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Beruf: Regisseur

| 2. Mai 2022 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 182, Fazitbegegnung

Foto: Heimo Binder

Markus Mörth hat bereits in der Schule angefangen, Filme zu drehen: »Mein Italienisch- und mein Zeichenlehrer haben mir das schon in der Modellschule erlaubt.« Frühe Anerkennung etwa durch einen Schülerfilmpreis oder einen Preis der Diözese Graz-Seckau bestärkten ihn weiterzumachen und neben dem Studium der Philosophie mit dem Fächerbündel Theaterwissenschaften und Publizistik in Wien als Regieassistent am Theater Praxiserfahrung zu sammeln. Und schließlich nach München an die Hochschule für Fernsehen und Film zu wechseln, wo er 2004 mit Diplom abschloss.

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Der anschließende Zivildienst als Flüchtlingsbetreuer bei der Caritas in Graz blieb offenbar nicht ohne Einfluss auf sein Filmschaffen, das nicht zuletzt von sozialer Anteilnahme geprägt ist. So auch sein letzter Film »Im Jakotop«, ein Portrait des Grazer Bezirks Jakomini, der im Rahmen der Diagonale im Grazer Kiz-Royal-Kino vorgestellt wurde und als dokumentarischer »Heimatfilm« von der Liebe zum Bezirk zeugt, aber auch dessen Probleme aufzeigt. Pate des Films ist ursprünglich das »Café Jakomini« von Klaus Strobl, der auch stellvertretender Bezirksvorsteher von Jakomini ist; als Rahmen diente das »Kulturjahr Graz 2020« – die Pandemie verlängerte aber die Dreharbeiten auf fast zwei Jahre.

Markus Mörth ist seit 2006 freier Regisseur und Drehbuchautor, Gründer und Obmann der Drehbuchwerkstatt München-Steiermark und wurde mehrfach ausgezeichnet, etwa für seinen Film »Geschwister« oder zweimal beim Carl-Mayer-Drehbuchwettbewerb. Außerdem verfügt er über weitere Standbeine als freier Mitarbeiter bei den internationalen Hofer Filmtagen und den Münchner Filmwochen, er ist Lektor an der Karl-Franzens-Universität am Institut für Anglistik für das Ergänzungsfach Medien und er ist künstlerischer Leiter des Filmfestivals Kitzbühel: »Das ist nicht wie bei einem Studioregisseur, der zwei, drei Projekte im Jahr macht. Zu größeren Projekten komme ich nur alle paar Jahre, denn in Österreich dauert die Produktion eines Kinofilms oft bis zu fünf Jahren.« Daher arbeitet Mörth viel, macht vor allem Spiel- und Dokumentarfilme für den ORF und für Servus-TV, so etwa »Unser Wunder: Kind«, Beiträge für »Kreuz und quer« oder »Die Grazer Gruppe«. Als »Grazer Gruppe« wurden bestimmte Autorinnen und Autoren rund um die Literaturzeitschrift Manuskripte und das Forum Stadtpark bezeichnet, der Film ist Ende Mai beim »Kulturmontag« im ORF wieder zu sehen. Der Regisseur ist gut vernetzt und sein Unternehmen verfügt über genügend Ausrüstung zum unabhängigen Filmemachen. Wenn auch nicht auf »Arri«-Level gedreht wird – »so eine Kamera kostet an die 80.000 Euro« – sondern mit »Red«; diese Kameras kosten ein Vielfaches weniger. Die beeindruckenden Unterwasseraufnahmen im Augartenbad von Jakomini etwa wurden überhaupt mit einer »Go-Pro«, einer kleinen Actionkamera »um 300 oder 400 Euro« gemacht. Technik steht nicht still. Das mag mit ein Grund gewesen sein, weshalb die Produktion von »Im Jakotop« »jedenfalls unter 100.000 Euro« gekostet hat. Zu Mörths Stärken zählen authentische Interviews, für die zum einen viel Empathie notwendig ist und die dann auch eine gewisse epische Breite ermöglichen – was auf der großen Leinwand besonders beeindruckend ist. Und, so die Hoffnung, die Kulturtechnik des Kinobesuchs erhalten soll.

»Man muss als Regisseur fair sein«, umreißt Markus Mörth sein Credo, »für mich ist es das Schönste, wenn die Leute, die mitspielen, auch zufrieden sind, wie sie im Film rüberkommen.« So geschehen bei der Premiere, als sie – fast – alle gekommen sind und gestrahlt haben: die Kabarettistin, die Kunstrestauratorin, der Sozialarbeiter, die Stadtplanerin, die Tröpferlbadmitarbeitin, die Volksschuldirektorin, der Kaffeehausbesitzer und der Zeitungsverkäufer vom Jakominiplatz. Das hat Markus Mörth mit seinem Film über den bevölkerungsreichsten Bezirk der Stadt geschafft: Er zeigt, es gibt Hoffnung. Wenn man aufeinander zugeht und schaut, wie man gemeinsam leben kann. Kino kann viel. So auch das vergangen geglaubte Motto des Kulturjahres 2020 »Wie wir leben wollen« ein bisschen weniger vergänglich machen.

Markus Mörth wurde am 13. 9. 1973 in Graz geboren und hat eine Schwester. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Sein Vater führte ein vom Großvater gegründetes Fachgeschäft für Flüssiggas in der Schönaugasse. Nach der Matura an der Hib-Liebenau machte er ein Diplom an der Filmhochschule München, seither ist er freier Regisseur und Drehbuchautor sowie Lektor. Sein letzter Film »Im Jakotop« läuft gerade im Kino und es gibt ihn demnächst auch auf DVD.   markusmoerth.com   jakotop.at

Fazitbegegnung, Fazit 182 (Mai 2022) – Foto: Heimo Binder

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