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Thurm mach Schluss!

| 27. Juli 2012 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 85, Schlusspunkt

Haben auch Sie abgestimmt? Wenn Sie Bürger oder Bürgerin der Stadt Graz sind, dann waren Sie ja in der Pflicht ihre Meinung zum Ankauf der Reininghausgründe und zur Einführung einer Umweltzone abzugeben.
Dabei gab es natürlich genügend Gründe den Umschlag, der so opulent mit Oberflächlichkeiten befüllt war, gleich wieder der städtischen Müllabfuhr zu übergeben. Die Stadt hatte uns vor eine Wahl gestellt, die sich zwar auf den ersten Blick mit Ja und Nein beantworten ließ, bei der aber offen war und immer noch offen ist, ob ein Ja ein Ja und ein Nein ein Nein ist.
Wir hatten zum ersten die Wahl, ob die Stadt für 75 Millionen Euro eine Firma kaufen soll, der die Reininghausgründe gehören. So war die Frage allerdings nicht formuliert. Und wir hatten zum zweiten die Wahl, ob wir einer halbherzigen Fahrverbotsregel zustimmen, von der niemand weiß, ob sie das bringt, was sie bringen soll.
Im ersten wie im zweiten Fall sind zu wenig Details bekannt gewesen – auch die Infobroschüre der Stadt Graz, die zusammen mit den Abstimmungsunterlagen verschickt wurde, brachte da wenig Neues. Es waren vor allem die schönen Computergrafiken eines futuristischen Stadtteils und das Versprechen auf ein bisschen bessere Luft, mit denen man hoffte, die Grazer zur Zustimmung zu bewegen. Das war offensichtlich zu wenig. Die Wahl zwischen dem unbefriedigenden Status Quo und der von schönen Versprechungen getriebenen Hoffnung auf ein schöneres Graz wurde eindeutig entschieden.
Besonders bei der Umweltzone hat die Informationspolitik der Stadt wenig dazu beigetragen, dass man sich aus vernünftigen Gründen dafür entscheiden konnte. Die Gegner hatten da einen eindeutigen Argumentationsvorsprung. Unter den oberflächlichen Pro- und Kontraargumenten der Stadt fand sich statt eines aufklärenden Benchmarkings über Erfolge in anderen Städten, das schönste bon mot zu dieser Befragung. In ihrer eigenen Broschüre stellt die Stadt erstmals und in nie dagewesenen Ehrlichkeit fest: „Der öffentliche Verkeher ist derzeit unzureichend ausgebaut und somit kaum attraktiv“ Warum das nun ein Argument gegen die Umweltzone ist, konnte Nagl schon in seiner ersten ÖVP-Befragung zur Umweltzone nicht erklären. Bei aller berechtigter Kritik an den Grazer Linien – so schlimm ist‘s dann doch nicht.
Dabei wären vernünftigere Argumente in jedem Fall nötig gewesen. Gerade bei der Umweltzone stand jede und jeder vor dem Dilemma, dass er sich entweder für einen halbgaren Lösungsversuch zum Feinstaubproblem entscheiden musste oder mit einem „Nein“ auch dieses kleine Signal im Keim erstickt, dass gegen zu hohes Verkehrsaufkommen und schlechte Luft etwas getan werden muss. Wo war das Kästchen in dem all jene ein Kreuz machen konnten, die sich ein vernünftiges Gesamtpaket wünschen, bei dem alle Bereiche, also Verkehr, Hausbrand und Industrie ihren Beitrag leisten?
Die meisten haben sich offensichtlich gegen die Umweltzone entschieden, in der Hoffnung, dass doch noch irgendwann ein besserer Vorschlag kommt. Ob dieser dann auch durch eine Bürgerbefragung legitimiert werden wird, ist eben so offen wie sein genauer Inhalt.
Und so weiß ich nach dieser jüngsten Grazer Bürgerbefragung nicht, ob ich noch einmal darauf hoffen soll, dass die Stadt eine weitere Möglichkeit zur Bürgerbeteiligung auf die Beine stellt. Wenn Nagl aber erneut seine oft demonstrierte Lernfähigkeit unter Beweis stellt, könnte es nach der Wahl im Jänner 2013 tatsächlich mehrere Bürgerbefragungen geben, die frei vom Verdacht des Wahlkampfmanövers und der Bürgerverblödung sind.

Thurm macht Schluss! Fazit 85, (August 2012)

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