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Hat die Arbeit noch Zukunft?

| 27. Dezember 2022 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 189, Serie »Erfolg braucht Führung«

Unsere Lebenswelt im Wandel. Carola Payer im Gespräch mit den Kindern Jonas, Mona und Lilly. Alle drei also aus der »Generation Alpha«.

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Fast jedes Unternehmen kann in den letzten Jahren ein Lied davon singen: Die Einstellung zu und die Vorstellung von Arbeit ist im Wandel. Der Arbeitgeber wird zum Lebensabschnittspartner. Auf immer und ewig sicher im Hafen einer Organisation zu sein, ist nicht mehr das primäre Ziel. Durchschnittlich identifizieren sich 52 Prozent mit ihrem Arbeitgeber, bei den unter 30-Jährigen sind es angeblich nur mehr 32 Prozent. Das liegt eventuell daran, dass bei der jüngeren Generation eine größere Individualisierung stattfindet, im Sinne von: »Ich bin nicht nur mein Job.« Die logische Konsequenz, nach der Ausbildung automatisch in einen Beruf zu gehen, ist auch nicht immer gegeben. Arbeit ist für einige nicht mehr erstrebenswert. Für viele Menschen ist die Geschwindigkeit – »Alles muss schnell« gehen – erschöpfend und ermüdend. Viele Unternehmen beklagen, zu wenig Interesse an Führungspositionen oder an bis vor kurzem noch attraktiven Karrieremöglichkeiten.

Viele Fragen entstehen
Wollen die jüngeren Generationen nicht mehr arbeiten? Wollen sie keine Verantwortung übernehmen? Wollen Sie nur Freizeit? Brauchen Sie kein Geld? Wollen Sie nicht mehr in der Art von Unternehmen arbeiten, die wir die letzten 50 Jahre aufgebaut haben? Sind Sie faul? Was rennt falsch? Wollen alle Influencer werden? Wieso streben viele Menschen in die Frühpension, die vor Jahren nicht an frühes Aufhören dachten? Wo ist die Arbeitsmoral? Was führt dazu, dass die Work-Life-Balance oft an erster Stelle steht?

Paradigmenwechsel in der Arbeitswelt
Alle oben angeführten Fragen entstehen mit der Brille unserer bisherigen Arbeitswelten. Sie betrachten die zukünftige Arbeitsgeneration als defizitär. Um in ein neues Wirtschaften zu kommen, müssen bisherige Konzepte in Frage gestellt werden und es erfordert viel Austausch mit den jungen Generationen. Das Verständnis zwischen den Generationen muss gefördert werden. Weiters zahlt es sich aus, Hypothesen zu generieren, wie der neue Blick auf Arbeit von jungen Menschen entstanden ist. Waren wir als Eltern Vorbilder? Haben die Medien so einen starken Einfluss? Wodurch wurde der Wunsch nach mehr Individualisierung und Flexibilität gefördert?

Differenzierung Beruf(ung), Arbeit und Arbeitsumfeld
Es bedarf in diesem Thema einer Differenzierung von Beruf bzw. Berufung, das Verständnis was Arbeit ist, und Erwartungen an ein Arbeitsumfeld. Selbst die Generation »Alpha«, geboren nach 2010, kann hier differenzieren. Jonas, der in die 4. Volksschule geht, versteht zum Beispiel Arbeit als Pflicht oder körperliche Anstrengung. Jonas: »Schreiben oder rechnen und Hausübung machen ist für mich Arbeit. Zuhause ist für mich Arbeit, wenn ich Holz für das Lagerfeuer aus dem Wald holen muss. Das bestätigt auch Mona, die auch die 4. Volksschule besucht: »Für mich ist Arbeit, wenn ich für die Schule lerne. Zuhause ist Arbeit, wenn ich das Zimmer sauber mache, Staub sauge oder im Garten arbeite.« Lilly, die das 1. Gymnasium besucht, sieht sowohl Spaßfaktoren als auch Anstrengung in der Arbeit für die Schule. Geschirrspüler ausräumen und Hausarbeit ist aber auf jeden Fall Arbeit. Bei der Frage, ob Arbeit auch Spaß macht, werden folgende Kriterien definiert: Jonas: »Glaube schon, weil man eine Beschäftigung hat, und dann ist einem ja nicht langweilig. Sonst ist mir fad. Spielen ist lustig, aber nicht immer.« Mona: »Nur wenn man einen Beruf hat, den man gerne macht, wird es sicher Spaß machen. Man sollte viel ausprobieren, um das Richtige zu finden.«

Lilly: »Es könnte schon Spaß machen, aber kann auch anstrengend sein. Manchmal ist es lustig, wenn man was gut kann und es dann einsetzen muss. Mathe macht zum Beispiel Spaß, weil ich es kann.« Trotz des kindlichen Alters gibt es schon Vorstellungen zum Beruf. Jonas: »Ich möchte mal Bauer werden. Meine Oma hat einen Bauernhof. Da arbeite ich öfters mit. Ich füttere Kühe und Schafe und muss den Stall ausmisten. Wir tun die Milch an die Kälber verteilen. Eishockeyspieler wäre auch noch was, was mir taugen würde. Das mache ich gerne. Ich spiele momentan den rechten Flügel.« Mona: Ich habe immer sehr viele Ideen. Momentan will ich Buchautorin werden. Ich habe schon ein kleines Buch geschrieben und das macht mir enorm viel Spaß. Für das Schreiben brauch ich Ruhe.« Lilly: »Das weiß ich noch nicht so richtig, aber ich denke eher was Kreatives, weil ich nicht so lange am PC sitzen möchte.« Nur im Homeoffice zu sitzen, betrachtet diese Generation noch nicht als erstrebenswert, da sind sich alle einig. Jonas: »Die Zeit im Schul-Homeoffice war nicht lustig und der Kontakt mit meinen Freunden hat mir schon sehr gefehlt.« Mona: »Wir sind uns alle auf die Nerven gegangen..« Lilly: »Es war richtig anstrengend, nur vorm PC zu sitzen und Onlineunterricht und Schule zu haben.«

Berufe, die wahrgenommen oder benannt werden können
Ein interessanter Aspekt ist, dass die befragten Kinder leichter und exakter die Berufe ihrer Eltern benennen konnten, mit denen sie selbst schon Kontakt hatten, wie zum Beispiel Lehrerin und Fotografin. Rollen in Konzernen können sie nicht benennen. Hier sehen sie eher den Prozess der Arbeit. Jonas: »Papa macht so Pläne für andere Firmen. Die anderen Firmen bauen das dann nach den Plänen, die er gezeichnet hat.« Mona: »Was mein Papa macht, das weiß ich nicht so genau, aber ich glaube, er stellt Autoteile zusammen.« Lilly: »Papa arbeitet in der Firma, die irgendwas mit Papiermaschinen macht. Er arbeitet viel vorm Computer und muss auch in andere Länder reisen, aber nur für wenige Tage.« Eventuell auch ein guter Hinweis für »Employer Branding« und den Bedarf, zukünftige Generationen mit verschiedenen Berufsbildern in Berührung zu bringen. Unsere Wahrnehmung wird stark beeinflusst von dem, was wir bis jetzt erfahren haben. Das wird wahrscheinlich noch zu sehr unterschätzt. Ob Handwerk oder Studium, auch hier haben die jungen Interviewten schon Ideen. Jonas: »Eher Handwerk. Ich werke gerne, vor allem mit Holz.«

Mona: »Studieren wäre meines. Ich bin kein Handwerker. Ich lerne eigentlich sehr gerne. Ich habe seit drei Jahren alles Einser.« Lilly: »Ich würde gerne Tierärztin werden, da muss ich studieren. Ich möchte gerne helfen. Aber da bin ich mir nicht sicher, ob ich Menschen oder Tieren helfen möchte. Aber meine Wünsche ändern sich ja oft.«
So wie diese jungen Menschen, gilt es heute bei jedem, viel stärker das Potenzial und das eigene Feld für eine sinnstiftende Tätigkeit zu finden. Konfuzius soll es einst auf den Punkt gebracht haben: »Wähle einen Beruf, den du liebst, um keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten.« Es steht in unserer Gesellschaft wahrscheinlich mehr als zuvor an, mit offenen Augen und Ohren auf unsere neuen Generationen zu zu gehen und Sie dabei unterstützen, ihre Sinnfelder zu finden sowie Berufe wieder positiver zu besetzen. Wie auch die jungen Befragten bestätigten: »Wenn es Spaß macht und ich es gut kann, ist es keine Arbeit.«

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Foto: Marija KanizajDr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at

Fazit 189 (Jänner 2023), Fazitserie »Erfolg braucht Führung« (Teil 56)

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