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Politicks Dezember 2014

| 27. November 2014 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 108, Politicks

Voves öffnet die SPÖ mit neuem Statut
Eindrucksvoll waren die über 96 Prozent, die Franz Voves bei seinem Parteitag, trotz großer Reformverweigerung bei der SPÖ-Basis, erreicht hat, auf jeden Fall. Vielleicht schnitt Voves aber nur deshalb so gut ab, weil die Parteitagsregie den Delegierten verdeutlichen konnte, dass ein schlechtes Wahlergebnis zwölf Monate vor der Landtagswahl einem ideologischem Hochverrat gleichgekommen wäre. Ganz sicher waren sich die Delegierten – selbst die besonders kritischen – aber bewusst, dass Franz Voves ihr wichtigster Garant dafür ist, dass sie auch nach der Landtagswahl an den immer noch gut gefüllten Futtertrögen der landesherrschaftlichen Macht verbleiben können. Dazu kommt, dass »der unbequeme Franz« inzwischen parteiintern einen Legendenstatus erreicht hat, dem sich selbst seine Kritiker in der Gewerkschaft und in den Gemeinden nur schwer entziehen können.

Dabei hat Franz Voves bei diesem Parteitag mit der Änderung des SPÖ-Organisationsstatuts einen großen, jedoch ziemlich unbemerkten, innerparteilichen Erfolg in Bezug auf die Öffnung der steirischen SPÖ erringen können. So können in Zukunft auf allen Organisationsebenen inhaltliche Plattformen geschaffen werden, bei denen auch Nichtmitglieder teilnehmen und mitbestimmen können. Außerdem müssen sich die Kandidaten für Mandatsfunktionen künftig einem Hearing stellen. Und ebenfalls neu: Erstmals können sich auch Nichtmitglieder um SPÖ-Mandate bewerben. Wie diese Statutenänderung mit Leben erfüllt wird, hängt natürlich von den handelnden Personen ab. Geht es nach Franz Voves und seinem Geschäftsführer Max Lercher stehen die Türen der steirischen Sozialdemokratie jedenfalls weit für neue Köpfe mit neuen Ideen offen.

Herk: Tausende Jobs durch eine Steuersenkung
Der steirische Wirtschaftskammerpräsident Josef Herk zieht mit der Forderung nach einer Entlastung des Mittelstandes für den ÖVP-Wirtschaftsbund in die WK-Wahl. »Der Mittelstand ist nicht der Bankomat der Nation. Außerdem ist der Kontorahmen bei diesem Bankomaten längst überschritten«, so Herk wörtlich.

Den Hintergrund von Herks Äußerungen bildet die österreichische Rekordabgabenquote von 45 Prozent. Außerdem seien die Lohnnebenkosten mit 37 Prozent viel zu hoch, während der EU-Schnitt bei nur 31 Prozent liege. Der Wirtschaftsbund fordert eine Senkung des Eingangssteuersatzes von derzeit 36,5 auf 25 Prozent. Eine Senkung um nur ein Prozent würde laut Herk 20.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Heftige Kritik erntet Herk hingegen bei den FPÖ-Wirtschaftstreibenden. Deren Spitzenkandidat Erich Schoklitsch bezeichnete die Forderungen als Farce, weil der Wirtschaftsbund ohnehin an sämtlichen politischen Entscheidungen der letzten Jahrzehnte beteiligt gewesen sei und nun eigentlich gegen die Auswirkungen der von ihm selbst herbeigeführten Beschlüsse kämpfe.

Buchmann präsentiert erfolgreiche Formel-Eins-Bilanz
Der steirische Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann ließ die positiven Auswirkungen des Red-Bull-Projektes in Spielberg in einer Studie berechnen. Das spektakuläre Ergebnis: Die Rückkehr der Formel Eins in die Steiermark hat der Region eine zusätzliche Wertschöpfung von 23 Millionen Euro gebracht. Insgesamt bewirkt das Engagement von Dietrich Mateschitz in Spielberg gar eine jährliche Wertschöpfung von 56 Millionen Euro.

Buchmann spricht wörtlich von einer »Mutinjektion« durch Mateschitz, die sämtliche Erwartungen deutlich übertroffen hätte und zudem antizyklisch wirke. Das Projekt Spielberg besteht inzwischen aus über 70 Einzelprojekten – neben den Anlagen im Bereich des Ringgeländes kommen noch 50 durch den Red-Bull-Ring ausgelöste private Tourismusprojekte in den Bezirken Murau und Murtal hinzu. »Durch diese Investitionen werden jährlich rund 1.600 Arbeitsplätze gesichert«, rechnet Buchmann vor.

Das Land Steiermark förderte die Investitionen im Zuge der Formel-Eins-Rückkehr an den Ring mit drei Millionen Euro, weitere 1,7 Millionen an Fördergeldern flossen in private Tourismusprojekte in der Region. »Jeder heuer vom Land vergebene Förder-Euro für die Formel-Eins am Red-Bull-Ring zieht in der Steiermark eine private Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen von rund 30 Euro nach sich«, so Studienautor Florian Schwillinsky. Die Steuereinnahmen durch das Red-Bull-Projekt betrugen 2014 übrigens rund 20 Millionen Euro. Diese Summe setzt sich aus Steuern von Bauinvestitionen, dem Projektbetrieb und den Veranstaltungen zusammen.

Schule: Industrie will Totalumbau
Die Industriellenvereinigung präsentierte vor wenigen Tagen ein revolutionäres Bildungsprogramm für Österreichs Schulsystem, bei dem – sollte es umgesetzt werden – kein Stein auf dem anderen bliebe. So soll es ab dem vierten Lebensjahr eine zweijährige Kindergartenpflicht und danach eine gemeinsame Ganztagsschule für alle Sechs- bis 14-Jährigen geben. Volksschule, Hauptschule (bzw. Neue Mittelschule) und Gymnasium würden in einer ganztagsverschränkten Gesamtschule aufgehen. IV-Chef Georg Kapsch begründet das Konzept mit der Notwendigkeit einer Bildungsrevolution, denn bei sämtlichen Reformversuchen der letzten Jahre und Jahrzehnte sei nicht besonders viel herausgekommen. Derzeit leiste sich Österreich eines der teuersten Bildungssysteme der Welt und liefere dennoch nur eine mittelmäßige Bildungsqualität, so Kapsch. Österreich gibt für sein Bildungswesen derzeit jährlich 9.131 Euro pro Kopf aus, im OECD-Durchschnitt sind es 6.476 Euro und im EU-Durchschnitt gar nur 6.077 Euro – bei meist deutlich besseren Ergebnissen. »Jeder fünfte 15-Jährige kann nicht sinnerfassend lesen und jedes Jahr verlassen Tausende die Schule ohne Pflichtschulabschluss. Das muss sich ändern«, fordert auch IV-Generalsekretär Christoph Neumayer.

Der völlige Umbau des Schulsystems sei sowohl eine gesellschafts- als auch eine wirtschaftspolitische Notwendigkeit, denn Bildung trage nicht nur zur Persönlichkeitsbildung und Sinnfindung bei,  sondern sei der zentrale Erfolgsfaktor für Österreichs Wirtschaft und Industrie und damit Grundvoraussetzung für sämtliche Innovationen.

Die IV fordert aber auch den Ausbau der Schulautonomie – in finanzieller, pädagogischer, aber auch personeller Hinsicht. Auch das Sitzenbleiben soll abgeschafft werden: »Dazu benötigen wir die besten Pädagoginnen und Pädagogen und wir wollen bei den Schülerinnen und Schülern sowohl mehr Spitze als auch mehr Breite. Daher müssen wir Begabte fördern und die soziale Selektion verringern. Dazu brauchen wir eine grundlegend neue Schule«, so Kapsch. Während SPÖ, Grüne und Neos den IV-Vorstoß begrüßen, verhält sich die ÖVP abwartend. Denn wie die VP-nahe Lehrergewerkschaft reagieren wird, wenn die Halbtagsjobs ihrer Mitglieder in Ganztagsjobs umgewandelt werden, kann man sich ausmalen. Eine klare Ablehnung des IV-Modells kommt nur von der FPÖ. Ihr Bildungssprecher Walter Rosenkranz lässt vor allem an der verpflichtenden Ganztagsschule kein gutes Haar.

Grüne fordern neues Naturschutzgesetz
Seit Jahren drängen die steirischen Grünen auf ein modernes Naturschutzgesetz und Landessprecher Lambert Schönleitner hat nun genug von der Blockadehaltung seitens SPÖ und ÖVP. Rot und Schwarz würden weiterhin auf der Bremse stehen und hätten kein Interesse, die von den Grünen geforderten verstärkten Bürgerrechte und den Ausbau des Naturschutzes umzusetzen. Obwohl mittlerweile alle Stellungnahmen vorlägen und sogar die EU den Ausbau der Bürgerrechte dringlich eingemahnt habe, tue sich nichts, so Schönleitner. Die EU fordert die Umsetzung der »Aarhus-Konvention«. Dabei geht es um eine verpflichtende Bürgerbeteiligung bei Naturschutzverfahren. »Ein qualitativer Naturschutz ist die Grundlage, um den steirischen Tourismus in hoher Qualität abzusichern«, erinnert Schönleitner an die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit eines modernen Naturschutzrechtes.

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Politicks, Fazit 108 (Dezember 2014)

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