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Tandl macht Schluss!

| 16. September 2011 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 75, Schlusspunkt

Eines vorweg: Was die steirischen Politiker in den letzten Monaten in Bezug auf die nachhaltige Sanierung des Landeshaushaltes zusammengebracht haben, ist ein beachtlicher erster Schritt. Rot und Schwarz haben sich über die zahllosen Reformverweigerer in den eigenen Reihen hinweggesetzt und dabei weder auseinanderdividieren noch gegeneinander ausspielen lassen.

In diesem Zusammenhang ergibt auch eine Gemeindestrukturreform Sinn. Denn der Anteil der Kommunen, die ohne Zuschüsse nicht lebensfähig sind, steigt rasant. Dazu muss man wissen, dass die Landesregierung einen Teil der im Finanzausgleich vorgesehenen Gemeindemittel treuhänderisch für nachhaltige Infrastrukturprojekte der Kommunen zurückbehält. Doch seit einigen Jahren fühlen sich immer mehr erfolgreich wirtschaftende Gemeinden um diese „Bedarfszuweisungen“ geprellt. Die für die Verteilung zuständigen Gemeindereferenten – Franz Voves und Hermann Schützenhöfer – benötigen nämlich einen großen Teil der Mittel, um damit die Verluste sogenannter „Abgangs-Gemeinden“ abzudecken. Daher besteht Reformbedarf. Einerseits müssen die Gemeinden von Aufgaben entlastet werden, die sie in den Ruin treiben (etwa im Sozialbereich), andererseits müssen Strukturen geschaffen werden, die verhindern, dass Gemeinden dauerhaft Verluste machen.

Doch die Reformbestrebungen gehen noch einen entscheidenden Schritt weiter. Die Landespolitik will mit der Gemeindestrukturreform auch eigene Fehler korrigieren. So wurde etwa die Ansiedlung von Betrieben zum kommunalpolitischen Maß aller Dinge. Und zwar deshalb, weil die Gemeinden dadurch Kommunalsteuer – etwa 1.000 Euro pro Arbeitsplatz und Jahr – lukrieren können. Im Süden von Graz sind infolge dieses ordnungspolitischen Fehlers gigantische Einkaufstempel entstanden, die eine vernünftige Raumordnungspolitik dort niemals hätte zulassen dürfen. Allerorts blühen die Speckgürtelgemeinden auf, während die regionalen Zentren leiden.

Fürwahr große Aufgaben für die „Reformpartner“, die nun sowohl mit der Zusammenlegung von Kleingemeinden zu finanzkräftigeren Strukturen als auch mit der Auflösung der Speckgürtelgemeinden zugunsten der Zentralorte beginnen wollen. Doch dagegen regt sich Widerstand. Die Eingemeindungskandidaten argumentieren, dass die Verwaltungskosten durch die Reform eher steigen als sinken würden. Tatsächlich betragen die Verwaltungskosten je Bürger in Gemeinden mit etwa 2.000 Einwohnern meist weniger als ein Drittel als in Gemeinden mit 5.000 Einwohnern. Und das obwohl die Aufgaben durchaus miteinander zu vergleichen sind. Warum das so ist, ist mehrschichtig. Größere Verwaltungseinheiten wachsen nun einmal ungehemmter als kleinere. Außerdem tritt in den Städten das Ehrenamt immer weiter in den Hintergrund. So sorgen etwa in der Kleingemeinde die örtlichen Sportvereine für die Wartung der Sportanlagen, während in der größeren mehrere hauptamtliche Haustechniker für diese Aufgabe notwendig sind. In der Kleingemeinde werden die Grünanlagen vom örtlichen Verschönerungsverein gepflegt, in den größeren gibt es dafür eigene Stadtgärtnereien samt Liegenschaften und Fuhrpark. Es gibt also durchaus auch wirtschaftliche Argumente, die der Vergrößerung der Gemeindestrukturen entgegenstehen. Dabei wäre das Problem auch zu lösen, wenn die Kommunalsteuer reformiert und in Zukunft in einem sinnvollen Verhältnis zwischen Arbeitsplatz- und Wohnsitz-Gemeinde aufgeteilt wird. Das hätte auch positive Folgen für die Raumordnung: Unternehmen würden sich wieder dort ansiedeln, wo sie hingehören. Handelsbetriebe in Innenstädten und Gewerbe und Industrie in gut erschlossenen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbaren Industriezonen.

Tandl macht Schluss, Fazit 75 (August 2011)

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