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Politicks Oktober 2019

| 11. Oktober 2019 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 156, Politicks

Auf schiefen Haussegen folgen Neuwahlen
Wer Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer am letzten Augusttag bei seiner Ankündigung, den Neuwahlantrag der FPÖ zu unterstützen, erlebte, konnte feststellen, wie unwohl er sich dabei fühlte. Jeder, der den Landeshauptmann persönlich kennt, weiß, dass er sich nicht leichtfertig zu Neuwahlen hinreißen lässt. Daher rang er zuerst um die Zustimmung seines Koalitionspartners SPÖ und, als ihm diese versagt blieb, wohl mit sich, bis er sich nach einigem Grübeln und Hinterfragen schließlich doch dazu entschloss, der »neuen Situation Rechnung zu tragen« – mit dem Ergebnis, dass FPÖ, ÖVP und Grüne die Landtagswahl vom Mai 2020 auf 24. November 2019 um ein halbes Jahr vorverlegt haben.

Dass der Haussegen über der Reformpartnerschaft schief hing, war schon einige Tage zuvor bekannt geworden. Beim ORF-Sommergespräch beschrieb LH-Vize Michael Schickhofer die Zusammenarbeit mit Hermann Schützenhöfer nämlich als Dahinplätschern. Auf diese Art könne man die Steiermark nicht fit für die nächsten fünfzehn Jahre machen, so Schickhofer.

ÖVP-Geschäftsführer Detlev Eisel-Eiselsberg präsentierte daraufhin empört Umfragedaten, wonach drei Viertel der Steirer der Regierungsarbeit ein gutes Zeugnis ausstellen würden und es keinen Grund gäbe, diese Arbeit schlechtzureden.

Schützenhöfer begründete die Wahlvorverlegung damit, dass ein früher Wahltermin im Sinne des Landes sei. Einige Parteien befänden sich bereits im Wahlkampf und das Land dürfe angesichts bevorstehender schwierigerer Zeiten nicht in einen Dauerwahlkampf geraten.
Unter dem Motto »Echte Steirer bringen zu Ende, was sie angefangen haben« beschuldigte Schickhofer Schützenhöfer daraufhin, dass für diesen der Handschlag nicht mehr zähle. Die ÖVP habe die Koalition gebrochen und er sei in Fragen, die er völlig anders sehe als der ehemalige Koalitionspartner, nicht länger der Pflichtverteidiger der ÖVP.

Leitspital Liezen – Drexler bleibt standhaft
Obwohl die SPÖ die Reformpartnerbeschlüsse mittragen will, sucht sie offenbar nach einer Möglichkeit, vom beschlossenen Leitspital für den Bezirk Liezen abzuspringen. Doch LH-Vize Michael Schickhofer ist sich offenbar noch nicht sicher, wie er das bewerkstelligen soll, ohne selbst als wortbrüchig dazustehen. Und so startete er vor der Presse einen Versuchsballon mit den Worten: »Nachdem Gesundheitslandesrat Christopher Drexler nach vier Jahren nicht einmal ein Grundstück gefunden hat, gehe ich davon aus, dass das Leitspital auch im Mai 2020 diskutiert werden kann.«
Doch Gesundheitslandesrat Christopher Drexler hält unbeirrt an dem inzwischen auch vom Landesrechnungshof geforderten Projekt fest. Die niedrige Auslastung des Diakonissenkrankenhauses Schladming sei eine Bestätigung des vorliegenden Strukturplans Gesundheit mit seinen für den Bezirk Liezen verordneten Strukturveränderungen, heißt es im Rechnungshofbericht.

In einer Anfragebeantwortung an die FPÖ sagt Drexler im Landtag zum Leitspital, dass dieses mit dem Strukturplan Gesundheit rechtsgültig beschlossen sei und dass die Umsetzung planmäßig verlaufe. Dem Land Steiermark seien mehrere Grundstücke im Bereich von Stainach angeboten worden. Von insgesamt sechs Flächen wurden nach einer Prüfung durch Joanneum Research drei Grundstücke ausgewählt. Jenes Areal, das die Anforderungen am besten erfülle, weil es fußläufig vom Bahnhof Stainach aus erreichbar ist und auch von der Größe her optimal passt, wird nun vereinbarungsgemäß einer genauen Eignungsprüfung unterzogen. Dazu werden jetzt im September die erforderlichen Bodenbohrungen durchgeführt, für die erst im Juli die rechtlichen Grundlagen mit den Eigentümern geschaffen worden seien, so Drexler im Landtag.

Dass die SPÖ nun vom geplanten Vorhaben abzuspringen versuche, ist für Drexler daher nicht nachvollziehbar. Schließlich handle es sich dabei um ein gemeinsames Projekt der Landesregierung, das besonders eng mit Landesrätin Ursula Lackner (SPÖ) und Landesrat Anton Lang (SPÖ) abgestimmt worden sei.

Das Leitspital sei, so Drexler, keine masochistische Übung der Landesregierung, sondern Ergebnis einer fachlich einwandfrei fundierten Qualitätsdiskussion. Er sieht die Infragestellung des Leitspitals-Standorts daher vor allem dem Wahlkampf geschuldet. Drexler hofft, dass er die diesbezüglichen Irritationen bei der SPÖ ausräumen kann, und appellierte an alle Verantwortungsträger, die Entwicklung der Gesundheitsreform, des Gesundheitsplans und damit auch des Leitspitals fortzusetzen.

12-Stundentag: Koalitionsbedingung oder nicht verhandelbar?
Im Zuge des Nationalratswahlkampfs kam es zu einem Schlagabtausch zwischen SPÖ-Sozialsprecher Beppo Muchitsch und Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger – beide aus der Steiermark. Muchitsch erklärte die Abschaffung des 12-Stundentages in der ORF-Sendung »Im Zentrum« zur Koalitionsbedingung. Egger entgegnete in einer Aussendung, die wohl die Meinung der meisten österreichischen Selbstständigen widerspiegelt, dass die Flexibilisierung der Arbeitszeit überfällig gewesen sei und dass diese Koalitionsbedingung wohl mehr mit der Angst vor dem Machtverlust der Gewerkschaften als mit weitsichtiger Standortpolitik zu tun habe.

»Es ist völlig unverständlich, dass die SPÖ ständig einen Klassenkampf heraufbeschwören muss«, so Egger. Beppo Muchitsch wurde übrigens zwei Tage nach der Sendung von seiner SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner relativiert, die nichts mehr von dieser Koalitionsbedingung wissen wollte. Um den Fleiß der österreichischen Unternehmer zu dokumentieren, präsentierte Kurt Egger wiederum eine IMAS-Erhebung aus der hervorgeht, dass die Selbstständigen mit durchschnittlich nur 14,8 Urlaubstagen jährlich ihr Auslangen finden.

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Politicks, Fazit 156 (Oktober 2019)

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