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| 11. April 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 201, Serie »Erfolg braucht Führung«

Carola Payer im Gespräch mit Andrea Vattovani über nachhaltige Architektur.

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Mit elf Jahren hat Andrea Vattovani schon Grundrisse gezeichnet. In seiner Triester Schulzeit war einer der Lehrer ein Architekt. Andrea Vattovani: »Dieser Lehrer hat mir aufgezeigt, dass die Architektur meine Welt sein wird. Wir hatten in der Schule schon außerschulisch zu dritt an architektonischen Projekten gearbeitet. Das war damals eine sehr spannende Zeit.« Nach dem Abitur entschied sich Andrea Vattovani, Architektur zu studieren. Genau als dieser Wunsch entstand, öffnete eine Universität für Architektur in seiner Heimatstadt Triest ihre Pforten. Trotzdem wollte er gerne in einer anderen Stadt studieren. Es waren zwei ausländische Architekten, ein Schweitzer, Luigi Snozzi, und ein Österreicher, Peter Lorenz aus Innsbruck, die ihm sehr imponierten und ihn auch sehr geprägt haben. Nach Besuchen der Universität Innsbruck, einer Universität in Holland und der Universität Graz entschied er sich für Graz. Der lockere Umgang zwischen Studenten und Professoren passte gut zu seiner italienischen Mentalität. Weiters war Graz damals noch eine Top-Universität in Architektur in Europa und er fand die Idee gut, gleich Deutsch dadurch zu lernen. Sein Plan war ursprünglich, hier das Studium zu absolvieren und dann nach Triest zurückzukehren. Aber es kam anders. Nach dem Architektur-Diplom hat er acht Jahre am Institut für Städtebau unterrichtet und Graz wurde zu seinem Wirkungs- und Lebensumfeld.

Von der Sprachlosigkeit zum sympathischen Netzwerker
Andrea Vattovani wirkt im Gespräch inspirierend, empathisch und sympathisch. In der Zwischenzeit bewegt er sich in vier Sprachen durch seine von ihm aufgebauten Netzwerke. Andrea Vattovani: »Die größte Herausforderung in der Anfangszeit in Graz war es, Leute kennenzulernen und Freunde zu finden. In dieser Zeit habe ich mich sehr einsam gefühlt. Sich zu integrieren und die Sprache zu lernen war eine echte Hürde. Heute allerdings bin ich ein extremer Netzwerker geworden. Die deutsche Sprache habe ich in 2 Semester beim Vorstudium Lehrgang Deutsch gelernt, wo ich Menschen aus allen Nationen kennengelernt habe. Ich habe zu dieser Zeit erst erkannt, dass ich Sprachen relativ schnell lernen kann.«

Vom Studenten zum professionellen kundenorientieren Unternehmer
Andreas Vattovani ist mit seinem Büro mit 10 Mitarbeitern weiter auf Expansionskurs. Seit 2016 logiert er in der Grazer Innenstadt. Seit damals konzentriert er sich darauf, Projekte für das Unternehmen zu akquirieren. Zwei Mitarbeiter managen das Büro und die Projekte. Stetige Kommunikation wird großgeschrieben. Andrea Vattovani: »Wir starten die Woche immer mit einem Jour fixe, wo die wichtigsten Termine und Aufgaben besprochen oder zugeteilt werden. Mario und Igor checken alles im Büro. Ich bin sehr froh, dass die zwei mir den Rücken freihalten. Sie machen das wirklich großartig. So kann ich mich auf das Networking und die Akquise konzentrieren. Es war eine sehr wichtige Entscheidung, hier Verantwortung wirklich abzugeben, um langsam und stetig zu wachsen und die richtige Struktur für das Abwickeln der Projekte mit unseren Kunden und für das ganze Behördenmanagement zu haben.«

Bedürfnisorientierter Dienstleister statt Architektur mit Vattovani-Stempel
Andrea Vattovani: »Uns ist es nicht wichtig, unseren Projekten unseren ganz charakteristischen Stempel aufzudrücken. Das Projekt muss den Erwartungen und Bedürfnissen der Kunden entsprechen und gut in das Umfeld, die Umwelt und örtlichen Gegebenheiten passen. Jedes Projekt ist daher die Antwort auf die Identität eines Stadtteils, einer Kultur oder der Landesidentität. Eine individuelle und einzigartige Anpassung an die Umgebung macht uns Freude. Wir gehen auch sehr respektvoll mit den Bausubstanzen um. Die wichtigste Zutat in der Kundenbeziehung ist Vertrauen. Unsere Kunden schätzen meine Art, Beziehungen zu gestalten, und meine Ehrlichkeit. Ich verspreche nichts, was ich nicht halten kann. Wir versuchen, die Projekte mit 360 Grad zu verstehen: Exzellente Architektur, gutes Behördenmanagement, Einhalten von Deadlines und Budget sind wesentliche Faktoren. Wir freuen uns sehr über die Preise, Auszeichnungen und Awards, die wir in London, Slowenien, Österreich und in den arabischen Ländern gewonnen haben. Wir machen in erster Linie geladene Wettbewerbe.«

In die Zukunft mit interdisziplinären Projektteams und nachhaltiger Architektur
Die Wohnungsnachfrage ist nach wie vor gegeben. Die Regierung ist gefordert, Maßnahmen auf den Weg zu bringen, um Projekte umsetzbar zu machen. Die derzeitige Form von Kreditvergaben bremst die Bauwirtschaft. Eigentumswohnungen müssen erst wieder für die Menschen leistbar gemacht werden. Die Branche wird derzeit konfrontiert mit hohen Preissteigerungen, komplexeren Kostenstrukturen und mehr Wunsch nach Nachhaltigkeit. Auch die Anforderungen bei Sanierungen werden immer anspruchsvoller. Andrea Vattovani: »Wir nutzen zum Beispiel gerne Ziegel mit Innendämmung. Also keine herkömmliche Dämmung mit »Plastik«. Das ist nachhaltig und umweltschonender. Bei jedem Projekt arbeiten wir mit einem Team aus Spezialisten, wie zum Beispiel Bauphysikern, zusammen. Somit wird die Qualität der Ausführung und Umsetzung noch einmal gesteigert.« Ständiges Lernen ist im Büro ein Selbstverständnis. Interne und externe Spezialisten, externe und interne Fortbildungen, Erkenntnissen aus den Projekten, Inputs aus anderen Branchen und Themenbereichen, regen die Schaffenskraft des Teams an. Erfahrungen zu teilen und lessons learned aus Projekten ist Teil der Kultur.

Multikulturelles Team, Teamspirit und Recruiting der Generation Z
Andrea Vattovani: »Ich arbeite sehr gerne mit jungen Architekten. Sie sind motiviert und wir können ihnen unseren 360 Grad Architektur Spirit gut vermitteln. Unser Arbeitsklima ist sehr gut und wir haben wenig Fluktuation. Aktuell arbeiten bei uns vier neue Mitarbeiter. Die vielfältigen Wurzeln der Teammitglieder, wie Kroatien, Brasilien, Griechenland, Deutschland und Italien, beeinflussen den multikulturellen mehrperspektivischen Blick auf Bauvorhaben.«

Beim Erzählen über eines der Einfamilienhäuser, die Vattovani architecture realisiert hat, bekommt Andrea Vattovani ein besonderes Glitzern in den Augen: »Es steht in der Südsteiermark und ist einfach unfassbar schön.« Auch die Realisation des Projektes Retro 67 in Beirut lässt ihn unglaublich stolz sein. Andrea Vattovani: »Wir wollen definitiv noch mehr international arbeiten und uns dahingehend auch positionieren. Vattovani architecture soll gerufen werden, um Probleme auf einem internationalen Terrain zu lösen und umzusetzen. Wir wollen noch für viele Menschen mit der Kombination der österreichischen Stärke, die Technik im Griff zu haben, dem italienischen Zugang zu Ästhetik und Design und den Inspirationen aus den kulturellen Hintergründen aller Mitarbeiter, schöne Umfelder schaffen.«

Architekt Andrea Vattovani
8010 Graz, Färbergasse 6
andreavattovani.com

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Foto: Marija KanizajDr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at

Fazit 201 (April 2024), Fazitserie »Erfolg braucht Führung« (Teil 68)

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