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Phonosophicum (April 2011)

| 5. April 2011 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 71, Phonosophicum

Im Formatdschungel Wer Musik speichern will, ist mit der Frage nach Format und Qualität konfrontiert. Generell kann zwischen verlustbehafteter und verlustfreier Kompression unterschieden werden. Bei Ersterer schrumpfen die Dateien dadurch, dass bestimmtes Material der Ursprungsdatei herausgefiltert wird; bei Letzterer bleiben die Originaldaten erhalten, werden aber sozusagen „kompakter“ in eine neue Datei umgeschrieben.
MP3 ist das am weitesten verbreitete verlustbehaftete Format für digitale Musik. Jeder Hard- und Software-Player und jedes Handy vertragen sich problemlos mit dem 1987 vom deutschen Fraunhofer-Institut als „MPEG-1 Audio Layer 3“ entwickelten Codec. Damit hatte man ein Verfahren gefunden, Audiodateien um ein Vielfaches kleiner zu machen als die Ursprungsdatei. Man setzte dabei auf die begrenzte Wahrnehmung des Menschen, indem beim Komprimieren jene Teile der Musik wegfallen, die das menschliche Ohr sowieso nicht erfassen kann.
Seinen Siegeszug trat MP3 während des Internetbooms an. Für die Musikindustrie bedeutete es ein Schock. Erst als die CD-Umsätze längst massiv eingebrochen waren, wurde ihr bewusst, dass mit dem legalen Online-Handel von Musik durchaus Geld zu verdienen ist.
Audiophile beäugten den Musikdownload aus dem Internet seit Anbeginn eher skeptisch. Denn immerhin geht es gerade bei MP3 immer auch um eine relevante Qualitätseinbuße: Ein Megabyte entspricht (je nach Komplexität des Tonmaterials) ungefähr einer Minute Musik, was einer Schrumpfrate von ca. 1:11 entspricht. Zwar erlaubt MP3 Kompressionsraten bis zu 320 kbit/s, aber diese Qualität wird im Netz nur selten angeboten. Zur Erinnerung: Die Bitrate gibt an, wie viele Bits eine Audiodatei pro aufgenommene Sekunde Musik benötigt. Pflicht ist in jedem Fall eine variable Bitrate (VBR), die es dem Codierungsprogramm erlaubt, bei anspruchslosen Stellen mit einem geringen Frequenzbereich an Dateigröße zu sparen, während bei komplexeren Stellen des Tonmaterials die Bitrate angehoben wird. Ogg Vorbis und Advance Audio Coding (AAC) sind zwar nicht so verbreitet, bieten aber gegenüber MP3 bei gleicher Datengröße klare Vorteile hinsichtlich Dynamik und Klangqualität. Mit recht hochwertigen AACs mit 192 kbit/s ist man jedenfalls auf der sicheren Seite.
Doch mittlerweile können auch die Klangpuristen etwas aufatmen, gibt es doch im Netz einige feine Anbieteradressen mit hochauflösenden, verlustfreien Downloads. Linn, Naim, 2 L Musik Online und die noch junge Plattform Highresaudio bieten Dateien in CD-Qualität mit einer Auflösung von 16 bit/44,1 kHz oder sogar in Studiomasterqualität in 24 bit/192 kHz an. Sie lassen sich beispielsweise als verlustfreie WAV-Dateien direkt auf den PC oder auf einen netzwerkfähigen Datenspeicher (NAS) laden und können anschließend auf Datenträger gebrannt werden. Die Kostbarkeiten stehen als WAV, FLAC (Free Lossless Audio Codec) oder WMA Lossless zur Verfügung. Einziger Nachteil: Der Backkatalog lässt (noch) zu wünschen übrig, da es sich um kleine Spartenangebote mit ausgesuchten Schwerpunkten aus Klassik und Jazz handelt. Belohnt wird der Käufer dafür in der Regel mit exquisiter Qualität.

Fazit: Auch wenn kaum anzunehmen ist, dass in nächster Zukunft ein anderes Format MP3 in seiner Dominanz gefährden wird, sind für uns Phonosophen natürlich die verlustfreien Codecs interessant. Allen gemein ist, dass sie jeweils das Originalsignal reproduzieren. Apples iTunes bietet an verlustfreien Codierern AIFF, Apple Lossless und WAV, aber leider kein FLAC an. Für Quicktime gibt es immerhin freie Plug-ins, die das Verwalten von FLAC in iTunes erlauben. Gerade FLAC ist interessant für jeden, der auf seiner Festplatte Platz sparen, sich aber die Möglichkeit offenlassen möchte, die dem FLAC-File zugrunde liegende WAV-Datei jederzeit wiederherstellen zu können.
Trotzdem wollen wir MP3 nicht ganz verteufeln. Mit dem richtigen Codierer (empfohlen: LAME) und einer ordentlichen (variablen!) Bitrate von mindestens 192 kbit/s kann es sich immer noch hören lassen. Und sein größtes Plus, damit große Mengen Musik auf digitalen Medien wie beispielsweise dem iPod abspeichern zu können, ist in einer mobilen Gesellschaft ein nicht unwesentlicher Nutzen für den User.

Phonosophicum #20, Fazit 71 (April 2011)

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