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Politicks August 2014

| 30. Juli 2014 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 105, Politicks

Industrie fordert vom ÖGB mehr Sachlichkeit in »TTIP-Diskussion«
IV-Generalsekretär Christoph Neumayer forderte vom ÖGB eine Versachlichung der Diskussion über das Freihandelsabkommen »TTIP« zwischen der EU und der USA. In Österreich könne das Abkommen nämlich an die 20.000 neue Arbeitsplätze entstehen lassen. Die europäischen Standards im Arbeits-, Sozial-, Umwelt- oder Lebensmittelbereich stünden bei den aktuellen TTIP-Verhandlungen ohnehin nicht ernsthaft zur Diskussion, so Neumayer an den ÖGB. Niemand wolle unsere hohen Standards aufweichen, abschaffen oder jene der USA übernehmen. Ziel des Abkommens  sei es, die größte Freihandelszone der Welt zu schaffen.
»Gerade der ÖGB müsste als Vertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Interesse am Abschluss dieses Abkommens haben. Denn allein in Österreich könnten so bis zu 20.000 neue Arbeitsplätze entstehen«, so der IV-Generalsekretär.

Drexler: Evaluierung der Spitalspläne
Mit dem Spitals- und Pflegeressort erbte Landesrat Christopher Drexler auch die Probleme, mit denen sich schon seine Vorgängerin Kristina Edlinger-Ploder herumschlagen musste. Ein großes Konfliktfeld war die Schließung einiger Spitalsabteilungen – ein anderes der Pflegeregress. Beim Regress haben die Reformpartner – obwohl sie eigentlich von dessen Sinnhaftigkeit überzeugt sind – einen Rückzieher gemacht. Nicht nur die Kronen Zeitung hat sich auf die Seite der Opposition geschlagen und massiv gegen den Regress votiert, sondern auch 40 Gemeinden haben Resolutionen für dessen Abschaffung verabschiedet. Und weil man in der Steiermark weder gegen die »Krone« noch gegen die Gemeinden Politik machen kann, war die Regressabschaffung Chefsache. Mit dem Wechsel an der Spitze des Pflegeressorts bot sich für Landeshauptmann Franz Voves und LH-Vize Hermann Schützenhöfer daher die Gelegenheit, gesichtswahrend vom Regress abzurücken.
Dass vieler jener Gemeinden, die zuvor die Regressabschaffung gefordert hatten, inzwischen gar nicht mehr so glücklich darüber sind, dass sie sich durchsetzen konnten, ist eine besondere kommunalpolitische Skurrilität. Denn mittlerweile sind die Bürgermeister draufgekommen, dass sie über die Sozialhilfeverbände selbst einen Teil der weggefallenen Regresseinnahmen tragen müssen. Einige besaßen nun sogar die Chuzpe, das Land um die Erstattung dieser Kosten zu ersuchen. Nachdem Drexler – aus Sicht der Reformgegner – beim Regress klein beigegeben hatte, waren die Erwartungen bei der Evaluierung der Reformen im Spitalsbereich entsprechend groß. Und tatsächlich wird die Auflassung der LKH-Standorte Hörgas und Enzenbach zurückgenommen. Die mindestens so umstrittene Auflassung der drei Geburtenstationen in Bruck/Mur, Wagna und Voitsberg bleibt hingegen aufrecht. Auch an der Schließung der internen Abteilung des LKH Stolzalpe wird nicht mehr gerüttelt.
»Wir behaupten zwar nicht, dass durch unsere Maßnahmen alles besser geworden ist«, erklärte Drexler bei der Präsentation der Evaluierungsergebnisse, »aber ich kann garantieren, dass durch die Maßnahmen nichts schlechter geworden ist.« Insgesamt wurden 24 Maßnahmen überprüft. Durch die Reformen sind die Kosten im steirischen Spitalswesen in den letzten fünf Jahren um insgesamt 200 Millionen Euro weniger stark gestiegen. Damit liegt die jährliche Kostensteigerungsrate in der Steiermark bei zwei Prozent und ist nur halb so hoch wie in den übrigen Bundesländern. KAGES-Vorstand Karlheinz Tscheliessnigg zeigte sich übrigens davon überzeugt, dass durch die Schließung der drei Gebärstationen die Qualität bei der Geburtshilfe sogar gestiegen ist. Keine der drei Abteilungen habe die erforderlichen Fallzahlen erreicht, die den Ärzten ein sicheres Arbeits- und Ausbildungsumfeld ermöglichen, so Tscheliessnigg.

Regierung: Nichts geht mehr!
Zuletzt hat der steirische Landeshauptmann Franz Voves der Bundesregierung das baldige Scheitern prophezeit. »Sie werden das Spiel nicht bis 2018 durchhalten. Mit Sicherheit nicht. Und ab 2018 brauchen sich beide eh keine Gedanken mehr machen, dann wird es für beide mehr als eng«, sagte Voves gegenüber »News«. Und seine Analyse klingt plausibel: Die Grundstimmung für die Koalition in der Bevölkerung sei nämlich deshalb so tödlich, weil die Menschen seit sieben, acht Jahren keine Lohnsteigerung mehr erlebt hätten. Die habe ihnen die kalte Progression weggefressen, so Voves. Für ihn führt daher kein Weg an einer Steuerreform ab 1. Jänner 2015 vorbei.
Dass diese höchst notwendig wäre, darüber ist man sich auch in der ÖVP weitgehend einig. Gestritten wird jedoch höchst ideologisch über die Art der Gegenfinanzierung. Denn die SPÖ will eine Vermögenssteuer, um bei den sogenannten Reichen abzukassieren, und die ÖVP will mit strukturellen Einsparungen den Spielraum für eine Steuersenkung schaffen. Beide Parteien haben sich hinter ihren Positionen verschanzt. Ein Kompromiss scheint aussichtslos.
Damit ist klar, dass sich der Stillstand auch auf das Steuerthema ausgeweitet hat. Denn zwischen dem harmoniebedürftigen Bundeskanzler Werner Faymann und seinem gleich gestrickten Vizekanzler, Michael Spindelegger, herrscht nur in einer Frage vollständiger Konsens: Keiner von beiden will tiefgreifende Reformen zulassen, wenn diese bei der jeweiligen Stammklientel zu Protesten oder gar zu Einschnitten führen könnten.
Und weil die Rolle als Blockierer und Verhinderer weder Faymann noch Spindelegger gefällt, haben beide ihre Sekundanten ausgeschickt, um mit entsprechender Kampfrhetorik zumindest den Eindruck zu vermitteln, dass man ohnehin für Reformen sei, jedoch vom Regierungspartner daran gehindert werde.
Auf Seiten der ÖVP tut sich da besonders Klubobmann Reinhold Lopatka als Scharfmacher hervor und bei der SPÖ geht der Gewerkschaftsflügel, angeführt von FSG-Chef Wolfgang Katzian, auf Crashkurs zur ÖVP. Doch das Kalkül der Regierungsspitzen geht nicht auf. Denn weder die SPÖ und schon gar nicht die ÖVP haben derzeit in den Umfragen etwas zu lachen. Die FPÖ wird immer stärker und die Neos haben sich bereits als 10-Prozent-Partei etabliert. Beim jüngsten APA-Vertrauensindex wurde Werner Faymann gerade noch von 43 Prozent der Befragten als »positiv« wahrgenommen. Michael Spindelegger ist mit 37 Prozent sogar hinter FPÖ-Chef Karl-Heinz Strache (38 Prozent) zurückgefallen.

Vorarlberg wählt und die ÖVP wackelt
Am 21. September wird in Vorarlberg ein neuer Landtag gewählt. Die Ausgangslage für die SPÖ ist einigermaßen beruhigend. Denn die Sozialdemokratie kann eigentlich nicht mehr unter jene lächerlichen 10,5 Prozent der Stimmen fallen, die sie 2009 erreicht hat. Allerdings kann die Partei vom vierten auf den fünften Platz abrutschen.
Bei der ÖVP geht es hingegen um die absolute Mehrheit. Eine Umfrage der Vorarlberger Nachrichten von Anfang Mai sieht die Partei nämlich von 51 auf 38 Prozent abstürzen. Eigentlich haben Wahlergebnisse im Ländle nicht viel mit der Stimmungslage im übrigen Österreich zu tun. Dennoch ist Landeshauptmann Markus Wallner angesichts der schlechten Umfragewerte davon überzeugt, dass diesmal alles anders ist und dass der heftige Gegenwind aus Wien kommt. Denn an sich könnten die Vorarlberger mit ihrem Landeshauptmann zufrieden sein. Die Landesfinanzen stimmen, es gibt läppische 111 Millionen Euro Schulden und keine Neuverschuldung. Auch die Vorarlberger Wirtschaft schneidet wesentlich besser als jene von Restösterreich ab. Der für die Vorarlberger Nachrichten tätige Meinungsforscher Edwin Berndt ist davon überzeugt, dass der Widerstand der Bundes-ÖVP gegen eine Steuerreform den Vorarlberger Schwarzen massiv schadet. Außerdem hat die Vorarlberger Volkspartei mit den Neos – Obmann Matthias Strolz ist Vorarlberger – einen Gegner, der von der Bevölkerung als Partei der Mitte wahrgenommen wird.

Schrittwieser gegen die Asyl-Pläne von Mikl-Leitner
Mit ihren Asyl-Plänen hat Innenministerin Johanna Mikl-Leitner die Landeshauptleute ordentlich in Verlegenheit gebracht. So wünscht sich Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer statt der Schließung der Asyl-Erstaufnahmezentren in Traiskirchen und in Thalham ein drittes Erstaufnahmezentrum – und zwar in der Steiermark. Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) als SPÖ-Spiegelminister zu Mikl-Leitner signalisierte in Gesprächen seine Bereitschaft, die Zahl der Asylwerber gerechter auf alle Bundesländer zu verteilen. Allerdings schränkte er ein, dass eine etwaige Neuregelung natürlich mit den Ländern abgestimmt werden müsse.
In der Steiermark sind derzeit 3.000 Flüchtlinge untergebracht – um 500 weniger, als die Quote vorsieht. Soziallandesrat Siegfried Schrittwieser hat dennoch keine Freude mit dem Vorschlag der Innenministerin. Er fordert statt höherer Quoten raschere Asylverfahren, weil die vorhandenen Plätze dadurch schneller wieder frei werden. Derzeit erfüllen nur Wien und Niederösterreich die vorgesehene Unterbringungsquote. Die Steiermark erfüllt die Quote zu 86 Prozent.

Team Stronach will bei steirischer Landtagswahl antreten
Als ziemlich sicher bezeichnete die Klubobfrau des Team Stronach, Kathrin Nachbaur, ein Antreten ihrer Partei bei der steirischen Landtagswahl im nächsten Jahr. Das Team Stronach will auch in Oberösterreich und im Burgenland antreten, lediglich in Wien sei eine Kandidatur unsicher, so Parteigründer Frank Stronach. Stronach schloss übrigens aus, in der Steiermark als Spitzenkandidat anzutreten. Als Wahlziel gab er zehn Prozent vor.

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Politicks, Fazit 105 (August 2014)
Leider ist in der Printausgabe der Name
von Kristina Edlinger-Ploder falsch geschrieben worden.
Wir bitten diesen Tippfehler zu entschuldigen.

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