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Politicks März 2020

| 9. März 2020 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 160, Politicks

Doskozil als neuer SPÖ-Superstar
Dass Hans-Peter Doskozil die burgenländische Landtagswahl gewinnen würde, war zu erwarten. Und weil das auch seine SPÖ-internen Kritiker wussten, haben sie ihm die Latte bewusst hoch gelegt. Alles unter den 42 Prozent, die sein Vorgänger Hans Niessl im Jahr 2015 erreicht hat, wäre ihm als Niederlage ausgelegt worden – zurückzuführen auf das unsolidarische Verhalten Doskozils gegenüber Parteichefin Pamela Rendi-Wagner. Zum Vergleich: Bei der Nationalratswahl im Herbst erreichte die SPÖ im Burgenland gerade einmal 29,4 Prozent.

»Wir können der Sozialdemokratie in Österreich zeigen, wie man Wahlen gewinnt«, entgegnete Hans-Peter Doskozil Anfang Jänner vor seinen Anhängern in der Oberwarter Messehalle. Und er sollte bekanntlich eindrucksvoll Recht behalten. Mit 50 Prozent und einer absoluten Mehrheit hat sich der burgenländische Landeshauptmann nicht nur völlig unangreifbar gemacht. Inzwischen gilt er in der gesamten SPÖ sogar als Superstar.

Dass es zu diesem Ergebnis kommen konnte, ist freilich nicht nur Doskozils abweichender Haltung in der Migrationsfrage geschuldet. Die burgenländische SPÖ hat nämlich versprochen, den Mindestlohn für Landesbedienstete auf 1.700 Euro zu erhöhen und außerdem alle Burgenländerinnen und Burgenländer, die einen Angehörigen pflegen, beim Land anzustellen. Dass noch dazu Innenminister Karl Nehammer von der ÖVP – wenige Tage vor der Wahl – die Ansiedlung von Asylzentren in Grenznähe ankündigte, hat der SPÖ zu zusätzlichem Rückenwind verholfen.

Österreich braucht eine starke SPÖ
Natürlich stellt sich jetzt die Frage, welche bundespolitischen Auswirkungen das burgenländische Wahlergebnis haben wird. »Dosko« selbst zeigt überhaupt keine Ambitionen, die angeschlagene SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner beerben zu wollen. Die unglückliche Quereinsteigerin wird mit großer Wahrscheinlichkeit zeitnah nach der Wiener Gemeinderatswahl im Herbst abgelöst. Und zwar unabhängig davon, ob Bürgermeister Michael Ludwig wiedergewählt wird oder nicht.

Kein Landeshauptmann tauscht seine Position gegen die eines Oppositionsführers auf Bundesebene ein. In den letzten beiden Jahren sind ja bekanntlich auch sämtliche Versuche gescheitert, den erfolgreichen Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser an die SPÖ-Spitze nach Wien zu locken. Und so wird halt Pamela Rendi-Wagner verheizt.

Dabei würde Österreich dringend eine funktionsfähige und auch erfolgreiche Sozialdemokratie brauchen; mit Politikern, denen klar ist, dass etwa die Dekarbonisierung niemals das Maß aller Dinge sein kann, sondern dass es vor allem um eine starke Wirtschaft geht, die gemeinsam mit den Arbeitnehmern einen starken Sozialstaat, aber auch den Klimaschutz finanziert.

Doch wie soll die SPÖ wieder zur gewohnten Stärke gelangen? Es mag einfach klingen. Doch die SPÖ muss endlich eine Antwort auf die Frage finden, warum sie bei der Nationalratswahl so massiv an die Grünen und in den ländlicheren Regionen zusätzlich noch an die Kurz-ÖVP Stimmen verloren hat. Die SPÖ musste doppelt so viele Stimmen an die ÖVP abgeben, wie sie von der kaputten FPÖ zurückgewinnen konnte. Natürlich gibt es in der SPÖ eine heftige innerparteiliche Diskussion über die Gründe für dieses Ausrinnen der Partei. Doch die wird weniger mit empirischen Belegen als mit ideologischen Überzeugungen geführt. Und so vertiefen selbst die Reformbemühungen die Krise der Partei.

Die SPÖ könnte die Zeit bis zur Wien-Wahl nützen, um sich zumindest inhaltlich neu aufzustellen. Mit ihrer Forderung nach einer Erbschaftssteuer ab einer Million Euro oder jener nach einem steuerfreien Monatseinkommen bis 1.700 Euro dürfte Rendi-Wagner bei den ehemaligen SPÖ-Wählern ziemlich richtig liegen. Was aber fehlt, ist eine deutliche Bewegung bei der Migrationsfrage und natürlich die Glaubwürdigkeit ihres Spitzenpersonals.

Gemeindestrukturreform – top oder flop?
Vor einem Jahr untersuchte die von Dietrich Mateschitz finanzierte Recherche-Webseite Addendum die steirische Gemeindestrukturreform; mit dem Ergebnis, dass es keine Einsparungseffekte bei den Verwaltungskosten gebe. Im Land war die Aufregung groß. Sogar der Vorwurf von Fake-News wurde erhoben. Tatsächlich hat Addendum einen Rechenfehler bei den Verwaltungskosten zugegeben. Von der Grundaussage des Beitrags, dass man sich die Gemeindefusionen wegen mangelnder Einsparungen hätte sparen können, rückte man jedoch nicht ab. Doch Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und sein Vorgänger Franz Voves hatten die Reform  ohnehin nie als reines Sparprojekt begründet, sondern mit der Stärkung der Gemeindeebene. Tatsächlich blieben in den Fusionsgemeinden die personellen Synergien ungenützt. Statt Mitarbeiter zu entlassen, wurden die freigewordenen Personalkapazitäten dazu genutzt, um kommunale Serviceangebote zu verbessern.

Für Schützenhöfer und LH-Vize Anton Lang stellt die Gemeindestrukturreform daher nach fünf Jahren auch ohne große Einsparungen eine Erfolgsgeschichte dar. »Wir haben jetzt 286 starke und zukunftsfähige Gemeinden, die über bessere finanzielle Möglichkeiten verfügen und den Bürgerinnen und Bürgern ein umfangreicheres Service bieten können«, sagte der LH bei der Präsentation der Plattform »Zukunft Gemeinde«, die rechtzeitig vor der Gemeinderatswahl einige besonders erfolgreiche Fusionsgemeinden in den Mittelpunkt rückt.

So hat sich etwa die Zahl der Gemeinden, die keinen ordentlichen Rechnungsabschluss mehr zusammenbrachten und mit Geld, das eigentlich für kommunale Investitionen vorgesehen ist, aufgefangen werden müssen, deutlich von 114 auf 26 verringert.

Auch für Anton Lang überwiegen natürlich die positiven Aspekte der Reform: »Obwohl viele Vorteile erst in ein paar Jahren sichtbar werden, können wir schon jetzt eine rundweg positive Bilanz ziehen«, so Lang. Quer durchs Land sei es in den Fusionsgemeinden zu Effizienzsteigerungen, zu neuen Investitionen in die Infrastruktur oder zur Verbesserung bei der Kinderbetreuung gekommen.

Der Leiter der Gemeindeabteilung im Amt der Steirischen Landesregierung, Wolfgang Wlattnig, gilt als eigentlicher Architekt der Gemeindestrukturreform. Für ihn sind viele kommunale Investitionen wie in Kindergärten, Schulen und Bauhöfe erst durch die Fusion möglich geworden, weil sich die »freie Finanzspitze« in den Gemeindehaushalten deutlich erhöht habe.

Die »freie Finanzspitze« ist ein Indikator für die Investitionsmöglichkeiten der Gemeinden. Sie ergibt sich durch Abzug der Schuldentilgung vom Saldo der laufenden Gebarung. Je höher dieser Wert ist, desto mehr Geld können die Gemeinden außerhalb ihrer laufenden Pflichtausgaben investieren. Wlattnig sieht aber auch noch weitere Vorteile. So stünden in den Fusionsgemeinden nun wesentlich besser qualifizierte Kandidaten für die politischen Funktionen zur Verfügung.

Eine objektive Evaluierung der Gemeindefusionen gab es bisher aber noch nicht. Der Landesrechnungshof hat sich daher vorgenommen, diesbezüglich noch heuer aktiv zu werden. Untersucht werden die Kostenentwicklung, der Verlauf der Dienstleitungsniveaus und die Wirtschaftlichkeit der steirischen Gemeinden.

Bogner-Strauß und ihr schwieriges Ressort
Mit dem Gesundheitsressort hat Juliane Bogner-Strauß von ihrem Vorgänger Christopher Drexler die Spitäler und die Pflege – die wohl heißesten Eisen unter den Landeskompetenzen – geerbt. Erleichtert wird ihr diese Aufgabe aber durch die Rückkehr der SPÖ zu den im »Regionalen Strukturplan Gesundheit« vereinbarten Zielen. Und dazu gehört auch der Bau eines neuen Krankenhauses im Bezirk Liezen.

Die Notwendigkeit eines Leitspitals als Ersatz für die bestehenden – personell kaum mehr auszustattenden – Häuser in Rottenmann, Bad Aussee und Schladming steht aus medizinischer Sicht völlig außer Zweifel. In der Region herrscht aber nach wie vor ein Kirchturmdenken, das von der FPÖ, den Grünen und den Kommunisten geschickt mit großem Populismus befeuert wird.

Zuletzt richtete etwa die FPÖ eine dringliche Anfrage an Bogner-Strauß. In ihrer Beantwortung unterstrich die Landesrätin, dass Bodenuntersuchungen ergeben hätten, dass das von den Experten als Spitalsstandort präferierte Grundstück in Stainach grundsätzlich bebaubar sei. Im Gutachten werde jedoch ein Pfahlsystem empfohlen.

Wann mit dem Bau begonnen werden kann, ist nun von der naturschutzrechtlichen Prüfung abhängig. Die Dauer wird etwa auf ein Jahr geschätzt. Weil das Ergebnis aber so oder so weitere Einwände nach sich ziehen wird und auch weil der Wachtelkönig wieder aufgetaucht sein soll, kann sich der Baubeginn noch lange hinziehen. Der Wachtelkönig hat im Ennstal bekanntlich schon viel größere Projekte gestoppt als ein relativ einfach zu errichtendes Krankenhaus.

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Politicks, Fazit 160 (März 2020)

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