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Politicks Mai 2015

| 30. April 2015 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 112, Politicks

Trotz Wahlkampf: »Business as usual!«
Nur mehr etwa ein Monat bis zur Landtagswahl am 31. Mai 2015 und von angespannter Wahlkampfstimmung ist immer noch nichts zu bemerken. Die beiden Reformspitzen Franz Voves und Hermann Schützenhöfer nehmen ihr Versprechen allem Anschein nach ernst, so lange wie möglich weiterarbeiten zu wollen, um den Wahlkampf als Zeit des erzwungenen Reformstillstands so kurz wie möglich zu halten. Und auch die Regierungsmitglieder von SPÖ und ÖVP arbeiten immer noch wie gewohnt weiter. Da muten die Versuche der Opposition, endlich ein wahlkampftaugliches Thema zu finden, mit dem sie die Öffentlichkeit aufrütteln können, beinahe schon verzweifelt an. Da lässt die FPÖ den Slogan »Neue Wohnungen statt Neue Moscheen« plakatieren, als ob das eine irgendetwas mit dem anderen zu tun hätte, und im Landtag nützt die Partei den Streit einiger Unfallchirurgen, die sich nicht damit abfinden wollen, dass ihr Fach zukünftig, wie sonst überall in Europa, auch in der Steiermark mit jenem der Orthopädie zusammengefasst wird, für eine dringliche Landtagsanfrage und behauptet, der Abgang von sechs Ärzten würde die Personalsituation an den steirischen Spitälern dramatisch zuspitzen und die Patientensicherheit und sogar Menschenleben gefährden.

Die FPÖ gewinnt zwar die Wahl, verliert aber dennoch an Einfluss
Dass Spitalslandesrat Christopher Drexler im Landtag die Vorwürfe der Freiheitlichen souverän entkräften konnte, ändert jedoch nichts daran, dass der Wahlsieger mit der FPÖ wohl schon feststehen dürfte. Denn die Zustimmung zu den Reformpartnern ist zuletzt zwar angestiegen, dennoch gibt es zahlreiche Gründe, die vermuten lassen, dass viele Wähler auch bei dieser Landtagswahl einen Denkzettel an »die da oben« verteilen werden; an jene, die sie für ihre dumpfe Unzufriedenheit mit der steigenden Arbeitslosigkeit und ihrem drohenden persönlichen wirtschaftlichen Abstieg verantwortlich machen. Dazu kommt, dass die SPÖ die Arbeiter an die FPÖ bereits verloren hat. So machen etwa die Bewohner der ehemaligen Arbeiterquartiere in den Städten vor allem die SPÖ-Politik für die in ihrem Umfeld entstandenen Ausländergettos verantwortlich. Die freiheitlichen Strategen verstehen sich zudem meisterlich darauf, diesen Unmut in markige Slogans und Parolen zu fassen. Es bleibt daher abzuwarten, ob der Versuch von Landeshauptmann Franz Voves, die Integrations-
unwilligkeit unter den Migranten zu thematisieren, ausreichen wird, um diese ehemalige SPÖ-Kernschicht bei der Landtagswahl zurückzuholen. Landeshauptmannstellvertreter Hermann Schützenhöfer hat jedenfalls ausgeschlossen, im Zuge des Wahlkampfs irgendwen rechts überholen zu wollen. Je deftiger die FPÖ-Parolen werden, desto mehr Menschen fühlen sich jedoch von der freiheitlichen Kampagnenführung abgestoßen. Und obwohl sich die FPÖ am 31. Mai auf 20 Prozent verdoppeln dürfte, wird sie eine deutliche Mehrheit für die Reformparteien SPÖ und ÖVP nicht verhindern können. Sie wird sogar an Macht einbüßen, weil sie durch die Proporzanschaffung ihren Sitz in der Landesregierung einbüßen wird.

Die besondere Bedeutung des Wahlkreis Graz/Graz Umgebung
Dem Wahlkreis Graz/Graz Umgebung kommt für die kleineren Parteien eine außerordentliche Bedeutung zu. Nur in Graz haben etwa Grüne und Kommunisten oder auch die Neos die Chance, eines der begehrten Grundmandate zu erringen – in unserem Wahlsystem ist das die Voraussetzung dafür, um in ein Parlament einziehen zu können.
Zum einen sprechen Grüne, Kommunisten aber auch Neos eher städtische Wählerschichten an. Zum anderen ist das Grundmandat überall sonst teurer als im Wahlkreis Graz/Graz Umgebung. Dort benötigt man nur etwa 6,7 Prozent der gültigen Stimmen für eines der 15 Grundmandate. Dem Wahlkreis Oststeiermark stehen aufgrund der geringeren Bevölkerungszahl nur 11 Grundmandate zu. Um eines davon zu erreichen, benötigt eine Partei daher 9,1 Prozent der Stimmen, für eines der 14 Grundmandate in der Obersteiermark sind es 7,2 Prozent. Und besonders hoch liegt die Latte im Wahlkreis Süd/Weststeiermark. Dort werden nur 8 Mandate vergeben, und wer eines davon will, braucht daher 12,5 Prozent.
Das grüne Grundmandat in Graz und somit der Einzug in den Landtag sind so gut wie fix. Lambert Schönleitner und Sabine Jungwirth führen die Landesliste an, Spitzenkandidatin im Wahlkreis eins ist jedoch Sandra Krautwaschl, eine Gemeinderätin aus Eisbach-Rein, die durch den Versuch, mit ihrer Familie ein plastikfreies Leben zu führen, eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Krautwaschl punktet eher beim klassisch ökologisch motivierten Grünpublikum und weniger bei den Linken und den Realos.
Bei KPÖ und Neos deuten die Umfragen drauf hin, dass es äußerst knapp werden könnte. Während die KPÖ bereits eine massive Plakatwelle für Spitzenkandidatin Klaudia Klimt-Weithaler gestartet hat, wurden die Neos vom vorverlegten Wahltermin auf dem falschen Fuß erwischt. Inzwischen hat man sich dort jedoch gefangen. Mit Landessprecher Uwe Trummer übernimmt ein gut vernetzter ehemaliger ÖH-Funktionär die Spitzenkandidatur. Trummer war in den Neunziger Jahren Obmann der Aktionsgemeinschaft und hofft, mit liberalen Themen in Graz zu punkten. Er fischt vor allem im Teich der ÖVP und der Grünen. Den anderen Kleinparteien wie dem Team Stronach und den Piraten werden kaum Chancen auf einen nennenswerten Wahlerfolg oder gar auf den Einzug in den Landtag eingeräumt.
Auch für den Erfolg der großen Partei ist Graz von entscheidender Bedeutung. Die SPÖ konnte den LH-Sessel im Jahr 2010 nur aufgrund ihres außerordentlichen Erfolges in Graz verteidigen. Die ÖVP hat hingegen sehr schlecht abgeschnitten und den Landeshauptmann um wenige Zehntelprozentpunkte verpasst. Bürgermeister Siegfried Nagl, sieht sich offenbar in der Verantwortung ein besseres Graz-Ergebnis für die Volkspartei zu erreichen. Das dürfte auch der Grund für die Plakatkampagne sein, mit der sich Nagl vor einigen Wochen an die Grazer Wähler gewandt hat.

Auf die Reformpartnerschaft folgt die Zukunftspartnerschaft
Sowohl Franz Voves als auch Hermann Schützenhöfer haben bereits bei Bekanntgabe ihrer Kandidaturen fixiert, dass sie nach der Wahl gemeinsam in einer »Zukunftspartnerschaft« weitermachen wollen. Beide haben angekündigt, das auch als Zweiter zu tun. Da aber sämtliche bisherigen Umfragen einen signifikanten Vorsprung für die SPÖ ausweisen, bleibt wahrscheinlich ohnedies alles beim Alten.
Nach der für sie erfolgreichen Gemeinderatswahl traut man der ÖVP jedoch zu, den Abstand zur SPÖ sehr klein zu halten. Sie bliebe damit auf Augenhöhe mit dem zukünftigen Regierungspartner und somit auch gleichberechtigt, was die Zahl der Regierungssitze angeht.

Voves als Einzelwahlkämpfer – Schützenhöfer als Teamplayer
Die Ausgangslage als vermeintlicher Favorit ist vor allem für die SPÖ gefährlich. Dort hat man ein Motivationsproblem und befürchtet, dass die Funktionäre nur mit halbem Einsatz in das Rennen um den Landeshauptmann gehen. Den Funktionären versucht man daher ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Voves und Schützenhöfer einzureden. Der Wahlkampf wird daher voll auf den mittlerweile routinierten Wahlkämpfer Franz Voves zugeschnitten.
Franz Voves weiß, dass er sich nur auf sich selbst verlassen kann. Die Möglichkeit, seinen SPÖ-Regierungskollegen entscheidende Beiträge zum Wahlerfolg abzuverlangen, besteht kaum. Obwohl Bettina Vollath, Siegfried Schrittwieser und Michael Schickhofer in ihren Ressorts die Ziele der Reformpartnerschaft erfolgreich umgesetzt haben, spielen sie im Wahlkampf daher keine besondere Rolle. Bei sinkenden Budgets ist es für Politiker nun einmal schwierig, ihre Beliebtheit zu steigern. Voves soll sich daher mit der Gewerkschaft auf deren Unterstützung im Wahlkampf geeinigt haben. Ob einem solchen Geschäft auch personelle Zugeständnisse folgen, wird aber erst die Regierungsbildung im Juni zeigen.
Ganz anders ist die Situation bei der ÖVP. Hermann Schützenhöfer weiß, dass er ohne die Bünde und deren Obmänner kaum Chancen auf einen Wahlerfolg hat. Dabei kann er auf eine erfahrene Regierungsmannschaft zählen. ÖAAB-Obmann Christopher Drexler hat im letzten Jahr im für die ÖVP so wichtigen Spitalsbereich die Kastanien aus dem Feuer geholt. Der Wirtschaftsbund erreichte unter Obmann Christian Buchmann und WK-Präsident Josef Herk bei der WK-Wahl 67 Prozent. Und aktuell lässt Christian Buchmann nichts unversucht, um den Unternehmern zu verdeutlichen, wie sehr auch sie von der steirischen Reformpolitik profitieren. Nach der verpatzten Steuerreform ist das zwar ein schwieriges, aber dennoch nicht aussichtsloses Unterfangen. Und mit Johann Seitinger ist auch der Bauernbund fest im ÖVP-Regierungsteam verankert. Seitinger ist bei »seinen Bauern« beliebt und hatte bisher kaum Probleme, die steirischen Landwirte im Lager der Volkspartei zu halten. Dass mit Manuela Khom und Lukas Schnitzer auch Frauenbewegung und Junge ÖVP im Landtag vertreten sein werden, entspricht Schützenhöfers Verständnis einer Volkspartei. Und wenn die Wahl in Graz einigermaßen gut für die ÖVP ausgeht, wird wohl auch Seniorenbundobmann Gregor Hammerl dem nächsten Landtag angehören.

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Politicks, Fazit 112 (Mai 2015)

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