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Fazitthema Bürokratie

| 28. Februar 2023 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 190, Fazitthema

Immer stärker verirrt sich das Land im Dschungel der Paragrafen und Verordnungen. Die ausufernde Bürokratie hemmt wirtschaftliches Wachstum und schikaniert die Bürger. Dennoch ist sie unverzichtbar. Text von Johannes Roth

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Bürokratie: das französische Wort für „schwerer Stoff“ – bureau – und ein Wortbestandteil aus dem Altgriechischen: -kratie, also „Herrschaft“. Mit bureau ist jener schwere Filz gemeint, der früher zur Bespannung verwendet wurde, um Tintenflecke auf dem Holz der Schreibtische in den Amtsstuben hintanzuhalten. Seit dem 18. Jahrhundert hat sich das Wort Büro als Bezeichnung für ebendiese Amtsstuben eingebürgert, in denen die Beamten sitzen, die das Staats- und Gemeinwesen administrieren: die Bürokraten. Denn die Beamten sind die wahren Herrscher des Landes. „Mir ist egal, wer unter mir Minister ist“, soll einmal ein Sektionschef gesagt haben. Regierungen kommen und gehen, hieß es früher, doch der Beamte bleibt – was übrigens den Sinn der Beamten-Pragmatisierungen, also der Unkündbarkeit von Beamten, erklärt. Beamte sorgen seit jeher dafür, dass der Staat funktioniert. Doch zurück zur Bürokratie: Das Wort wurde erstmals Mitte des 18. Jahrhunderts geprägt: Ein gewisser Jean Claude Marie Vincent, Marquis de Gournay, seines Zeichens Wirtschaftswissenschaftler und Nationalökonom, war jener Mann, der erstmals die Bürokratie als Begriff definierte.

Die Bürokratie ist notwendig
Bevor wir uns aber dazu hinreißen lassen, uns mit den unangenehmen Auswüchsen dieses per se unangenehmen Phänomens zu beschäftigen, wollen wir zunächst eine freundliche Begriffsdefinition versuchen. Dazu lehnen wir uns an jene des deutschen Soziologen Max Weber an, der immer wieder zitiert wird, wenn es darum geht, das positive Wesen der Bürokratie zu beschreiben. Die Wiener Zeitung schreibt über Weber: „Im bürokratischen Prinzip sieht er die ‚formal rationalste Form der Herrschaftsausübung‘, die ‚für die Bedürfnisse der Massenverwaltung heute schlechthin unentrinnbar‘ sei. Man habe nur die Wahl zwischen ‚Bürokratisierung‘ und ‚Dilettantisierung‘ der Verwaltung.“ Tatsächlich ist das Funktionieren des Staatswesens zu einem guten Teil auch der Etablierung bürokratischer Strukturen geschuldet – gerade im deutschen Sprachraum: Wo früher einzelne Fürstentümer einzig durch den jeweiligen Monarchen lose miteinander verbunden gewesen waren, wurde in ihnen durch die Bürokratie zunächst das Gemeinwesen vereinheitlicht. Das führte dann zu stärkerer Verbundenheit untereinander, größeren Gebietseinheiten und damit in letzter Konsequenz zu modernen Staaten. Voraussetzung dafür, dass diese Staaten administrierbar wurden, waren Normenwerke, die wiederum von einer Heerschar an Beamten exekutiert wurden.

Das moderne Beamtentum hat seine Wurzeln in der Donaumonarchie. In diesem Vielvölkerstaat waren Bürokratie und Beamtenwesen untrennbar miteinander verbunden; sie sind es noch heute. Weder Staat noch Länder oder Gebietskörperschaften kommen ohne Beamte aus. Der öffentliche Dienst umfasst eine breite Palette an Berufsgruppen, angefangen bei den Ministerialbeamten über das Bundesheer, die Polizei, Lehrerschaft, Justiz, Kammern oder die Post bis hin zu den Förstern oder den Bereitern im Lipizzanergestüt Piber. Nicht zufällig ist die Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD) mit ihren rund 250.000 Mitgliedern knapp nach der GPA die zweitgrößte Gewerkschaft Österreichs. Nicht alle Personen, die direkt oder indirekt vom Staat beschäftigt werden, sind übrigens Beamte, dennoch: Der Staat, also Bund, Länder und Gemeinden, ist der bei weitem größte Arbeitgeber des Landes. 781.000 Beschäftigungsverhältnisse führt der Personalbericht des Bundes (2021) an, in Summe kommt man auf 361.400 Vollbeschäftigungsäquivalente (VBÄ). Der Bund beschäftigt davon 135.840 VBÄ, die Länder 146.695 VBÄ und die Gemeinden 78.865 VBÄ. Jeder sechste Erwerbstätige in Österreich (16,7 %) steht im öffentlichen Dienst.

Die Bürokratie ist teuer
Es sind eine Menge Menschen, die sich damit beschäftigen, dass alles seinen Gang geht. Recht und Ordnung kosten natürlich: Von den 217,4 Milliarden Euro, die der Gesamtstaat im Jahr 2020 ausgegeben hatte, waren immerhin mehr als ein Drittel (35,3 %) Sach- und Personalaufwand. Am meisten Geld für Personalkosten wird davon anteilsmäßig im Bildungswesen (29,2 %) ausgegeben, danach kommt das Gesundheitswesen (23,9 %) und gleich danach schon die „Allgemeine Öffentliche Verwaltung“ (14,8 %). Die Gehälter im öffentlichen Dienst steigen zwar schneller als die in der Privatwirtschaft, sind aber nicht wirklich besser. Wer im Staatsdienst gut verdienen will, der versucht, einer von etwa 3.000 Staatsanwälten oder Richtern zu werden: Das Medianeinkommen (!) beträgt hier rund 95.000 Euro. Gute Chancen auf ein gutes Gehalt hat man hier übrigens auch als Frau: Der Frauenanteil in dieser Berufsgruppe liegt bei 56,7 %.

Das oberste Dezil aller Beamten verdient in der Pension immer noch 65.000 Euro brutto im Jahr. Das Medianeinkommen der pensionierten Arbeiter und Angestellten ist davon weit entfernt. Wie überhaupt die Unterschiede zwischen einem „normalen“ Angestellten und einem Beamten nicht nur hinsichtlich der Entlohnung, sondern auch dienstrechtlich erheblich sind. Grund zum Neid ist dennoch nicht gegeben. Denn das Geld im öffentlichen Dienst ist sauer verdient und steht der Mühe, die sich die überwiegende Mehrzahl der Beamten in der Erledigung ihrer Aufgaben gibt, kaum entgegen. Allen Erfolgen um die Servicequalität des Beamtentums zum Trotz werden die früher massiven Privilegien seit Jahrzehnten Stück für Stück abgebaut; das Bestreben, die Verwaltung „schlank“ zu halten, korreliert nicht ansatzweise mit dem Anstieg der Gesetze und Verordnungen. Zahlen, die die Agenda Austria in diesem Zusammenhang erhoben hat, lassen keinen Zweifel am Ausufern der Bürokratie in Österreich: „Waren im Jahr 1970 noch rund 8.400 Paragrafen oder Artikel von Bundesgesetzen aktiv, stieg diese Zahl im Jahr 2021 auf knapp 56.000. Bei Verordnungen sieht dieser Trend ähnlich aus: Im Jahr 1970 lag deren Anzahl bei rund 2.800, im Jahr 2021 bei 38.400.“ Die zahllosen Richtlinien, Verordnungen und Vorschriften der Europäischen Union und das sinnlose Bestreben, sie überzuerfüllen, sind da noch dazuzurechnen, wie auch die internen Richtlinien, Vorschriften, Dokumentations- und Berichtspflichten in privatwirtschaftlich geführten Unternehmen, seien sie nun – wie etwa der ORF, Banken oder Versicherungen – einer staatlichen Aufsicht unterworfen oder nicht.

Die Bürokratie ist und bleibt ein Monster.
Treiber der Bürokratie in Österreich sind neben dem heimischen Föderalismus – der anders als in Deutschland oder der Schweiz eher schwerfällig und ineffizient gehandhabt wird – auch die Bundesministerien. Laut Agenda Austria am strengsten reguliert ist der Bereich Arbeit (1.180 Verordnungen seit dem Jahr 2004), danach kommen Gesundheit (1.083), Umwelt (690), Soziales (674), Wirtschaft (646) und schließlich Familie (324). Aber nicht nur die hoheitliche Verwaltung erzeugt bürokratische Hindernisse, sondern auch eine Vielzahl an längst überholten Formalien, die in krassem Widerspruch zu den digitalen Möglichkeiten und Gewohnheiten stehen – Stichwort „Gewerbeordnung“. Diese war einst als Instrument gedacht, um die Rechte und Pflichten in der Ausübung der unterschiedlichen Gewerbe in den Staaten der Donaumonarchie zu vereinheitlichen. Mittlerweile ist sie völlig überfrachtet und trotz gegenteiliger Behauptungen und zahlreicher Entrümpelungsversuche ist sie immer noch vom Protektionismus geprägt. Dadurch gehört Österreich zu jenen Ländern in Europa, in denen es besonders schwierig ist, ein eigenes Unternehmen zu gründen.

Der Fall Uber oder die Bürokratie als Innovations- und Wettbewerbsbremse
Wie die Gewerbeordnung Innovation und Wettbewerb bremst, wird am Beispiel des Fahrdienstes Uber deutlich. Beim banalen Geschäftsmodell von Uber geht es nur darum, eine Person für ein paar Euro von A nach B zu transportieren und die selbstständigen Uber-Fahrer mit Hilfe einer Handy-App mit Fahrgästen zu matchen. Obwohl das weder einer großen intellektuellen Kraftanstrengung bedarf noch besonders risikoreich ist, erfordert es eine Reihe von Berechtigungen. Die Uber-App vermittelt die Fahraufträge, definiert den Fahrpreis und kontrolliert die Abrechnung. Sie funktioniert weltweit gleich und vereinfacht die Dienstleistung im Vergleich zum Taxi enorm. Der Fahrgast kommt zu einem vorher ausgemachten Fahrpreis, in einer Fahrzeugklasse seiner Wahl ohne Umwege ans Fahrziel. Er weiß beim Einsteigen, wie lange die Fahrt dauern wird, muss keinem Taxifahrer den Weg zum Fahrziel erklären und muss sich auch nicht um den Fahrpreis sorgen. In Österreich brauchte Uber zunächst eine Reisebüro-Gewerbeberechtigung, bald musste jeder Fahrer die Gewerbeberechtigung für Taxifahrer vorweisen können. Die ist keine bloße Formalie. Man muss sich den Taxischein verdienen: Zuerst muss ein Antrag auf Berechtigung eingebracht werden. Dann muss man eine Taxilenkerprüfung bestehen – denn der B-Führerschein reicht nicht. Dazu muss man in der Steiermark einen 430 Euro teuren Abendkurs beim WIFI besuchen. Und erst wenn man diesen Kurs nachweislich erfolgreich bewältigt hat, kann man sich zur Prüfung bei der Wirtschaftskammer anmelden. Der angehende Taxifahrer muss dazu einen äußerst umfangreichen Fragenkatalog auswendig lernen, der zum überwiegenden Teil aus Informationen besteht, die jedes Smartphone z. B. über Google Maps in wenigen Sekunden geben kann. Wenn man dann die Prüfung abgelegt hat, den Nachweis über Deutschkenntnisse und die Vollendung des 20. Lebensjahres erbracht hat, erhält man den Taxischein. Der berechtigt dann den Uber-Fahrer dazu, einen Fahrgast an sein Ziel zu bringen. In Wien gilt dieser jedoch nur für das Stadtgebiet, denn in den anderen Bundesländern müssten wieder eigene Taxischeine gelöst werden. Und natürlich sind Uber-Fahrer, die überall sonst ihren Fahrpreis selbst bestimmen können, hierzulande an den Taxitarif gebunden. Der ist in jedem Bundesland anders gestaltet, in Wien wurde er daraufhin gleich einmal um 14 Prozent erhöht. Dieser Preis kann nun von Uber um jeweils 20 Prozent über-oder unterboten werden. Parallel dazu wurde die Gewerbeordnung novelliert. Sie schreibt jetzt für Mietwagenfahrer dieselben Voraussetzungen wie für Taxifahrer vor und war notwendig geworden, weil nicht ganz klar war, ob die von Uber vermittelten Fahrten nun dem Mietwagen- oder dem Taxigewerbe zuzuordnen waren. Die Folge: In Wien sind Taxis jetzt Mangelware, da viele Fahrer, die nur die Gewerbeberechtigung „Mietwagenfahrer“ innehatten, wegen mangelnder Deutschkenntnisse an der Taxiprüfung scheiterten. Und vielen Gelegenheitsfahrern wurde ohne Not eine niederschwellige, flexibel abrufbare Einkommensquelle entzogen, die auch Menschen mit sehr niedrigem Bildungsniveau offenstand. Für den Fall, dass Sie den Faden verloren haben: Es geht immer noch um eine App, die Fahrer und Fahrgäste mit einem konkurrenzlosen Service aneinander vermittelt.

Spießrutenlauf Staatsbürgerschaft und Justiz
Bürokratische Schikanen werden aber nicht nur von der Wirtschaft genutzt, um Konkurrenz zu verhindern und den Wettbewerbsdruck zu senken. Auch der Staat nutzt sie, etwa um das Erlangen der Staatsbürgerschaft zu erschweren. Nur wer 10 Jahre ununterbrochen in Österreich gelebt hat, wer ein Einkommen von 1.000 Euro (nach Abzug der Fixkosten), ausreichende Deutschkenntnisse, einen positiven Staatsbürgerschaftstest und einen einwandfreien Leumund vorweisen kann, darf sich Hoffnungen machen. So weit, so gut – die Staatsbürgerschaft ist ein Privileg, das verdient werden will. Wenn jedoch integrierte Leistungsträger, die alle Voraussetzungen erfüllen, schon daran scheitern, dass sie keinen Termin zur Einreichung ihres Antrages erhalten, oder dass der Fristenlauf ständig neu beginnt, weil sie ein paar Wochen im Ausland waren, so ist dies nur mehr schwer zu rechtfertigen.

Auch in der Verwaltung herrscht Personalmangel. Das lässt die Bürokratie unangenehm werden und führt zu extrem langen Verfahren. Bekannt für ihre absurd langen Verfahrensdauern ist die österreichische Justiz. Der Allgemeinheit sind vor allem die langen Asylverfahren, aber auch die „Promi-Verfahren“, mit denen die WKStA immer mehr Amtsträger quält, bekannt.

Der Personalstand der Richter und Staatsanwälte steigt zwar seit einigen Jahren kontinuierlich an – aber viel zu langsam. Im Vergleich zu 1999 ist diese Berufsgruppe um knapp 29 Prozent bzw. 664 VBÄ angewachsen. „Gründe für den Anstieg waren unter anderem die Neugründung des Asylgerichtshofes im Jahr 2008 mit rund 70 Richterinnen und Richtern sowie des Bundesverwaltungs- und Bundesfinanzgerichts im Jahr 2014. Des weiteren wurde ein Schwerpunkt zur Bekämpfung von Korruption und Wirtschaftskriminalität gesetzt, der eine Verstärkung erforderte“, ist dem Personalbericht des Bundes (2022) zu entnehmen. Aller-
dings stieg die Zahl der zu bearbeitenden Fälle im Asylwesen überproportional schnell, während die Personalstandszahlen auf niedrigem Niveau gleichblieben. Die letzte deutliche Zunahme fand von 2013 auf 2014 statt. Allein zwischen 2013 und 2015 hatten sich die Asylantragszahlen jedoch vervielfacht: War man bei der Planstellenbesetzung für den Asylgerichtshof noch von den Antragszahlen von 2007 (12.000 Anträge) ausgegangen, beantragten bereits 2014 etwa 28.000 Menschen Asyl. Im Jahr 2015 waren es 88.340. Dass der Asylgerichtshof just 2014 aufgelöst worden und mit dem ebenfalls aufgelösten Bundesvergabeamt und anderen Behörden in das neu geschaffene Bundesverwaltungsgericht aufgegangen war, erleichterte die Abarbeitung weder fachlich noch administrativ. Im Vorjahr haben übrigens 109.000 illegal eingereiste Migranten einen Asylantrag gestellt. Unangenehme Konsequenzen haben – milde gesagt – die langen Verfahrensdauern auch für Menschen, die ins Visier der WKStA geraten. Die ohnehin schon schwierig zu führenden Ermittlungsverfahren werden in solchen Fällen von einem Berichtswesen begleitet, das geeignet ist, sie ad infinitum in die Länge zu ziehen. Betroffene werden hier durch die ausufernde Bürokratie, die sie ja eigentlich vor Willkür schützen soll, an den Rand ihrer psychischen und finanziellen Kräfte getrieben.

Die Bürokratie durchdringt alle Lebensbereiche
Die bürokratische Lust am Demotivieren und Erschweren begegnet uns überall. Wer sich etwa in der Gastronomie einmal näher mit der Hygieneverordnung und den damit einhergehenden Dokumentationspflichten beschäftigt hat, der weiß: Akribisch muss aufgezeichnet werden, wer, wann womit was gereinigt hat, wo und wie Lebensmittel, Reinigungsmittel und Müll aufbewahrt werden, wie entsorgt, temperiert, kontrolliert und klassifiziert werden muss u. Ä. Wer als Journalist Einsicht in Dokumente begehrt, sieht sich – bei eindeutiger Rechtslage – einer Blockadehaltung von Behörden ausgesetzt, die jeder Beschreibung spottet. Das geht aus verschiedenen Verfahren hervor, mit denen etwa der ORF-Journalist Martin Thür sein (unbestrittenes!) Recht auf Information einklagen musste. Bürokratie lernt auch jeder Gewerbetreibende kennen, der ein Förderansuchen stellt – um die Unterlagen und Nachweise, die man hier erbringen muss, zusammenzustellen, muss man je nach Unternehmensgröße eigene Fachabteilungen beschäftigen. Oder versuchen Sie einmal, ein neues technisches Medizinprodukt (sei es auch noch so trivial), auf den Markt zu bringen: Sie werden durch ein tiefes Tal der Tränen waten. Bis Sie alle für die Marktzulassung erforderlichen Zertifizierungen erlangt haben, werden Jahre vergehen. Vollends absurd wird es aber im Bereich der DSGVO mit ihren Betroffenenrechten, die ganze Abteilungen wochenlang lahmlegen können. Und auch die Geschichte der Elektronischen Gesundheitsakte ELGA ist eine Geschichte der heimischen Bürokratie, wie überhaupt die Initiative „Digitales Österreich“ ein Musterbeispiel dafür ist, wie bürokratische Tradition einer modernen, effizienten Verwaltung im Wege steht.

Die Bürokratie fördert den Klimawandel
Ausufernde Gesetzgebung, Innovationsaversität und das bequeme Verharren in Amtsroutinen (Stichwort „Dienstweg“) sind vielerorts zur Gefahr für Wirtschaftswachstum und gesellschaftliche Weiterentwicklung geworden. Das zeigt sich nicht zuletzt in den Bemühungen, alternative Energieformen zu erschließen: Bis ein neues Kraftwerk – welcher Art auch immer – ans Netz gehen kann, vergehen von der Planung bis zum Baustart oft viele Jahre. Die dazu nötigen UVP-Verfahren sind ein Glücksspiel: Zieht man die Anzahl der zur Erreichung der CO2-Ziele notwendigen Kraftwerksbauten ins Kalkül, wird klar, dass auch bei der Erreichung der Klimaziele der bürokratischen Gebarung der Länder, Gemeinden und des Staates entscheidende Bedeutung zukommt. Das Umweltbundesamt rechnet die Verfahrensdauern schön, es geht von „mittleren“ 7,2 Monaten bis zur Erledigung eines Verfahrens aus. Die IV hingegen spricht davon, dass die „für die Energiewende dringend notwendigen Infrastrukturprojekte wie Wasserkraftwerke, Stromleitungen oder Eisenbahnlinien durch ausufernde Verfahren oftmals um viele Jahre verzögert werden.“ Nun soll das UVP-Gesetz endlich novelliert werden, doch die IV fürchtet, dass die gemeinsam mit der WKO ausgearbeiteten Vorschläge zu wenig Berücksichtigung finden könnten. „Uns geht es nicht darum, das Umweltschutzniveau abzusenken. Ohne den Ausbau von Kraftwerken, Netzen und Speichern gibt es keine Energiewende,keine Versorgungssicherheit, keine Dekarbonisierung und auch weniger Wohlstand und Arbeitsplätze“, erklärte jüngst IV-Vize-Generalsekretär Peter Koren.

Fazitthema Fazit 190 (März 2023), Foto: Adobe Stock

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