedoch anzumerken, dass die Spitäler in Oberösterreich gemeinsam von den Gemeinden und dem Land budgetiert werden. In der Steiermark kommt für die Spitäler ausschließlich das Land auf, hebt dafür von den Gemeinden jedoch eine nicht gewidmete „Allgemeine Umlage“ ein, die ungefähr dem Spitalskostenanteil der oberösterreichischen Gemeinden entspricht.)
In der Steiermark wurden im Doppelbudget 2011/2012 Einsparungen (im Vergleich zu einer Fortschreibung der Budgetzahlen von 2010) von 1,55 Milliarden Euro beschlossen. In Oberösterreich will man das Budget in der derzeitigen Höhe halten und die Einsparungen im Verwaltungsbereich in den Investitionsbereich verlagern. Durch eine Verwaltungsreform werden so jährlich etwa 50 Millionen Euro für Investitionen frei. In Oberösterreich kommt bei 56 Mitgliedern des Landtages ein Abgeordneter auf 25.200 Einwohner. In der Steiermark werden es nach der Reduktion des Landtages auf 48 Abgeordnete ebenfalls 25.200 Einwohner sein. Oberösterreich besteht aus 444 Gemeinden. Gemeindefusionen sind tabu, es wurde jedoch ein Anreizsystem für Gemeindekooperationen geschaffen. Die Steiermark besteht derzeit aus 542 Gemeinden. Doch diese Zahl soll im Zuge der Gemeindestrukturreform bis 2015 deutlich reduziert werden.
Das Land Oberösterreich beschäftigt 8.900 Mitarbeiter und strebt bis 2015 einen Stand von 8.400 an. In der Steiermark sollen bis zu diesem Zeitpunkt 700 der derzeit 9.500 Landesbediensteten eingespart werden. Außerdem sollen Bezirke zusammengelegt und die Zahl der Abteilungen der Landesverwaltung von 50 auf 25 halbiert werden. In Oberösterreich wurde bereits in der Vergangenheit von 48 auf 32 Abteilungen zurückgefahren.

ÖVP-Graz: Gegen Ökostrom-Blockade der Grünen
Die Unterschriftenaktion der Grünen gegen die Staustufe Puntigam ruft den Grazer Nationalratsabgeordneten Bernd Schönegger auf den Plan, der darin eine Abkehr der Grünen von der Anti-Atom-Politik sieht. Die grüne Grazer Vizebürgermeisterin Lisa Rücker argumentiert, dass das Mur-Kraftwerk einen lebendigen Fluss im Stadtgebiet zerstören würde. Außerdem stünden die ökologischen Schäden, wie der Verlust von Tausenden Bäumen, in keiner Relation zur erzeugbaren Strommenge. Schönegger wiederum sieht sich in seinem Vorwurf einer grünen Blockadehaltung bestätigt: „Während die Politik, etwa mit dem neuen Ökostromgesetz, das Anfang Juli im Nationalrat beschlossen wurde, den europäischen Spitzenplatz im Bereich der erneuerbaren Energie weiter ausbauen will, um das Land unabhängig von Atomstromimporten zu machen, stehen die Grünen auf der Bremse. Außerdem darf Österreich das Ziel der Energieautarkie bis 2050 nicht aus den Augen verlieren.“ Der grüne Widerstand gegen die Staustufe Graz-Puntigam an der regulierten und begradigten Mur ist für die Grazer Volkspartei daher völlig ungerechtfertigt.

Politicks, Fazit 75 (August 2011)

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