Glück auf! Der Geist der Knappen
Michael Neumayr | 24. Oktober 2012 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 87
Mit einer 172 Jahre langen Tradition ausgestattet, gilt die Montanuniversität Leoben als Eliteuniversität in Österreich. Dazu trägt auch der sogenannte „Leobner Geist“ bei, der sich in der familiären Atmosphäre und der Zufriedenheit der Studenten widerspiegelt. Finanziell habe aber auch Leoben die Grenze des Machbaren erreicht, sagt Rektor Wilfried Eichlseder.::: Hier können Sie den Text im Printlayout online lesen: LINK
Absolventen der Montanuniversität Leoben erkennt man oft sofort. Sie tragen ihr Abzeichen, die gekreuzten Hämmer, am Revers oder platzieren sie prominent auf dem Kühlergrill ihrer Autos. Die Montanuniversität, mit etwas mehr als 3.000 Studenten eine der kleineren Universitäten des Landes, steht nicht nur für eine Ausbildung mit gutem Ruf, sondern auch für eine eng verschworene Gemeinschaft. „Der Leobner Geist ist etwas ganz Eigenes. Die Atmosphäre ist geprägt durch den Zusammenhalt und das gemeinsame Verständnis. Es ist fast schon eine familiäre Stimmung in Leoben“, ist Wilfried Eichlseder, seit einem Jahr Rektor an der Montanuniversität Leoben, überzeugt. Das zeigt sich auch bei den zahlreichen Studentenverbindungen in der Stadt. Diese beteiligen sich aktiv am Leben der Universität und organisieren traditionelle Veranstaltungen wie den berühmten Ledersprung. Die Gemeinschaft wird aber auch immer offener. Eichlseder selbst hat in Graz studiert. Vor einigen Jahrzehnten wäre wohl ein Grazer als Rektor nicht denkbar gewesen. „Die letzten Urleobner, die es vor einigen Jahren noch gegeben hat, sind aber inzwischen in Pension. Heute sind sehr viele Mitarbeiter hier, die nicht in Leoben studiert haben“, weiß Eichlseder. Auch der Frauenanteil unter den Studenten ist inzwischen gestiegen.
Studieren im kleinen Leoben
Die Studenten sind, einer kürzlich veröffentlichten Studie zufolge, auf jeden Fall die zufriedensten in Österreich. Der ländliche Standort in Leoben ist dabei nicht unbedingt ein Nachteil. Obwohl andere ländliche Hochschulen sich immer schwerer tun, Studenten zu rekrutieren, steigen die Studentenzahlen in Leoben stetig. Für Eichlseder ist das auch kein Wunder: „Wir haben eine starke studentische Kultur, die lange gewachsen ist. Das ist der Unterschied. Die Montanuniversität Leoben gibt es seit 172 Jahren.“ Er persönlich schätze die Kleinheit der Stadt und die kurzen Wege. Nach Wien und nach Graz sei es außerdem auch nicht weit.
In Zukunft will man aber trotzdem auch international aktiver werden. „Wir haben hier sehr erfolgreiche Projekte, die wir weiter ausbauen wollen. Es kommen regelmäßig Studenten aus Russland und wir haben mit International Mining einen Studienlehrgang mit Partnern auf allen Kontinenten. Derzeit arbeiten wir an neuen internationalen Lehrgängen gemeinsam mit einer Universität in der Ukraine und in Deutschland“, so Eichlseder. Deshalb gibt es auch ein umfangreiches Sprachenangebot, das als Freifach gerne genutzt wird.
Finanzierung auf wackeligen Beinen
Das bedeutet auch, dass die Montanuniversität weiter wachsen wird: „Wir planen neue Studienlehrgänge in den Bereichen Energie- und Umwelttechnik und bringen hier unsere Kompetenzen aus den Rohstoff- und Industriebereichen ein und führen sie in einer systemhaften Betrachtung der industriellen Energietechnik zusammen.“ Das würde jedoch nur gehen, wenn mehr Geld in die Hand genommen würde. Die Steigerung der Studentenzahlen müsse kompensiert werden. „An Zugangsbeschränkungen oder Studiengebühren denken wir derzeit nicht. Die Wirtschaft fordert immer wieder mehr Absolventen von uns“, gibt sich Eichlseder optimistisch. „Das finanzielle Limit ist aber erreicht. In den aktuellen Verhandlungen über die Leistungsvereinbarungen von 2013 bis 2015 ist das Angebot des Wissenschaftsministeriums katastrophal. Man will uns noch weiter kürzen“, gibt Eichlseder zu bedenken. Immer wichtiger werden daher auch für die Montanuniversität die Forschungsgelder aus Drittmitteln. Derzeit sind es rund 25 Millionen Euro, die so in die Kassen der Universität gespült werden. Eichlseder gibt jedoch zu bedenken: „Die Drittmittel sind ein gutes und notwendiges Instrument, um die Forschung zu ermöglichen. Doch wenn das Grundbudget der Universität wackelt, dann können wir auch das Niveau der Drittmittel nicht halten.“ Gerade Universitäten wie die Montanuni, wo Studenten eine hohe Jobsicherheit haben und hohe wissenschaftliche Leistungen erbracht werden, brauchen eine entsprechende finanzielle Grundlage.
Serie Bildungseinrichtungen – Fazit 87 (November 2012)
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