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Job versus Berufung

| 10. November 2021 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 177, Serie »Erfolg braucht Führung«

Über Sinn und Unsinn von Arbeit. Ein Gespräch von Carola Payer mit dem jungen Kameramann und Kameraassistenten Gregor Franz.

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Ich schaue in der Früh, bevor ich zum Kunden losfahre noch schnell ins Zimmer zu meiner Tochter und sie sagt: »Mama, warte! Ich habe eine Frage! Macht Arbeit eigentlich Sinn?« »Gute Frage! Wir reden später!« Inzwischen sind sich die meisten Unternehmen aller Branchen einig: Wir haben eine ziemliche Herausforderung den Arbeitsmarkt betreffend. Die Einstellung zur und das Hinterfragen von Arbeit hat sich insbesondere bei potenziellen Mitarbeitern der Generation Y und Z bezeichneten jungen Menschen verändert. Forderung nach Sinnstiftung, flexiblen Arbeitszeit- und Teilzeitmodellen, Führung auf Augenhöhe, Abwechslung, schneller Karriere, gute Bezahlung ohne Berufserfahrung mitzubringen, fordern die Personalabteilungen und Führungskräfte. Auf der anderen Seite bringen einige der Internet- und Handygeneration eine geringe Fähigkeit zur Aufmerksamkeit, wenig Durchhaltvermögen und »Leidensfähigkeit« mit und neigen dazu, schnell mal eine Sache, die nicht gleich funktioniert, hinzuwerfen. Man findet, wie in jeder Generation, natürlich auch Beispiele, die ganz fokussiert der von ihnen erkannten Berufung folgen.

On fire. Leidenschaft für eine Sache
Gregor Franz, 19 Jahre jung, Generation Z, hat direkt von der Matura an der HTBLVA Ortweinschule Graz – Film und Multimediaart seine Leidenschaft als Filmer gestartet: »Vor der Schule wollte ich schon Film machen. Ich habe mit Tontechnik angefangen. Meine ersten Erfahrungen als Tontechniker machte ich in meiner Heimatgemeinde St. Ulrich im Greith-Haus. In der 3. Klasse Ortwein entstand die Klarheit: Kamera und Film, da ist es! Mein erstes Schnuppern war bei  der ORF-Produktion Wir sind Kaiser. Da war ich für zwei Tage am Set und konnte spüren, wie das so ist. Da war ich sofort so richtig on fire. Hier begann ich, das Kameramann-Sein kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen. Schon bald war ich Kameraassistent bei Universum History. Einer meiner Kurzfilme ist Pressure. Das ist ein Unterwasserdreh, der am 15. Oktober dieses Jahres veröffentlicht wurde. Er hat in New York für den besten Unterwasserdreh den ersten Preis gewonnen (New York Cinematography Award – Best Underwater cinematography). In Amsterdam wird er noch einmal nominiert. Im heurigen Sommer hatte ich viele Aufträge in der Werbebranche.«

Engagement und klare Erwartungen
Gregor Franz: »Ich komme durch Mundpropaganda und durch mein Eigeninteresse immer wieder weiter. Ich bin technisch extrem versiert, weil ich mich in meiner Freizeit voll hineinwerfe, alles Mögliche lese und mich weiterbilde. Es muss aber jeder Auftrag auch persönlich passen und ich bin da potenzialorientiert in der Auswahl. Arbeit ist zwar Arbeit, aber es ist doch auch Leidenschaft, weil ich mein Hobby zu meinem Beruf gemacht habe. Arbeit gehört zum Erwachsenwerden dazu. Ich will auf eigenen Beinen stehen ohne Input von Dritten. Es ist super spannend, man erlebt so viel. Ich brauche gar nicht mehr auf Urlaub fahren, weil ich viel reise und viele Menschen, Orte, Gegenden in verschiedenen Ländern und in Österreich kennenlerne.«

Blick auf die Generation Z
Wie sieht Gregor Franz die eigene Generation? Gregor Franz: »Mein Umfeld ist primär film- und arbeitsorientiert. Wir wollen alle was tun und intensives Arbeiten ist unser Geschäft. Das macht meistens Spaß. In der breiteren Masse meiner Generation sind Chillen, Ruhe und kein Stress ein wesentliches Bedürfnis. Ich höre auch immer wieder die Frage: Warum soll ich arbeiten? Meine Hypothese ist, dass viele durch die Unterstützung des Elternhauses sehr verwöhnt sind, es vielen zu gut geht. Das unterstützt, keinen Impuls zu haben etwas anzupacken. Manche träumen nur und kommen nicht in ein sinn- und nutzenstiftendes Handeln, denn das würde Arbeit bedeuten. Die Leute wollen auch mehr leben und nicht so viel arbeiten. Ich denke, dass es hier neue Modelle geben wird. Arbeit ist für mich wichtig, solange es die richtige ist. Wenn die Arbeit mal keinen Spaß macht, mache ich sie trotzdem, denn ich komme da immer ein Stück weiter. Man muss am Set sehr stressresistent sein, weil man keine Fehler machen soll oder darf. Ich versuche, Stress als gesunde Eile zu sehen und ruhig zu bleiben. Man muss immer fokussiert und hochkonzentriert sein. Wir können viel Aufregung mit einer genaueren Planung schon im Vorfeld vermeiden. Wenn man die unlustigen Situationen gut durchtaucht, kann man sich auch die coolen Dinge rauspicken, die Spaß machen, weil das Umfeld weiß, dass man es kann.«

Sinn versus Geld
Am Set ist der Druck sehr hoch. Die Tage können durchaus lang werden. Wetter, Lichtstimmungen, Uhrzeit können fordernd werden. Hört sich der Spaß und die Leidenschaft dann auch mal auf? Gregor Franz: »Es geht so lange um den Sinn, solange ich mir um Geld keine Sorgen machen muss. Momentan ist es noch so, dass solange es Spaß macht, für mich Geld zur Nebensache wird. Jedoch die Balance zwischen Wirtschaftlichkeit und Spaß muss passen. Teilzeitarbeit ist in der Filmbranche eher unrealistisch. Mich treibt es an, etwas zu schaffen, was beim Kunden gut ankommt und Bewunderung auslöst. Ich will mit meinen Bildern spannende Geschichten erzählen. Die Menschen sollen sich freuen und sagen: Das ist ein cooler Film! Mein Traum ist, bei einem Film die Kamera zu machen und dass dieser dann ein Blockbuster wird. Ein Werk zu schaffen, das weltweit Anklang findet, wäre sehr schön für mich.«

Wie kann man die Generation Z gewinnen
Gregor Franz: »Ich glaube, man muss der Generation Z eine Perspektive aufzeigen. Ziel kann nicht mehr sein, nur zu arbeiten, einen Job zu haben. Es muss Sinn machen, warum ich arbeite, wofür ich arbeite, mit wem ich arbeite. Der Raum für Freunde hat einen hohen Stellenwert. Ein freundschaftliches Umfeld im Unternehmen wird vermehrt erwartet. Stupides Arbeiten von 8 bis 17 Uhr hat ausgedient. Im Beruf mehr miteinander und gemeinsam etwas zu schaffen, wird als attraktiver empfunden. Man muss Anreize schaffen, Benefits, wie zum Beispiel, das Klimaticket. Es müssen Goodies sein, die man auch für die Freizeit nutzen kann. Die Generation braucht mehr Bestätigung. Man will sehen, dass das eigene Einbringen einen Effekt hat und man das Gefühl hat: Jawohl das war gut! Weiters wird Augenhöhe erwartet und ein Abschied vom Hierarchiedenken. Keiner will mehr das Gefühl haben, dass man selbst nur derjenige ist, der niedere Aufgaben machen muss. Die Generation Z will auch alles etwas relaxed und ruhiger angehen. Man darf oder soll sich auch ausprobieren können. Es gibt aber immer ein zeitliches Limit. Irgendwann sollte man etwas anpacken und das dann zu seiner Berufung machen. Beruf sollte eine Kombination aus Verwirklichung und Wirtschaftlichkeit sein.«

Foto: Marija KanizajDr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at

Fazit 177 (November 2021), Fazitserie »Erfolg braucht Führung« (Teil 44)

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