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Tandl macht Schluss (Fazit 111)

| 26. März 2015 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 111, Schlusspunkt

Wer mehr leistet, soll sich auch mehr leisten können! Neid ist die zweitgrößte Energiequelle in unserem Sonnensystem. Das wussten auch Arbeiterkammer und ÖGB, als sie eine Steuerreform forderten, bei der die Lohnsteuerzahler entlastet und die sogenannten Millionäre belastet werden. Dagegen, dass die Lohn- und Einkommensteuerzahler weniger Steuern zahlen, ist überhaupt nichts einzuwenden. Die Tarifanpassung war längst überfällig und ist angesichts der hohen kalten Progression seit der letzten Reform eigentlich ohnehin viel zu gering ausgefallen.

Aus der Millionärssteuer ist mit der neuen Grunderwerbssteuer und der Mehrwertsteueranpassung sowie der Streichung von Absetzmöglichkeiten jedoch eine echte Mittelstandsteuer geworden. Das ist ein klarer Wortbruch von SPÖ und ÖVP. Aber unsere Regierung ist nun einmal nicht dazu fähig, die dringend notwendigen Strukturreformen einzuleiten. Und das ist teuer! So sind nicht nur die Staatsausgaben in den letzten 10 Jahren doppelt so schnell gewachsen wie die Inflationsraten, die Staatseinnahmen sind natürlich in gleichem Ausmaß gestiegen – von 2013 auf 2014 übrigens um 4 Prozent und damit 13 mal so stark wie das BIP mit gerade einmal 0,3 Prozent.

Dass diese Reformverweigerung Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort hat, scheint selbst die ehemalige Unternehmerpartei ÖVP nicht wirklich zu kümmern. So fällt Österreich in so gut wie allen internationalen Rankings, die die Wirtschaft betreffen, seit Jahren hinter Deutschland zurück – und das trotz der schwarzblauen Regierung unter Wolfgang Schüssel, die diesbezüglich ja einen nachhaltigen »Turnaround« geschafft zu haben schien. Doch die rotschwarze Koalition unter den SPÖ-Bundeskanzlern Alfred Gusenbauer und Werner Faymann hat die Dividenden der Schüssel-Zeit längst verspielt. Deutschland zieht wirtschaftlich immer weiter davon. Unser Staatsapparat bleibt aufgebläht und statt in die Zukunft wird in den Erhalt der Strukturen investiert.

Die Frage, wie ein gerechtes Steuersystem aussehen könnte, ist auch eine philosophische. Was ist wichtiger: soziale Gerechtigkeit, Leistungsgerechtigkeit oder gar Chancengerechtigkeit? Früher war das – so wie im angloamerikanischen Raum übrigens heute noch – eindeutig die Leistungsgerechtigkeit. Der Satz: »Wer mehr leistet, soll sich auch mehr leisten können«, konnte gesagt werden, ohne dafür Missgunst und Neid zu ernten. Und der Umstand, dass man soziale Gerechtigkeit und Chancengerechtigkeit nur erreichen kann, wenn es sich für die Leistungsorientierten lohnt, deutlich mehr als unbedingt notwendig zu arbeiten, war auch allgemein anerkannt.

Um nicht falsch verstanden zu werden, muss ich jetzt klarstellen, dass gegen soziale Gerechtigkeit natürlich nichts einzuwenden ist. Doch zu den wichtigsten Aufgaben des Sozialstaates gehört es, ihn finanzierbar zu halten. Umverteilung ergibt nur Sinn, solange genug da ist, was umverteilt werden kann. Und so darf sich der Sozialstaat nicht darauf beschränken, wirtschaftlich Benachteiligte zu alimentieren. Er muss vor allem dafür sorgen, dass leistungsbereite sozial Schwache in die Lage kommen, selbst Vermögen zu schaffen. So leisten die Aufsteiger einen doppelten Beitrag zum Erhalt des Sozialstaates. Denn einerseits können sie dadurch auf Alimente der öffentlichen Hand verzichten und anderseits gelangen sie in die Lage, selbst einen Beitrag in das Sozialsystem abzuführen.

Dazu muss man den Unternehmensgründern aber die entsprechende Luft zum Atmen lassen. Die Gesellschaft müsste eigentlich vor jedem Gründer, der es schafft, neben seinem eigenen, weitere Arbeitsplätze entstehen zu lassen, vor Ehrfurcht erstarren. Wenn so ein »Raubtierkapitalist« monatlich 2.000 Euro für sich selbst entnimmt und auch seinen sagen wir drei Mitarbeitern netto ebenfalls 2.000 Euro bezahlt, führt er jährlich unglaubliche 120.000 Euro an das Finanzamt und an die Sozialversicherungen ab. Wer nie vor dem Monatsersten und vor dem Fünfzehnten gezittert hat, weil an diesen Tagen die Gehälter, die Steuern und Abgaben fällig sind, hat überhaupt keine Ahnung davon, was die österreichischen Unternehmer und Freiberufler leisten. Da kann es dann schon vorkommen, dass der eine oder andere Bürokrat auf die Idee verfällt, diese »Millionäre« über online mit dem Finanzamt verbundene Registrierkassen, total zu überwachen.

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Tandl macht Schluss! Fazit 111 (April 2015)

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