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Reiner Wein

| 26. September 2013 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 96, Fazitportrait

Foto von Michael Neumayr

Der biodynamische Wein von Sepp Muster bricht aus dem System der steirischen Klassik aus. Was in den besten Restaurants der Welt gut ankommt, erfüllt in Österreich zwar nicht die Anforderungen eines Qualitätsweines, findet aber besonders unter Weinkennern großen Anklang. Ein Besuch beim idyllischen Weingut von Maria und Sepp Muster im südsteirischen Schloßberg zeigt, warum.
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Wer Sepp Muster auf seinem Weingut besuchen will, findet ihn entweder im Keller oder im Weingarten. »Weinbauer zu sein bedeutet in erster Linie warten und beobachten«, erklärt der Bio-Weinbauer, einer der wenigen seiner Art in der Südsteiermark, während er von den Trauben kostet, die Blätter kontrolliert und hin und wieder mit dem Refraktometer den Zuckergehalt seiner Weintrauben kontrolliert. Beobachten, das bedeutet, mit der Natur im Einklang zu sein, die Veränderungen im Wald zu erkennen und auch regelmäßig zu schauen, wie sich der Weingarten entwickelt. »Jeder Moment im Leben ist anders und das gilt auch für die Natur. Dementsprechend werden auch meine Weine. Denn Wein kann ein völlig natürliches Produkt sein. Man könnte den Wein so steuern, dass er schmeckt, wie er schmecken soll. Wenn aber immer alles gleich schmeckt, wird es fad«, begründet Sepp Muster, warum er nichts von einer standardisierten Weinwelt hält: »Es gibt genug, die das wollen. Das meine ich nicht im negativen Sinn, aber meine Kunden suchen etwas anderes. Deshalb machen wir auch den Wein nicht so, wie ihn die Masse der Kunden will, sondern so wie ihn die Natur vorgesehen hat.«

Lebendige Weine
Das bedeutet, dass Sepp Muster auf Dünger, systemische Pflanzenschutzmittel und biodynamische Präparate verzichtet. Und auch Hefekulturen haben in seinem Keller nichts verloren. Dieser Verzicht wirkt sich zwar auf die Ernte aus, seine Weingärten tragen nur halb so viele Weintrauben wie die Weingärten konventioneller Weinbauern, dafür ist der Schwefelgehalt im Wein viel niedriger und schmeckt genauso, wie er gewachsen ist. »Nur der Boden, der Lesezeitpunkt und das Mikroklima im Weingarten spielen bei meinen Weinen eine Rolle. Wir nehmen nichts weg und geben auch nichts dazu«, erklärt Muster. Das führt dazu, dass seine Weine besonders komplex auftreten und einen sehr vielschichtigen Geschmack aufweisen. »Alle reden über solche Weine, aber nicht jeder kann sie auch trinken«, ist Sepp Muster überzeugt: »Meine Weine sind lebendig. Bei jedem Schluck kann man etwas Neues erleben.« Voraussetzung dafür sei aber eine gewisse Offenheit für Unerwartetes. Viel wert legt Muster auf die Reife seiner Weine. Da er auf Hefe verzichtet und auf Spontanvergärung setzt, reifen seine Weißweine 20 bis 24 Monate. Beim Rotwein kann es schon bis zu vier Jahre dauern, bis er fertig ist. Dabei geht er völlig ohne Erwartungshaltung in die Weinproduktion. »Ich weiß nicht, was entsteht, es gibt so viele kleine Faktoren, da ist kein Jahr wie das andere. Die Kunst ist es, nicht in einem guten Jahr einen guten Wein zu machen, sondern konstant guten Wein zu liefern«, erklärt Muster seine Philosophie. »Wir machen unseren Wein aber auch für jene, denen unser Wein schmeckt, und nicht für Juroren. Deshalb kann man unseren Wein auch nicht katalogisieren. Der Kunde muss auf sich selbst hören«, so Muster.

Wein außerhalb des Systems
Allein schon deshalb passen Musters Weine nicht in das System der steirischen Klassik, das hat der streitbare Weinbauer sogar amtlich. Mehrmals hat er versucht, seine Weine als Qualitätswein zertifizieren zu lassen. »Die Prüfer konnten mit dem komplexen Weinstil einfach nicht umgehen. Es wurden immer Fehler gefunden, aber nie dieselben. Dabei waren wir gleichzeitig schon im berühmten Restaurant Steirereck in Wien gelistet«, erzählt Muster. Inzwischen würde er es aber auch gar nicht mehr bemühen. Seine Weine verkaufen sich nämlich auch als Landwein in den besten Restaurants der Welt hervorragend.

Weltweiter Export in die Spitzengastronomie
Darum gehen auch 60 bis 70 Prozent seiner Weine in den Export. Besonders in Japan, Skandinavien, den Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada, Deutschland, Kroatien und der Schweiz kommt der individuelle Weinstil Musters gut an. Zu seinen Hauptkunden gehört die weltweite Spitzengastronomie. Die Liste der Top-Restaurants ist lang und gespickt mit Highlights wie das Noma in Kopenhagen, das schon mehrmals als bestes Restaurant der Welt bewertet wurde und derzeit die weltweite Nummer zwei ist. Auch das Restaurant Frantzens in Stockholm, das Bunon in Tokyo, der Taubenkobel in Schützen am Gebirge und das Steirereck in Wien zählen zu Musters zahlreichen Kunden in der Spitzengastronomie. Das zweite große Standbein sind die Privatkunden, die ihren Wein direkt beim Weingut kaufen. »Wir haben das Glück, dass immer mehr Kunden auf sich selbst hören und nicht unbedingt nur das kaufen, was die Experten vorbeten. Sie suchen das Unerwartete und finden es bei uns. Die Nachfrage nach Biowein steigt stetig«, erzählt Muster. Das war nicht immer so. Besonders die stark schwankenden Ernten waren für Sepp Muster, der den Weinbaubetrieb von seinen Eltern übernommen hat, eine große Herausforderung. 2004, ein Jahr nachdem er das Demeter-Zertifikat erhalten hat, produzierte Muster zwar einen guten Wein, der Ertrag ließ aber zu wünschen übrig. »Damals dachten wir, wenn es so weitergeht, müssen wir zusperren«, erinnert er sich zurück. Die geringe Ernte schrecke auch viele Weinbauern davon ab, in den Bioweinbau einzusteigen. »Es ist vor allem die Angst vor den Pilzkrankheiten, die Weinbauern abschreckt.« Deshalb sei er zu Beginn belächelt und später auch ausgelacht worden. Mit steigendem Erfolg hätte es auch Widerstand gegen seine Arbeitsweise gegeben. »Das Verhältnis zu den Nachbarn und meinen Kollegen an der Südsteirischen Weinstraße ist aber sehr gut«, betont Muster. Bioweinbau sei nach wie vor eine sehr junge Disziplin, jedoch mit Wachstumspotenzial.

Wert hat seinen Preis
Das spiegelt sich auch in den Preisen, die Muster für seine Weine verlangt, wider. Ab Hof kosten sie zwischen zehn und 30 Euro pro Flasche. »Ich verlange den Preis, den ich für gerechtfertigt halte. Mein Wein ist diesen Preis wert«, ist Sepp Muster überzeugt. Es gehe ums Produkt, und dafür nehme er auch längere Lagerzeiten in Kauf. Den gesamten Jahrgang verkauft er nicht gleich im ersten Jahr. Dadurch kann er ausgetretene Pfade verlassen und begibt sich nicht so sehr in Abhängigkeiten. Sei es von Händlern oder vom Wetter. Mehr als 30 Euro will Muster derzeit aber nicht für eine Flasche Wein verlangen: »Bis 30 Euro kann man den Preis tatsächlich mit einem hochwertigen Produkt argumentieren. Alles was darüber hinausgeht, ist vor allem Image. Dann kauft man nicht mehr den Wein, sondern das Etikett.« Doch mit den Preisen scheint sich Sepp Muster nicht so gerne zu beschäftigen: »Ich möchte Weinbauer bleiben. Deshalb halte ich auch nicht so viel von Hypes. Denn die sind nur kurzfristig.« Am liebsten verbringt er die Zeit im Weingarten: »Die Laubarbeit im Sommer ist fast schon meditativ. Man ist in der Natur und manchmal bleibe ich einfach nur stehen und genieße die Landschaft.« Auch seine Kinder würden gerne den Weingarten besuchen, aber eher zum Naschen, denn schon bald sind die Trauben süß genug, um mit der Weinlese zu beginnen. Das sagt nicht nur der Refraktometer in Sepp Musters Hosentasche, sondern auch der nahe Wald, bei dem sich die Blätter schon zu färben beginnen.

Musters biodynamische Weine sind
in Graz bei der Weinhandlung Schaeffer am
Kaiser-Josef-Platz erhältlich.

Weingut Maria und Sepp Muster
8463 Leutschach, Schlossberg 38
Telefon: +43 (0) 345470053
weingutmuster.com

Fazitportrait, Fazit 96, (Oktober 2013)

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