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GAK gegen SK Sturm Graz

| 26. April 2018 | Keine Kommentare
Kategorie: Da Wanko, Fazit 142

Foto: Selfie

Zugegeben, es wird noch einige Jahre dauern, zumindest noch drei. Da bin ich dann schon über 40. Leck fuck und überhaupt, wie die Zeit vergeht! Aber wie das schon klingt »GAK : Sturm Graz«, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Drei Buchstaben gegen fünf und nochmals vier, wobei die ersten drei in Blockbuchstaben geschrieben sind. Einen besseren Werbeslogan gibt es in diesem Land nicht. Einer der alles sagt, emotionalisiert und das Land in zwei Lager teilt. Hier die einen und dort die anderen. Schwarz und rot gehören nun einmal nicht zusammen. Es geht nur um eines: Bist du ein Schwarzer oder bist du ein Roter.

::: Text von Martin G. Wanko [Hier im Printlayout lesen.]

Dabei hat jeder seine andere Story, wie es zu dieser Grundsatzentscheidung kommt, die meisten wurzeln in der Kindheit: Entweder geht man mit oder ohne Vater auf den Platz, mit dem großen Bruder oder der eine Sprössling stellt sich gegen die Familie, der andere nimmt die Tradition in der Familie an. Der Nächste findet in der Schule einen besten Freund, der ihn auf den Platz mitschleppt, der andere hört jeden Samstag die aufbrausenden Schreie vom Stadion her, sieht die Besucher mit Schals und Fahnen geschmückt auf den Platz pilgern, fühlt sich hingezogen und geht einmal mit. Die Kinder freuen sich: Der Jurtin hat so schöne Haare, der Haas so ein liebes Gesicht, der Ehmann ist der ideale Onkel und der Amerhauser ist einfach schön. Natürlich gibt’s die irrsten Dinge: Der Vater stirbt, der Sohn wechselt die Farben. Das sind dann die Ungläubigen, die man verstoßen will, und wenn sie sonst nicht solche Prachtkerle wären, würde man ihnen das ewige Fegefeuer nach dem Tode wünschen. Farbe wechseln gibt es nicht. Natürlich gelten diese Zeilen auch für die Mädchen und Damen unter uns, bleiben ja auch nicht mehr alleine in der Küche sitzen. Ganz einfach mal am Platz vorbeischauen, »weil du ein Mädchen bist!«

Und dann kommt es, diese Vorfreude, eine Woche vor dem Derby. Das ist wie sehr geiler Sex, nahezu unersetzlich. Aber auch die Panik. Wenn man verliert, stellvertretend für die Herren am Platz, hängt der Dreck einem zumindest eine Woche nach: Die Kumpels beim Wirt, der Nachbar in der Straße, der Kollege am Arbeitsplatz, die halbe Familie, alle lästern. Die Mischkulanz aus Vorfreude und Panik sorgt für ein saugeiles Gefühl im Magen, für einen trockenen Mund oder einen Aufschrei: »Heast, ist das geil! Oida! Huaaahhh!« Dann geht’s ums Detail: Die Diskussionen, wer spielt, wer nicht spielt, die unterschiedlichen Foren der Fans, vielleicht schafft man es einen Sprung zum Training, eine kleine Wette unter Freunden. Zu Hause die Ruhe vor dem Sturm, die stillen Stunden in Zurückgezogenheit, wo nichts mehr schmeckt, wo der Partner schon Schlimmstes befürchtet, aber nein, weder ist man krank noch beziehungsmüde, man scheißt sich einfach ein bisserl an, weil Spieltag ist.

Und dann kommen die Stunden vor dem Derby: Die Straßenbahnen sind plötzlich auch mit den »anderen Farben« vollgestopft, Gesichter, die man jetzt nicht so kennt, der fremde Teil der Stadt, Blicke, die einen nerven, und umgekehrt sicher auch. Man schaut weg. Wenn die Bim nur etwas zügiger fahren würde! Im Stadion trifft man seine Jungs und Mädels und wie Zombies kriechen jene aus allen Löchern, die nur zu den großen Kicks kommen. In dem Moment hasst man dann das Derby, man kommt sich fremd vor. Wo waren die Fans, als wir noch gegen Großklein oder die Admira spielten? Jetzt einmal ein Bier! Gesänge von beiden Seiten, Böller, Bengalos, Spielverzögerung noch vor dem Anpfiff, ein zweites Bier und der Körper entspannt sich, hoffentlich nur der eigene und nicht der der Kicker. Wer hat mehr die Hosen voll, die Roten oder sie Schwarzen oder beide?

Wie wird das erste Derby nach gefühlten 1.000 Jahren wieder werden? Hauptsache nicht verlieren, denkt man sich. Ein Unentschieden ist wie schlechter Sex, aber verlieren ist wie vernascht zu werden, ohne davon etwas gehabt zu haben. Und dann kommt der Anpfiff und alle Sorgen sind plötzlich verflogen: Jetzt 90 Minuten an nichts anderes denken. Auf das hat man so lange gewartet, für das hat man jahrelang eingezahlt. Und darum müssen die Roten auch diese Saison wieder aufsteigen, in die unliebsame Regionalliga, und die Schwarzen sollten nicht absteigen, ich sag ja nur. Wie gesagt, drei Mal ein roter Meister in Folge und wir sind wieder im Geschäft, die Stadt ist wieder in zwei Teile geteilt, und die Rivalität, die zurzeit eher auf Graffiti-Wänden oder in den sozialen Netzwerken stattfindet, kann wieder gelebt werden, live. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ihr werter G(AK) Punkt.

Martin G. Wanko (48) ist Schriftsteller und Journalist. m-wanko.at

Da Wanko, Fazit 142 (Mai 2018), Foto: Martin G. Wanko

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