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Phonosophicum (Juli 2010)

| 27. Juli 2010 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 64, Phonosophicum

Mehr als nur Nostalgie Es gibt ja nicht gerade wenige „Glaubenskriege“ unter den Audiophilen. Einer der am heftigsten geführten heißt „Röhre versus Transistor“. Wir Phonosophen werden den Teufel tun, uns an solchen Fehden zu beteiligen. Ob die anheimelnden Glühkolben nun „voller“, „mittiger“, „wärmer“ oder gar „musikalischer“ klingen als schnöde Halbleiter, wollen wir doch lieber unseren Ohren und dem, was wir „subjektives Hörempfinden“ nennen, überlassen. Aber ebenso würden wir uns davor hüten, edlen Transistoren von Accuphase, Linn oder Ayre die oben genannten Spieltugenden abzusprechen.
Röhrenbestückte Geräte feiern seit Jahren fröhliche Urständ. Es mag ja sein, dass da eher sentimental-emotionale als technisch-rationale Gründe im Spiel sind. Doch gerade in Zeiten, wo die digitale Welt vielerorts als uniform und technisch kaum noch nachvollziehbar empfunden wird, hat der Retro-Trend seine Berechtigung.

Faktum ist, dass sich hochwertige Vertreter beider Provenienzen messtechnisch oft kaum auseinanderhalten lassen. Reine Röhrengeräte zu bauen ist allerdings immer noch ein technischer Mehraufwand, was sich natürlich auch im Endpreis niederschlägt. In der Tat galten hochwertige Röhrenverstärker lange Zeit als unerschwinglich. Dies hat sich geändert – wie der Vollverstärker »DiaLogue One« von PrimaLuna beweist. Das erst 2003 von Herman van den Dungen gegründete niederländische Unternehmen gehört zu den wenigen europäischen HiFi-Schmieden, die sich ausschließlich auf die Entwicklung feinster Komponenten auf der Basis von Röhrentechnik spezialisiert haben. Man fertigt in China vor und finalisiert und testet anschließend in Holland. Dies erklärt das exzellente Preis-Leistungsverhältnis.

PrimaLuna ist es in kürzester Zeit gelungen, zahlreiche Röhrenfans zu gewinnen und einige Auszeichnungen einzuheimsen. Zu Recht, denn der DiaLogue One liefert mit seinem auf EL-34-Röhren aufgebauten Endstufenkonzept klanglich genau das, was man von einem klassischen Röhrenboliden erwartet: warmen, in den Mitten fein abgerundeten, beinahe ätherischen Sound. Zugegeben: die „fragilere“ Betriebsart im Trioden-Modus ist nicht für alle Musikrichtungen geeignet. Ergo bietet der DiaLogue One auch einen so genannten „ultralinearen“ Modus an: In dieser Einstellung entfacht er vom Start weg ein dynamisch etwas spritzigeres und farbenprächtigeres Klangfeuerwerk.
Aber  Spielart hin oder her: Dieser fast 30 Kilo schwere und äußerst solide verbaute Röhrenpanzer hat ausreichend Leistung und Verve unter der Haube (2 x 36 Watt im ultralinearen, 2x 18 Watt im Trioden-Modus), um auch durchaus anspruchsvollere Lautsprecher anzutreiben.

Eine elegant geschwungene Abdeckung aus Metallstäben mit seitlichen Glasscheiben dient als Schutzgitter für die frei stehenden und recht bald mal heiß werdenden Glaskolben. Jede Endröhre ist individuell abgesichert und schützt so im seltenen Fall eines Defektes die restliche Ausgangsstufe. Im Fall der Fälle reicht es also, einfach eine neue Röhre und Sicherung einzusetzen. Das Chassis ist komplett aus massiven Stahlblechen geformt und ausreichend ventiliert. Sowohl die Lautsprecherterminals (wahlweise 4 und 8 Ohm) als auch die Cinchbuchsen sind hochwertig ausgeführt und zwecks optimaler Kontaktsicherheit vergoldet. Die überaus edle und in Metall gehaltene Fernbedienung gestattet die Kanalanwahl, Lautstärkeregelung und Mute sowie das Umschalten zwischen dem Ultralinear- und dem Triodenbetrieb.

Fazit: Tube or not Tube! Der DiaLogue One ist Balsam für Augen und Ohren zugleich. Ein spielfreudiges Kraftbündel, aber auch subtiler Feingeist, dessen Wertigkeitsniveau weit über seine Preisklasse hinausragt und nur von erheblich teureren Geräten getoppt wird. Ideal für Röhreneinsteiger und all jene, die schon lange auf eine „Röhre“ spekuliert haben, aber sich bisher nicht getraut haben.

Phonosophicum #13, Fazit 64 (Juli 2010)

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