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Gerechte Steuern

| 2. Juli 2014 | 1 Kommentar
Kategorie: Essay, Fazit 104

Gerechte Steuern
Überlegungen zur Wiedereinführung von Vermögens- und Erbschafts- und Schenkungssteuern

Von Caspar Einem und Sylvia Krieger-Einem

Sowohl die angespannte Budgetsituation, die sogar zu Einschnitten in Bereichen zu zwingen scheint, die bisher unstrittig zu den auszunehmenden Zukunftsbereichen zählten (Bildung, Forschung), als auch in letzter Zeit immer wieder publizierte Daten zur wachsenden Einkommens- und Vermögensungleichheit haben – insbesondere bei Sozialdemokraten – den Ruf nach der Wiedereinführung von Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuern lauter werden lassen. Auch die derzeit in Arbeit befindliche Reparatur der Grunderwerbssteuer ist Anlass für steuerpolitische Forderungen (Übergang vom Einheits- zum Verkehrswert).

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Fotos: Michael Thurm, Gebrüder Weiss

Dr. Caspar Einem, 1948 als Sohn des Komponisten Gottfried von Einem geboren, war von 1995 bis 1997 Innenminister und danach bis 2000 Minister für Wissenschaft und Verkehr. 2007 wechselte der SPÖ- Politiker in die Privatwirtschaft. Heute ist er Vizepräsident des Europäischen Forums Alpbach und Präsident des Österreichischen Instituts für Internationale Politik.

Dr. Sylvia Krieger-Einem ist Juristin und Wirtschaftsprüferin. Bis 2007 war sie Partnerin bei der Auditor-Treuhand (nunmehr Deloitte), danach selbstständig, seit 2011 emeritiert. Aktuell hält sie Aufsichtsrats- und Stiftungsvorstandsmandate. Fotos: Michael Thurm, Gebrüder Weiss

::: Hier können Sie den Text online im Printlayout lesen: LINK

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Wer ernstlich an der Frage der steuerlichen Behandlung des Vermögens und des Vermögensübergangs interessiert ist, sollte sich allerdings mit den Rahmenbedingungen auseinander setzen, die jedenfalls zu beachten sind, will man Vermögen und Erbmasse stärker zur Leistung an die Gemeinschaft heranziehen. Wir versuchen im Folgenden einerseits die kaum überwindbaren Hürden zu skizzieren und dann einen Vorschlag zu präsentieren, der dem Ziel einer allenfalls als gerechter empfundenen Besteuerung von Vermögen zumindest aus Anlass des Vermögensüberganges entgegen kommt.

1. Wovon auszugehen ist

Unsere Rechtsordnung kennt als zentralen Begriff den Grundsatz der Gleichbehandlung. Die Artikel 2 Staatsgrundgesetz und Artikel 7 Bundesverfassungsgesetz verlangen kurz gesagt, dass Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt wird. Gesetze, die diesen Grundsatz verletzen, werden vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Und eine Norm wird auch von den Normunterworfenen nur dann und insoweit als gerecht anerkannt, als sie gleichgelagerte Sachverhalte gleichartig regelt.

Ein weiterer wesentlicher Eckpfeiler unserer Rechtsordnung ist die Unantastbarkeit des Eigentums. Nach Artikel 5 Staatsgrundgesetz ist das Eigentum unverletzlich. Enteignung ist nur in besonderen, vom Gesetzgeber zu regelnden Fällen zulässig und wenn eine Notwendigkeit im anders nicht erreichbaren Interesse der Allgemeinheit besteht.

Schließlich ist noch als wichtiger Grundsatz des Steuerrechtes das Gebot der Wirtschaftlichkeit (keine Bagatellsteuern, die unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand erfordern) zu nennen. Das Steuerrecht als jener Rechtsbereich, der – zumindest was Einkommens- und Substanzsteuern anlangt – die massivsten Eingriffe in das Eigentum regelt, hat besonders auf den Gleichheits-grundsatz zu achten. Wird dieser verletzt, werden Steuern als ungerecht empfunden, was auch zur Erosion der allgemeinen Steuermoral führt. Im Bereich der Einkommensteuern hat sich im Lauf der Geschichte die Auffassung gewandelt, welche Besteuerungsform dem Gleichheitsgrundsatz und damit der Steuergerechtigkeit entspricht: waren zunächst Kopfsteuern allgemein anerkannt, kam es später zur Proportionalsteuer (flat tax) und schließlich zu progressiven Einkommensteuer-Tarifen.

Letztere fanden ihre Rechtfertigung in der Theorie vom abnehmenden Grenznutzen jeder zusätzlich verdienten Geldeinheit beziehungsweise im Leistungsfähigkeitsprinzip. Obwohl auch bei einheitlichen Steuersätzen absolut mehr Steuern zahlt, wer ein höheres Einkommen hat, die individuelle Leistungsfähigkeit daher auch beim Proportionaltarif schon berücksichtigt ist, wird der progressive Einkommensteuer-Tarif weithin als »gerecht« akzeptiert. Für diese allgemeine Anerkennung dürften wohl in erster Linie soziale (Umverteilungs-) Überlegungen eine Rolle spielen. Denn die Theorie vom abnehmenden Grenznutzen ist nur stichhaltig, solange ausschließlich auf die lebensnotwendigsten Bedürfnisse (Ernährung, Kleidung, Wohnung) Bedacht genommen wird. Berücksichtigt man darüber hinaus die zwischen den Menschen sehr unterschiedlich verteilten Bedürfnisse, Triebe und Leidenschaften, so wird klar, dass es nur individuell bestimmbare abnehmende Grenznutzen geben kann.

Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist im Bereich der Einkommensbesteuerung weitgehend eingehalten, wiewohl die verschiedenen Einkunftsarten unterschiedliche Steuerprivilegien im Einzelnen genießen (etwa begünstigte Besteuerung des 13. und 14. Gehalts bei den Lohnsteuerpflichtigen, diverse Investitionsbegünstigungen für die Gewerbetreibenden und Selbstständigen etc.). Gesamthaft betrachtet geht man davon aus, dass die steuerlichen Vor- und Nachteile zwischen den einzelnen Einkunftsarten im Wesentlichen ausgeglichen sind.

Eine Ausnahme vom progressiven Einkommensteuertarif wurde in Österreich (und nicht nur bei uns) für die häufigsten Kapitaleinkünfte, nämlich für Dividenden, Wertpapier- und Bankzinsen, geschaffen. Diese unterliegen der 25-prozentigen Endbesteuerung. Als Endbesteuerung bezeichnet deshalb, weil der vom Schuldner der Kapitalerträge vorzunehmende Steuerabzug zugleich die Abgeltung der Einkommensteuer bedeutet, der Gläubiger diese Einkünfte also nicht in seine Einkommensteuererklärung aufnehmen muss. Das Motiv für die (per Verfassungsgesetz!) eingeführte Endbesteuerung, die sich auch auf die damals noch nicht abgeschafften Vermögens- und Erbschaftsteuern bezog, lag in erster Linie in finanzpolitischen Überlegungen (höhere Ergiebigkeit für den Fiskus; administrative Ersparnisse sowohl bei den Steuerbehörden als auch bei den Steuerpflichtigen; Entkriminalisierung großer Bevölkerungskreise).

2. Anwendung auf Vermögen und Vermögensübergang

Wie sieht es nun mit den verschiedenen eingangs genannten Teilaspekten der Steuergerechtigkeit bei Anwendung auf Vermögen oder Vermögensübergang (Erbschaft, Schenkung) aus?

2.1. Gleichbehandlung

Das für eine allfällige Besteuerung relevante Vermögen gibt es in den unterschiedlichsten Varianten, die wesentlichsten sind Grund und Boden, Gebäude, Betriebsvermögen, Kapitalvermögen, Schmuck und andere wertvolle Nichtgebrauchsgegenstände.
Jedermann leuchtet ein, dass lediglich Bargeld und Bankguthaben, die zur Kategorie des Kapitalvermögens zählen, keine nennenswerten Bewertungsschwierigkeiten auslösen. Die zum Kapitalvermögen zählenden Wertpapiere und Beteiligungen und alle übrigen hier aufgezählten Vermögensarten werfen dagegen sehr erhebliche Bewertungsprobleme auf. Eine Gleichmäßigkeit der Besteuerung und damit Gleichbehandlung der Eigentümer ist schon deshalb außerordentlich schwierig, wenn nicht überhaupt grundsätzlich unmöglich. Ohne hier im Einzelnen auf die zahllosen Schwierigkeiten der Bewertung eingehen zu wollen, sei nur schlaglichtartig erwähnt: Die letzte Neubewertung des Grundvermögens fand zum 1. 1. 1973 (!) statt. Spätere prozentuelle Anpassungen dieser seinerzeit festgestellten sogenannten Einheitswerte haben nichts daran geändert, dass seither eingetretene Wertverschiebungen unberücksichtigt blieben.

Eine Vermögensteuer wurde in Österreich bis einschließlich 1993 erhoben. Seit 1997 wird in Deutschland keine Vermögensteuer mehr erhoben aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungs-gerichts. Mit 1. 8. 2008 ist bei uns das Erbschaft-und Schenkungssteuergesetz ausgelaufen aufgrund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs. Beide Höchstgerichte sahen den Gleichheitsgrundsatz wegen der krassen Verschiedenheit in der Bewertung der einzelnen Vermögenskategorien verletzt.

Abgesehen von der mehr als problematischen Bewertung sind aber auch Freibeträge und Freigrenzen sachlich nicht zu rechtfertigen. Denn während es im Bereich der Einkommensbesteuerung ein gutes Argument für diese gibt – Stichwort steuerfreies Existenzminimum –, fällt eine Rechtfertigung für die Nichtbesteuerung von nennenswertem Vermögen nicht leicht: allenfalls kann hier der eingangs zitierte Grundsatz des Gebots der Wirtschaftlichkeit der Besteuerung herangezogen werden (höhere Erhebungs- und Einhebungskosten als Steueraufkommen bei Bagatellvermögen; argumentativ noch vorstellbar bei einem Freibetrag von 100.000 Euro, schwerlich bei dem von sozialdemokratischer Seite genannten Freibetrag von 1.000.000 Euro) .

2.2. Frage der verfassungsrechtlich zulässigen Enteignung

Bei Vermögen, das Erträge bringt, wird eine Vermögensbesteuerung nur dann Enteignungswirkung entfalten, wenn die Nettoerträge (nach Einkommensteuer) für die Entrichtung der Vermögensteuer nicht hinreichen; allenfalls kann hier aber noch die Problematik der exzessiven Besteuerung auftauchen. Was aber ist mit Vermögen, das keinen Ertrag abwirft oder sogar zu negativen Einkünften – zumindest in einzelnen Besteuerungsperioden – führt? Hier führt eine Vermögens-besteuerung zu Substanzverzehr, was einer sukzessiven Enteignung gleichkommt.

Stünde eine solche mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen zur Enteignung im Einklang? Ist der ganz allgemeine und durch vielerlei Maßnahmen zu befriedigende oder auch nur eindämmbare Finanzbedarf des Staates hinreichende Notwendigkeit für Enteignung? Viel drastischer als bei einer allgemeinen Vermögensbesteuerung stellt sich aber die Frage der Verfassungsmäßigkeit der vielerorts geforderten Wiedereinführung einer Erbschafts-und Schenkungssteuer:
Alle Bewertungsschwierigkeiten, die oben angeführt wurden, gelten nicht nur gleichermaßen, sondern verschärft; die Ungleichheit der einzelnen Vermögensarten führt nämlich bei der Erbschaftsteuer zu noch weit größeren »Ungerechtigkeiten«, was auch in der Natur ihrer Stichtagsbezogenheit liegt. Denn während bei der jährlich anfallenden Vermögensteuer erhebliche Vermögensänderungen relativ zeitnah und relativ einfach berücksichtigt werden können und die seinerzeitigen und auch die in der jetzigen politischen Diskussion genannten Steuersätze noch relativ moderat sind, fällt Erbschaftsteuer stichtagsbezogen und – soll sie fiskalisch überhaupt Sinn machen – mit relativ hohen Prozentsätzen an. Und die einzelnen Vermögensarten sind sehr unterschiedlich in ihrer Wert-Volatilität.

So kann die Stichtagsbezogenheit dazu führen, dass Nachlassvermögen zu dem Zeitpunkt, zu dem die Erbschaftsteuer festgesetzt wird, nur noch zu einem Bruchteil überhaupt vorhanden ist. Man denke etwa an die jüngste Finanzkrise oder führe sich vor Augen, wie schnell ein Unternehmen in Konkurs gehen kann. Darüber hinaus sind gerade bei großen Nachlassvermögen Erbschaftsstreitigkeiten, die sich über Jahre hinziehen können, nicht selten. Können die Erben in einem solchen Fall endlich über das ererbte Vermögen verfügen, kann sich dieses wertmäßig erheblich gegenüber dem Stichtagswert (Todeszeitpunkt des Erblassers) geändert haben. Aber selbst bei einem moderaten Wertverlust kann es infolge des anzuwendenden Steuersatzes leicht zu einer exzessiven Besteuerung kommen, womit die Frage nach der Enteignungswirkung dieser Steuer wieder virulent wird.

Zur Frage der Zulässigkeit der Enteignung und des Gebotes der Wirtschaftlichkeit der Besteuerung sei schließlich nur noch kurz auf den Umstand verwiesen, dass der Ertrag der Erbschafts- und Schenkungssteuer, in fiskalischen Dimensionen gedacht, geradezu lächerlich gering war.

Aber selbst wenn in Rechnung gestellt wird, dass es in Hinkunft infolge der seit dem 2. Weltkrieg eingetretenen Privatvermögens-Akkumulation zu deutlich höheren Besteuerungsgrundlagen für eine neu zu schaffende Erbschaftsteuer geben wird, bleibt die Enteignungsproblematik. Hier kann eingewendet werden, dass der Tote keine Rechte, daher auch kein Recht auf Unverletzlichkeit seines Eigentums mehr hat; beim Erben, der der Schuldner der Erbschaftsteuer ist, fällt die Argumentation schon schwerer. In jedem Fall aber ist zu bedenken, dass eine Erbschaftsteuer ohne gleichzeitige Einführung einer Schenkungssteuer leicht umgangen werden könnte und eine Umgehung durch Verfügung unter Lebenden in der Praxis wohl auch in den allermeisten Fällen stattfinden würde. Neben der Enteignungsproblematik bliebe dann die Gerechtigkeitsfrage: Verbraucht der künftige Erblasser sein angespartes Vermögen etwa durch kostspielige Weltreisen, hat der österreichische Fiskus keinen Anteil daran; entscheidet sich derselbe künftige Erblasser dagegen für eine Schenkung dieses Vermögens an seine Nachkommen, so würde ein nicht unbedeutender Anteil daran als Steuer abzuführen sein. Gerechte Strafsteuer für Konsumverzicht?

Noch ein weiterer Aspekt wird in der immer wieder aufflammenden Diskussion über die Erbschaftsteuer häufig genannt: Diese sei gerechtfertigt, weil sie unterschiedliche Startchancen im Leben abmildere. Hier wäre einmal statistisch zu erheben, wie alt die durchschnittlichen Erben sind. Denn in Anbetracht des in Österreich geltenden Pflichtteilsrechtes für Ehegatten und Kinder im Verein mit der durchschnittlichen Lebenserwartung wird man davon ausgehen müssen, dass ein Großteil der Erben bereits im Pensionsalter ist.

2.3. Fazit 1

Auch wenn man die Besteuerung von Erbschaften für noch so gerecht hält, eine Wiedereinführung dieser Steuer wird möglicherweise an den verfassungsmäßigen Grundsätzen der Gleichheit und der Unverletzlichkeit des Eigentums scheitern. Während die Verletzung des Gleichheitsgebotes noch allenfalls durch die Einbeziehung aller Kapitalvermögen und den Ansatz nur sehr geringer Freibeträge vermieden werden könnte, bleibt offen, ab welchen Steuersätzen Enteignung ohne ausreichende Rechtfertigung angenommen werden müsste.

Immer wieder wird gesagt, Österreich hätte – insbesondere im europäischen Vergleich – äußerst niedrige Substanzsteuern. Wie zutreffend ist diese Behauptung?

Gemäß einem Ländervergleich von ungefähr dreißig Staaten, den die OECD für 2008 erhob, liegt Österreich neben Deutschland an viert-unterster Stelle bei der Vermögensbesteuerung. Vermögensteuern im engeren Sinn aber erheben nur wenige Staaten, ein daraus nennenswertes Aufkommen haben überhaupt nur die Schweiz, Luxemburg und Norwegen, alles Länder mit wesentlich niedrigeren Einkommensteuersätzen als Österreich.

Sämtliche Staaten, die eine deutlich höhere Vermögensbesteuerung als Österreich aufweisen, lukrieren die entsprechenden Einnahmen ganz überwiegend aus der Grundsteuer und teilweise auch aus Kapitalverkehrssteuern. Bei Einführung einer allgemeinen Vermögensbesteuerung in Österreich wären wir somit außer Luxemburg das einzige EU-Land mit einer solchen Steuer. Bei Anhebung nur der Grundsteuer und gleichzeitiger Neufestsetzung der Einheitswerte befänden wir uns dagegen wenigstens in guter Gesellschaft.

3. Erbschafts- und Schenkungssteuern in den Mitgliedsstaaten der EU

Die meisten EU-Staaten kennen Erbschafts-und Schenkungssteuern, allerdings fallen diese nur in ganz wenigen Ländern für Ehegatten und Kinder an. Da Schenkungen und Erbschaften außerhalb des engsten Familienkreises wohl die Ausnahme bilden, kann davon ausgegangen werden, dass eine derart geregelte Abgabe dem Fiskus nur sehr wenig bringt. Und damit kommt – neben den ausführlich dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken – auch wieder der eingangs zitierte steuerrechtliche Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ins Spiel.

4. Alternativen

Gibt es nun eine Alternative, um die vielerorts geforderte Einführung einer Erbschaftsteuer auf verfassungsrechtlich unbedenkliche Weise zu verwirklichen?

Wir denken ja und zwar in Form von temporären Zuschlägen zur Einkommensteuer für steuerpflichtige Erträge, die aus ererbtem Vermögen stammen. Denn werden nur Erträge aus ererbtem Vermögen belastet, entfällt das Problem der Enteignungswirkung. Und weiters entfällt das überaus gravierende Problem der Bewertung, womit sowohl eine Verletzung des Gleichheitsgebotes vermieden als auch die Wirtschaftlichkeit der Steuereinhebung gegeben wäre. Durch eine unterschiedliche Dauer der Einkommensteuer-Zuschlagsperiode könnten die verwandtschaftlichen Naheverhältnisse berücksichtigt werden. Wir denken etwa an eine Frist von fünf Jahren für Erben der (ehemaligen) Steuerklasse 1, also Kinder und Ehegatten, und zehn Jahre für alle übrigen Erben.

Welches sind nun die ertragbringenden Vermögensarten? Das sind Grundvermögen, Betriebsvermögen und Kapitalvermögen. Bei Erträgen aus Grundvermögen (Miet- und Pachterträgen) ist ein Zuschlag zur Einkommensteuer wohl am einfachsten zu regeln. Hier wäre nur die Frage zu lösen, wie bei einem Verkauf des Grundvermögens durch den Erben vor Ablauf der Zuschlagsfrist vorzugehen ist.

Bei Betriebsvermögen ist die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen schon schwieriger; denn der Erbe nimmt von Anfang an Einfluss auf den Ertrag des ererbten Betriebes. Hier könnte etwa der Durchschnittsgewinn der drei letzten Jahre vor dem Tod des Erblassers als Bemessungsgrundlage herangezogen werden. Im Verkaufsfall müsste eine ähnliche Lösung wie bei Grundvermögen gefunden werden. Bei Kapitalvermögen schließlich ist der Zuschlag wieder relativ einfach zu lösen, bei kapitalertragsteuerpflichtigen Erträgen müssten die Banken oder die auszahlende Kapitalgesell-schaft eine um den Zuschlag erhöhte KESt einheben. Auch hier wäre festzulegen, wie im Verkaufsfall vorzugehen ist.
Wir schlagen vor, die Zuschläge mit 50 Prozent der im Normalfall anfallenden Einkommensteuer festzulegen. Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und bei betrieblichen Gewinnen würden dann maximal 75 Prozent Einkommensteuer anfallen, bei Kapitaleinkünften in der Regel 37,5 Prozent anstelle von 25 Prozent.

Im Veräußerungsfall schlagen wir vor, als Abgeltung für künftig entfallende Zuschläge zur Einkommensteuer 10 Prozent bei Erben der Steuerklasse 1 und 20 Prozent bei den übrigen Erben vom Veräußerungserlös zu erheben. Diese Prozentsätze sollten sich pro Jahr der Behaltedauer um 2-Prozentpunkte reduzieren, sodass bei Erben der Steuerklasse 1 bei einem Verkauf nach vier Jahren etwa nur noch 4 Prozent Steuer anfallen, bei einem sonstigen Erben noch 14 Prozent.

5. Fazit 2

Bei nüchterner Betrachtung ist das Problem lösbar. Die Regierung ist eingeladen, die Lösung zu bedenken und dann auf den Weg zu bringen.

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Fazitessay Fazit 104 (Juli 2014)
Dieser Text erscheint gleichzeitig im Magazin »Die Zukunft«
sowie in der vorliegenden Ausgabe des Magazins Fazit.
Online vorab veröffentlicht am 6. Juni 2014

Kommentare

Eine Antwort zu “Gerechte Steuern”

  1. Gerechte Steuern | FazitOnline. Wirtschaft und mehr. Aus dem Süden.
    8. Juli 2014 @ 11:00

    […] ::: Hier lesen: Gerechte Steuern […]

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