Zur Lage (63)
Christian Klepej | 20. November 2013 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 98, Zur Lage
Ganz kurz etwas über einen anderen Text in diesem Heft, schon mehr über ein Grazer Forschungsinstitut und das Unwort des Jahres sowie wirre Gedanken über Peter Pilz, eine Uhrensammlung und die Grünen.
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Gerade habe ich mir mein Editorial – Sie finden es wie immer auf Seite drei dieses Magazins – durchgelesen und mich fast ein bisschen erschreckt! Draußen dämmert gerade ein frischer Tag heran und in diesem neuen Lichte erscheint mir mein Text jetzt, wie soll ich schreiben, so überhaupt nicht »zeitgemäß«. Kritisiere ich doch nicht, wie es sich mittlerweile für den letzten Diversitätsinspektor der vorletzten Genderuniversität gehört, die Mächtigen, sondern – ganz im Gegentum – rede ich ihnen fast das Wort. Könnte man zumindest wenig wohlmeinend interpretieren.
Unglaublich und erschreckend! Und falls Sie sich jetzt noch nicht mit Widerwillen dieses Fazits entledigt haben und mir noch immer so weit gewogen sind und diese Zeilen lesen, darf ich Sie dafür umso herzlicher bei dieser Lage begrüßen.
Im Grunde bleib ich nämlich beim Editorial und schwenke von der dort als so lala beschriebenen Medienszene in eine andere, um die es in letzter Konsequenz auch nicht wirklich besser bestellt ist: die der heimischen Wissenschaft. Die »Forschungsstelle Österreichisches Deutsch« – was immer die auch in einem Land erforscht, in dem der oberdeutsche Dialekt »Bayrisch«, gerne auch »Bayrisch-Österreichisch«, und manchenorts »Alemannisch« gesprochen wird – an der Karl-Franzens-Universität kürt seit 1999 neben dem »Wort« auch das »Unwort des Jahres«.
Auf einer offenbar 1968 gestalteten Webseite kann man sich die Kandidaten für das 2013er-Unwort ansehen und auch gleich mit darüber abstimmen. Superdemokratisch eben. Zehn Vorschläge gibt es und alle Vorschläge sind mit Begründungen versehen, die nicht zuletzt Claudia Klimt-Weithaler und Genossinnen besonders gefallen müssen. Darunter etwa die »Begegnungszone«, die »Echtzeitmessung« und – sapristi! – die »Reformpartnerschaft. Eine Begründung für die Nominierung zum Unwort des Jahres findet sich für diesen Begriff so: »Bezeichnung für die Tätigkeit der Vertreter der steirischen Regierungsparteien, wobei Uneinigkeit sowohl über den Inhalt, [sic! Ihr Wissenschaftsnasen!] als auch die Form der ‚Reformen‘ besteht.« Na, schau an. Bei dem Forschungsgegenstand ist ja viel zu tun, da bleibt jetzt nicht so viel Zeit über, sich mit den Agenden steirischer Landespolitik zu beschäftigen. Und so – Wissenschaft ist ein Handwerk, wo das Gute wie überall Weile braucht – ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Jury um Assistenzprofessor Rudolf Muhr nach nun erst drei Jahren Reformpartnerschaft noch nicht dazu gekommen ist, die konkreten Punkte, über die sehr wohl Einigkeit herrscht, zu verinnerlichen.
Zudem, aber das ist jetzt nur mein bescheidener Eindruck, besteht »Uneinigkeit sowohl über den Inhalt, [sic again!] als auch die Form der Reformen« vor allem in der Forschungsstelle. Soll heißen, die von der Landesregierung geplanten Reformen treffen jetzt nicht so den Geschmack des Altachtundzechzigers Muhr und sind damit natürlich qua Forschungsinstitut »umstritten«. Davon, dass Muhr einen »pragmatischen Ansatz« betreffend Anglizismen in der deutschen Sprache vertritt und nationalistischen Sprachpurismus ablehnt, erzähl ich jetzt nur, weil ich einen weiteren Kandidaten fürs Unwort beinahe übersehen hätte, nämlich »lecker«. Laut Begründung ein »Lehnwort aus dem Deutschländischen Deutsch, das vielen Österreichern ‚sauer aufstößt‘ und damit nicht mehr als ‚gut schmeckend‘ empfunden wird«. Ja, vollkommen klar! Ist ja kein Anglizismus, ist ja deutschländisches Deutsch. Und daher abzulehnen. Jetzt weiß ich zwar nicht, wäre das dann gar ein nationalistischer Sprachpurismus? Ach. Lassen wir das. Auf meine Spezial-Lage zum Thema Sprache bereite ich mich ja schon länger vor, da werden wir das beackern.
Kommen wir zu meiner Lieblingspartei, den Grünen, da möcht ich mich ein bisschen über deren ehemaligen Bundessprecher und heutigen vor allem Aufdecker Peter Pilz mit Ihnen unterhalten. Sie könnten übrigens, sollten Sie heute nicht Ihre erste Lage lesen, den falschen Eindruck von mir haben, ich würde die Grünen nicht mögen. Zumindest eine meiner Lieblingstanten hat diesen Eindruck. Dabei stimmt das gar nicht. Überhaupt nicht. Zumindest hab ich sie oft sehr gemocht. Und viele Einzelproponenten von denen sowieso. Auch den Peter Pilz. Dass er mittlerweile viel zu lange im Parlament sitzt, ist eine andere Geschichte. Außerdem tun das – noch immer zu – viele andere auch.
Ich hab im »Rondo« – das ist die regelmäßig erscheinende Luxusuhrenbeilage der immer sozial und noch öfter gerechten Tageszeitung »Der Standard« – ein Portrait über Pilz und seine Uhrensammlung gelesen. Sympathische Geschichte! Und am Schluss hab ich was gelesen, was mein kleines Problem mit den Grünen gut illustriert. Da meint das grüne Urgestein, vielleicht irgendwann seine Uhrensammlung zu verkaufen. Aber nur im Ganzen und nur an eine Person mit einem »Uhrenleumundszeugnis« und der Garantie, die Sammlung nicht aufzulösen.
Das ist der Punkt. Ich finde es toll, Uhren zu sammeln. Würd ich mir gerne auch einmal leisten können. Und ich verstehe auch, dass man sich – nona – schwer von einer Sammlung trennt. Nur wenn ich eine hätte und sie verkaufen würde, dann gehört sie danach einem anderen. Und dem kann ich nicht, auch wenn mir das Herz dabei bluten würde, vorschreiben, was er mit seinem Eigentum machen will. Die Grünen, ich hab mich da jetzt etwas verrannt, so gut ist das Bild gar nicht, wie es mir gestern im Kaiserfeld erschienen ist, die Grünen wissen immer alles ganz genau und wissen immer noch genauer, was das Beste für uns alle und sowieso für eine Uhrensammlung ist. (Vielleicht hätte ich doch übers Budgetloch schreiben sollen; hatte aber keinen Spritzwein im Büro.) Im Übrigen bin ich der Meinung, dass eine große Koalition dem Lande nicht nutzen kann.
Zur Lage #63, Fazit 98 (Dezember 2013)
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