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Zuwendung als Prinzip

| 3. August 2022 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 185, Fazitbegegnung

Foto: Marija Kanizaj

Würden Arbeitspsychologie und Philosophie den Begriff Multitasking nicht so kritisieren, könnte man versucht sein, ihn auf Christian Lagger anzuwenden. Grundsätzlich ist er seit mehr als zehn Jahren Geschäftsführer des Krankenhauses der Elisabethinen in Graz.

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Seit einigen Jahren ist er auch Sprecher der Elisabethinen von ganz Österreich. Seit dem Vorjahr ist er Präsident des Internationalen Forschungszentrums für soziale und ethische Fragen (IFZ) in Salzburg und er ist Vorsitzender der österreichweiten ARGE Ordensspitäler – von denen es 23 Häuser mit 26.500 Mitarbeitern gibt, die pro Jahr 1,9 Millionen Patienten betreuen und als Gruppe der größte Spitalsträger in Österreich sind. Jedes fünfte Spitalsbett steht in einem Ordensspital, insgesamt sind das 7.808 Betten.

Zugleich ist er Sprecher der österreichischen Ordensspitäler. Außerdem Lehrender für Managementtheorie an der FH Joanneum und an der Karl-Franzens-Universität sowie Unternehmens- und Führungskräfteberater. Aber – Christian Lagger macht die Dinge nicht gleichzeitig, daher ist er auch kein Multitasker, sondern er macht sie richtig. Da man mit ihm im wahren Sinn des Wortes über Gott und die Welt sprechen kann, habe ich ihn so selbstverständlich wie blauäugig auch gefragt, wie das geht. Soweit ich verstehen konnte, hilft ihm dabei Folgendes: Es ist kein Nachteil, umfassende Bildung genossen zu haben – in seinem Fall Studien der Theologie, Philosophie und Business Administration. Es ist von Vorteil, das zu leben, woran man glaubt – ein franziskanisches Prinzip lautet, Aufmerksamkeit für sein Gegenüber aufzubringen, was gerade in einem Krankenhaus angemessen und wohltuend ist. Auch die – heute zwölf – Ordensschwestern der Elisabethinen, die seit mehr als 330 Jahren in Graz vertreten sind, folgen der Franziskanerordensregel. Hilfreich auch ist Laggers Auspruch: »Wenn man wo ist, muss man ganz dort sein.« Will heißen, auf das Hier und Jetzt konzentriert sein und nicht schon an die nächsten Aufgaben denken.

Als Philosoph weiß Christian Lagger natürlich, dass die Sentenz »Wissen ist Macht« von Francis Bacon ist, als Theologe und Krankenhausmanager wandelt er sie aber ab und sagt: »Zur Bewältigung von Problemlagen ist nur geteiltes Wissen Macht.« – Was er auch als Präsident des IFZ so sieht, das sich im Grunde mit der Frage beschäftigt, was die Bedingungen für ein gutes Leben sind. Weitergedacht stellt sich die Frage, in welcher Gesellschaft Menschen leben möchten – in einer liebevollen, fürsorglichen oder in einer, wo es »einfache Lösungen« gibt. Das kann man etwa auf Krisenzeiten beziehen – Stichwort Pandemie – oder auch auf die seit Jahresbeginn in Österreich erlaubte Sterbehilfe, den »assistierten Suizid«, wie Lagger es nennt. »Es steht uns nicht zu, ein Urteil über Menschen zu fällen, die sich das Leben nehmen. Als Ordensspitäler haben wir aber den Auftrag, Menschen zu helfen, damit sie diesen Schritt nicht gehen müssen. Wir verstehen uns als Orte des Lebens, wo es auch verläßlichen Schutz gibt, denn Prinzip der Ordensspitäler ist die Zuwendung.«

Im Zuge der Kooperation mit den Barmherzigen Brüdern werden medizinische Bereiche getauscht und konzentriert, und ab 2025 kehrt auch jener Teil der insgesamt 700 Mitarbeiter der Elisabethinen, der jetzt am zweiten Standort in Eggenberg ist, wieder in die Elisabethinergasse zurück, die bis dahin um rund 55 Millionen Euro mit viel Holz umgebaut sein wird. Und wo künftig ein Schwerpunkt auf Altersmedizin gelegt wird. »Wir dürfen nicht am Bedarf vorbeiplanen«, sagt der Profi Christian Lagger, denn er weiß, dass in 20 Jahren 40 bis 50 Prozent aller Über-65jährigen Steirer in Graz und Graz-Umgebung leben werden.

Christian Lagger wurde am 17. Mai 1967 in Paternion/Feistritz in Kärnten geboren, er ist verheiratet und hat vier Kinder. Der KAC- und Sturmfan studierte Theologie, Philosophie und Business Administration, war einige Jahre Lehrer, Referent in der Katholischen Hochschulgemeinde, Assistent an der Uni und für neun Jahre bischöflicher Sekretär bei Diözesanbischof Egon Kapellari, bevor er Leiter des Elisabethinen-Krankenhauses wurde. Als Bergfex und Läufer urlaubt er seit 32 Jahren im Defreggental und geht in Kürze zum fünften Mal auf den Großglockner.

Fazitbegegnung, Fazit 185 (August 2022) – Foto: Marija Kanizaj

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