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Zur Lage (41)

| 24. Oktober 2011 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 76, Zur Lage

Über die unerträgliche Fröhlichkeit des Verkehrsfunkes, über einen Besuch in Berlin und nichts über das Licht.

Im Grunde habe ich eigentlich immer gute Laune. Es sei denn, ich fahre montags vor sieben Uhr von der wunderbaren und hoffentlich noch lange existierenden Gemeinde Pack nach Graz und das »Ö1-Morgenjournal« wird vom unerträglichen Gute-Laune-Sender »Ö3« und dessen leider unvermeidbaren Verkehrsfunk unterbrochen.

Unvermeidbar deshalb, weil zum Einen meine Frau darauf Wert legt, stets davon informiert zu werden, in welchem Stau man steckt, würde man in einem Stau stecken und zum Anderen, weil ich nicht ganz genau weiß, wie ich den automatischen Verkehrsfunkunterbrecher (eigentlich ein Verkehrsfunkreinschalter) meines Hightechautoradios ausschalte. Alleine diese Stimmen, diese eine solch penetrante Fröhlichkeit ausstrahlenden Stimmen, die sich da von Studio zu Studio über den Verkehrshubschrauber zum nächsten Einfaltspinsel (der sich allen Ernstes »Ödreiwer« schimpfen lässt) »vor Ort« irgendwelche »Verkehrssituationen« ausrichten. Es ist nicht zum Aushalten, und jeder gute Wochenbeginn droht damit den Bach hinunterzustürzen.

Und diese Woche gab es dann auch noch einen weiteren Grund zum Ärger. Mahmud Ahmadinedschad, Präsident des Iran war nach Berlin und dort zu einer Rede vor dem Bundestag eingeladen. Also gedacht habe ich zuerst, dass es Mahmud Ahmadinedschad war, der in den Bundestag eingeladen war; ob der vielen wie heftigen Reaktionen und Proteste nämlich, die diese – im Grunde menschenverachtende – Einladung ausgelöst hat. Dabei – wie es der Teufel gerade wollte, hatte ich Anfang der Woche bloss im ORF und im Standard mich mit Informationen versorgt – war es gar nicht der Unterstützer und Anwalt aller weltweiten und insbesondere um Israel herum befindlichen Holocaust-Leugner, sondern es war der Heilige Vater. Papst Benedikt XVI. ist seit gestern in bundesdeutschen Landen und hat dann doch vor 70000 nicht nur protestierenden Menschen eine Messe im Olympiastadion zelebriert.

Wobei, die Kritiker alles Bösen werden schon wissen, was sie tun, weil sie das ja immer wissen und weil sie ja auch ganz genau wissen, was böse ist und was nicht. Und Mahmud Ahmadinedschads Äusserungen sind in Wahrheit wahrscheinlich ganz anderer Natur, wird er doch – darauf weist er ja auch regelmäßig hin – vom amerikanischen Geheimdienst ständig wie hinterhältig falsch übersetzt. Was mich drauf bringt, dass 40 Prozent aller Österreicher glauben, der (oder die) amerikanische(n) Geheimdienst (oder -dienste) stünde (oder stünden) hinter den Vorfällen vom 11. September 2001. Oder warens 60 Prozent? Ich erinnere mich nicht mehr ganz genau. Egal, jedenfalls eine interessante Spiegelung heimischer Seele.

Wobei solche Prozentsätze, die sind ja heutzutage sowieso nicht mehr ganz so genau. So hab ich letztens in der Kleinen Zeitung vom beliebten Autor und Lehrer Daniel Glattauer* erfahren, dass 70 Prozent aller familiärer Streitigkeiten auf Schulprobleme zurückzuführen sind. Und genau eine Seite später hat mir dann Chefredakteur Hubert Patterer diesen Prozentsatz gleich auf 80 erhöht. Wahrscheinlich wollten beide ausdrücken, es »hat halt viel mit der Schule« zu tun. Da darf man dann auf Genauigkeit nicht ganz so erpicht sein. Noch dazu, wo wiederum in Finnland »nur« zehn Prozent aller finnischen Familiendispute mit der Schule zu tun hätten. Wieder einmal muss also eines der skandinavischen Musterländer als Beispiel herhalten. Wobei, ich glaube das nicht. Ich halte nichts mehr von all diesen Zahlen, Statistiken und Auswertungen. Zuviele »Experten« geben zuviele »Expertisen« in diesem Lande und auf diesem Erdenrund ab.

Noch dazu wo dieser Tage in dieser Höllenmaschine in der Schweiz (CERN in Genf) überhaupt der Wahnsinn schlechthin entdeckt worden sein soll! Teilchen nämlich, die schneller als das Licht sein sollen. Ja Bumstinazl. Wo gibts denn sowas! Schneller als das Licht. Ja wenn ich nicht einmal mehr dem guten Albert auf seine Expertisen vertrauen kann. Morgen kommt wahrscheinlich wer aus irgendeinem Bunker im Nirgendwo daher und behauptet, die Erde sei eine Scheibe. Auch wenn Astrophysiker Stephen Hawking noch von vorschnellen Thesen abrät, sehen Sie meine Lieben, niemandem (und nichts) mehr können wir vertrauen.

Damit lass ich uns jetzt alleine und gedenke – um den Kreis zu schliessen – dem Interview mit der Herbstintendantin Veronica Kaup-Hasler heute früh im Morgenjournal, als sie über die nächsten Tage zu berichten wußte: »Wir werden wenig schlafen und viele einzigartige Erinnerungen gewinnen.« Das hat mir gefallen. Ich wünsche Ihr, Ihnen und mir einen schönen Steirischen Herbst. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass eine große Koalition dem Lande nicht nutzen kann.

* Hier ist mir leider ein Fehler passiert. Ich erwähnte Daniel Glattauer, meinte aber dessen ebenfalls als Schriftsteller tätigen älteren Bruder Nikolaus Glattauer. Ich darf Sie bitten, mir diese Verwechslung nachzusehen.

Zur Lage #41, Fazit 76 (Oktober 2011)

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