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Tandl macht Schluss (Fazit 126)

| 23. September 2016 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 126, Schlusspunkt

Der Reformverweigerer und ihr gefährlicher Populismus Im Duden wird der Begriff Populismus als »von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen zu gewinnen« erklärt. Als Populist gilt auch, wer bewusst Ängste schürt und versucht, mit unrealistischen Versprechungen Wählerstimmen zu gewinnen.

Mit einem besonderen populistischen Talent ist unser neuer Bundeskanzler Christian Kern gesegnet. So hetzt er gezielt gegen den Freihandel und verweigert sich aus ideologischen Gründen der empirischen Erkenntnis, dass die Globalisierung mehr zur Beseitigung des weltweiten Hungers beigetragen hat als sämtliche Entwicklungshilfeprogramme der letzten 50 Jahre zusammen. Um darüber hinwegzutäuschen, dass es eine SPÖ-geführte Regierung – natürlich mit massiver ÖVP-Unterstützung – in acht Jahren nicht geschafft hat, die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise erfolgreich einzudämmen, werden Sündenböcke definiert.

Während in Deutschland unter einer rotgrünen Regierung mit der Agenda 2010 ein massives Reformpaket initiiert wurde, wurden in Österreich weite Bereiche der Reformen, die zwischen 2000 und 2007 von Wolfgang Schüssel und seiner schwarzblauen bzw. schwarzorangen Regierung umgesetzt wurden, sogar zurückgenommen. Mit dem Ergebnis, dass Österreich beim für Investoren maßgeblichen Standortranking des Schweizer Instituts IMD seit 2007 vom elften auf den 24. Rang abgestürzt ist, während sich Deutschland um Rang 10 halten konnte.

Populisten wie Christian Kern wissen ganz genau, dass die Arbeitslosigkeit überall dort, wo die Regierungen die Schulden erfolgreich reduziert haben, zurückgegangen ist. In Europa lässt sich das am nachhaltigen ökonomischen Erfolg der skandinavischen Staaten oder Deutschlands und der Schweiz ablesen.

Anstatt die Arbeitslosigkeit mit Reformen der unternehmerischen Rahmenbedingungen wie etwa der Lohnnebenkosten, der starren Arbeitszeitregelung oder überkommener Arbeitnehmerschutzmaßnahmen zu bekämpfen, setzt die SPÖ auf populistische Konzepte wie eine Wertschöpfungsabgabe oder gar eine Arbeitszeitverkürzung. Und statt vor der eigenen Haustür zu kehren und endlich Reformen in die Wege zu leiten, machen Sozialminister Stöger und die Gewerkschaften die Ostöffnung der EU für die gestiegene Arbeitslosigkeit verantwortlich. Dabei hat kein anderes EU-Land so massiv von der Marktöffnung des Ostens profitiert wie Österreich. Ohne die vielen Ungarn, Slowenen, Kroaten oder Rumänen wären weite Bereiche unserer Wirtschaft – etwa im Tourismus, aber auch am Bau oder in der Landwirtschaft – heute gar nicht mehr vorhanden, weil die Arbeitnehmer fehlen würden. Trotz Flüchtlingskrise ist nicht die importierte Arbeitslosigkeit am Anstieg der Arbeitslosen, sondern ein Klima des Misstrauens gegenüber den Unternehmern verantwortlich, das dafür sorgt, dass die meisten Betriebe nur mehr jene Investitionen tätigen, die erforderlich sind, um die Produktion aufrechtzuerhalten.

Ohne die Unterstützung der EZB, die mit ihrer Politik der finanziellen Repression dafür sorgt, dass die Sparer zu Gunsten der Schuldnerstaaten enteignet werden, wären die Folgen der österreichischen Reformverweigerung aber noch viel dramatischer. Denn nur durch die EZB-Geldschwemme sind etwa Italien und Frankreich aufgrund der sonst extrem hohen Zinsen für ihre Staatsschulden noch nicht bankrottgegangen. Linke Populisten wie Christian Kern, Alexis Tsipras oder François Hollande werden durch die Niedrigzinspolitik dazu verführt, lieber neue Schulden zu machen, um das Wahlvolk bei der Stange zu halten, als den unbequemen Weg der Sanierung einzuschlagen.

Demnächst wird sich die US-Notenbank Fed von ihrer Niedrigzinspolitik verabschieden. Und dann müssen aufgrund der sonst eintretenden Kapitalabflüsse die Zinsen auch bei uns wieder steigen. Spätestens dann wird klar, wie hoch der Preis dafür sein wird, dass manche europäischen Regierungen die Sanierung der öffentlichen Haushalte torpediert haben. Ob die österreichische Regierung bis zum regulären Wahltermin durchhält oder nicht und ob der nächste Bundeskanzler Christian Kern, Sebastian Kurz oder Heinz-Christian Strache heißen wird, ist angesichts dieses Szenarios ziemlich nebensächlich.

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Tandl macht Schluss! Fazit 126 (Oktober 2016)

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