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Zweiter werden und mitgestalten

| 30. Oktober 2019 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 157, Politicks

Foto: Erwin Scheriau

FPÖ-Chef Mario Kunasek glaubt, dass er die Steirer-FP vom bundespolitischen Abwärtstrend entkoppeln kann und sieht ein Duel mit der SPÖ um den zweiten Platz. Mit Mario Kunasek sprach Johannes Tandl.

20 Prozent der FPÖ-Wähler von 2017 sind bei der Nationalratswahl 2019 daheim geblieben, weitere 20 Prozent sind zur ÖVP gewechselt. War die Vorverlegung der Landtagswahl doch keine so gute Idee?
Ich bin davon überzeugt, dass die Menschen zwischen Bundes-, Landes- und Europawahlen sehr stark unterscheiden. Der Antrag auf frühzeitige Wahlen in der Steiermark war richtig, weil die selbsternannte Zukunftspartnerschaft in völligem Stillstand verharrt. Ausschlaggebend für eine klare Mehrheit dieses Antrags war letztlich die Zustimmung von ÖVP und Grünen. Die Volkspartei hat damit eingestanden, dass diese schwarz-rote Landesregierung in der Steiermark gescheitert ist.

Haben Sie keine Sorge, dass die Spesenaffäre der Bundes-FPÖ die Landtagswahl beeinflusst?
In der FPÖ Steiermark gibt es keinen Spesenskandal. Wir Freiheitliche haben in der Steiermark ein strenges Regelwerk für die Verwendung von Verfügungsmittel, etwa für Pokale, oder Ehrenschutzbeiträge bei Maturabällen.

Die Demoskopen meinen, dass die ÖVP nicht mehr einzuholen ist. Ist auch für Sie das Rennen bereits zu Gunsten von Hermann Schützenhöfer gelaufen?
Aus freiheitlicher Sicht gilt es, die 20-Prozent-Marke deutlich zu überspringen. Letztlich ist es wichtig, dass wir nach den Landtagswahlen als Verhandlungspartner auf Augenhöhe auftreten können. Zudem wollen wir auch die SPÖ überholen.

Sie wären also mit Platz zwei zufrieden. Streben Sie die Rolle des Juniorpartners in einer schwarz-blauen Koalition an?
Ich strebe die Rolle eines starken Mitgestalters an. Wir brauchen mutige Reformen in den Bereichen Sozialhilfeverbände, Mindestsicherung und Förderwesen. Fünf Milliarden Euro Schulden sind letztlich eine schwere Bürgschaft für alle kommenden Generationen.

Sie bezeichnen den Kontakt zu Hermann Schützenhöfer als gut, jenen zu Michael Schickhofer als schlecht. Spielt Rot-Blau in Ihren Überlegungen gar keine Rolle?
Als schlecht würde ich den Kontakt zu Michael Schickhofer nicht bezeichnen. Ich habe ein durchaus korrektes Verhältnis zu ihm. In einigen Sachfragen haben wir uns politisch auch schon gefunden. Allerdings hat Michael Schickhofer bereits vor Monaten eine Koalition mit der „Kunasek-FPÖ“ ausgeschlossen. Erschwerend hinzu kommt, dass wir in Sachen Migration, Asyl und Mindestsicherung sehr unterschiedliche Positionen vertreten. Wir treten für die heimische Bevölkerung ein und die SPÖ will Sozialtouristen aus aller Herren Länder in der Steiermark versorgen.

Worauf setzen Sie inhaltlich neben dem Migrationsthema noch? Auf die Verhinderung des Leitspitals im Bezirk Liezen?
Inhaltlich werden wir uns nicht neu erfinden. Die Aufgabe der FPÖ als soziale Heimatpartei ist es, auf Fehlentwicklungen im Bereich der Zuwanderung hinzuweisen. Der Dschihadprozess in Graz und die zunehmenden Migrationsbewegungen nach Europa zeigen, wie dringend notwendig eine heimattreue Politik ist. Aber natürlich werden wir auch Themen wie Gesundheitsversorgung, Bildung, Kultur und Regionen aufgreifen. Das Leitspital Liezen wird im Wahlkampf sicherlich eine Rolle spielen.

Alle Experten sind sich einig, dass drei Spitalsstandorte im Bezirk Liezen nicht mit ausreichendem Personal und genügend Ärzten bespielt werden können. Ist Ihr Widerstand gegen das Leitspital daher nicht reiner Populismus?
Nein, ist es nicht. Es gibt auch Experten, die diese Ansicht nicht teilen. Für uns ist klar: Die drei Standorte müssen reformiert werden, aber wir treten strikt gegen ein Wegrationalisieren dieser teils neu sanierten Spitäler ein. Dieser Kahlschlag im Gesundheitswesen ist mit der FPÖ nicht zu machen. Außerdem hat sich die Bevölkerung im Rahmen einer Volksbefragung mit einem Votum von 67 Prozent gegen die Zentralisierungsfantasien des Gesundheitslandesrates Drexler ausgesprochen.

Zahlreiche steirische Industrieunternehmen stehen vor der Einführung von Kurzarbeit. Was sind die FPÖ-Rezepte in dieser Lage?
Mit der von Türkis-Blau geplanten Steuerreform wäre zweifelsohne eine Entlastung der Unternehmer sichergestellt gewesen. Zudem hat die ehemalige Bundesregierung klare Maßnahmen zur Standortattraktivierung gesetzt und mit der Arbeitszeitflexibilisierung sowohl für Arbeitnehmer als auch für Unternehmen moderne Rahmenbedingungen geschaffen. Unter einer möglichen türkis-grünen Koalition drohen hingegen Belastungen für Betriebe.

Eine Frage noch zur Vergangenheit. Franz Voves hat der ÖVP im Jahr 2015 den LH-Sessel überlassen, weil er als Alternative eine schwarz-blaue Koalition befürchtet hat. Hat es damals ernsthafte Gespräche mit der ÖVP gegeben?
Nein, hat es nicht. Die SPÖ hat sich schlicht legen lassen. Dabei hätte eine entsprechende Nachfrage des SPÖ-Chefs bei mir gereicht, um die ÖVP-Strategie scheitern zu lassen. Ich hätte Franz Voves nämlich gesagt, dass es keine Verhandlungen gegeben hat.

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Politicks Spezial, Fazit 157 (November 2019); Foto: Erwin Scheriau

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