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Tandl macht Schluss

| 23. Oktober 2013 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 97, Schlusspunkt

Angesichts der beabsichtigten Prolongierung des rotschwarzen Stillstands stellt sich die Frage, wie lange die Jungen noch untätig dabei zusehen, wie ihnen SPÖ und ÖVP das Pensionssystem ausräumen. Die Wählerstromanalysen zeigen zwar, dass sich die Jungen von den ehemaligen Großparteien wegbewegen, der Generationenkonflikt, der in beinahe allen Medien thematisiert wird, spiegelt sich darin dennoch nur unzureichend wider. Dazu ist die Absetzbewegung von SPÖ und ÖVP viel zu moderat. Dabei wissen die Jungen ziemlich genau, dass sie für sich selbst nicht mehr allzu viel von unserem Pensionssystem zu erwarten haben. Aber vielleicht sind sie mit der Finanzierung ihres Alltags so gefordert, dass ganz einfach andere Sorgen dominieren.

SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grüne haben bei den unter 29-jährigen Wählern jeweils etwa 20 Prozent der Stimmen erreicht. Doch dass jemand die FPÖ wählt, kann sicher nicht mit der Angst um seine Altersversorgung begründet werden. Das FPÖ-Konzept eines Zuwanderungsstopps würde den Verfall unseres Pensionssystems nämlich nicht bremsen, sondern noch einmal dramatisch beschleunigen. Schließlich liegt in einer starken Zuwanderung in unseren Arbeitsmarkt die Chance, die Zahl der in Österreich Beschäftigten annähernd auf dem heutigen Niveau zu halten. Die Demographen zeichnen bekanntlich das Bild einer rasch vergreisenden Gesellschaft mit abnehmender Beschäftigung und damit abnehmender Wirtschaftskraft. Bei der Nationalratswahl tendierten vor allem die schlechter gebildeten, jüngeren, männlichen Arbeiter zur FPÖ. Wenn man dieser Gruppe eine allgemeine »Wut auf die da oben« als vorherrschendes Wahlmotiv unterstellt, hat sie mit ihrer Wahl von H.-C. Strache jedenfalls erreicht, was sie wollte: eine möglichst wirksame Abreibung für die Regierungsparteien.

Tatsächlich scheinen aber auch die besser Gebildeten unter den Jungen – sie haben zum überwiegenden Teil Grün gewählt – keine echte Vorstellung zu haben, was auf sie zukommt. Das grüne Pensionsmodell ist zwar interessant, weil es die Pensionssysteme vereinheitlichen und mit den Sonderrechten von Beamten oder Eisenbahnern aufräumen will. Eine Antwort auf die Frage, wie das System überleben soll, wenn dem Ruhegenuss eines Pensionisten nur mehr ein einziger Erwerbstätiger gegenübersteht, bleiben die Grünen jedoch ebenso schuldig wie ÖVP und SPÖ.

Man wünscht sich fast die steirischen Reformpartner Franz Voves und Hermann Schützenhöfer an die Spitze ihrer Bundesparteien. Die beiden haben sich nämlich dazu durchgerungen, den Menschen die Wahrheit zuzumuten. Außerdem haben sie sich zu einer Politik entschlossen, die nicht ausschließlich auf die größtmögliche Zustimmung bei den nächsten Wahlen abzielt, sondern zusätzlich das langfristige Überleben der sozialen Sicherungssysteme ins Auge fasst.

Hermann Schützenhöfer spricht im Zusammenhang mit der steirischen Reformagenda gerne von einer »enkeltauglichen Politik«. Für die »Enkeltauglichkeit« der umlagefinanzierten Pensionen ist er jedoch nicht zuständig und sowohl die Bundes-SPÖ als auch die Bundes-ÖVP nutzten ihre hohen Verluste in der Steiermark, um die Verantwortung dafür nicht bei sich selbst und ihrer Reformverweigerung, sondern bei der steirischen Reformpolitik zu suchen.

Es ist jedenfalls nicht damit zu rechnen, dass die nächste SPÖ-ÖVP-Regierung die Stellschrauben des Pensionssystems so einstellen wird, dass eine »enkeltaugliche« Lösung herauskommt. Dabei gibt es von Pensionsexperten vorgezeichnete Wege, die zu einer sozial verträglichen Pensionsreform führen. Entscheidend ist das tatsächliche Pensionsantrittsalter. Um es an das Regelantrittsalter heranzuführen, müssen endlich realistische Abschläge für Frühpensionisten angesetzt werden. Die derzeitigen Abschläge für alle, die vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden, sind viel zu gering, und benachteiligen jene, die nicht in die Frühpension flüchten. Außerdem muss das Frauenpensionsalter so schnell wie möglich an das Männerpensionsalter herangeführt werden. Das ist jedoch nur dann gerecht, wenn die Mütter angemessen dafür entschädigt werden, dass sie mit ihrem Nachwuchs für weitere Einzahler und damit den Fortbestand des Systems gesorgt haben.

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Tandl macht Schluss! Fazit 97, (November 2013)

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