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Der lange Weg vom »Leidbild« zum Leitbild

| 30. März 2017 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 131, Serie »Erfolg braucht Führung«

Illustration: Fazit

Die Workshoptage ziehen sich dahin und zum Schluss blickt die Gruppe erschöpft auf das fertige Resultat. Irgendwie kommt das allen bekannt vor. Teile des Leitbildes haben hohe Ähnlichkeit mit dem der Vorgängerfirma, wo Sie auch Teil des Management-Teams waren. Oder haben Sie das auf der Homepage des Mitbewerbers gelesen? Es kommt keine besondere Freude auf. »Wir sind Branchenführer, unsere Mitarbeiter sind unser höchstes Gut« Haha, denkt sich so mancher und führt sich sein letztes, unbefriedigendes Mitarbeitergespräch vor Augen. Die eigene Identität und Individualität ist zu wenig abgebildet. Die gewünschten Kulturmerkmale werden nicht im Unternehmen wahrgenommen und Führungskräfte und Mitarbeiter verhalten sich ganz anders als vorbildhaft, eben nicht »leitbildhaft«.

Wozu ein Unternehmen ein Leitbild benötigt

Sind Mitarbeiter, die von der Mission und der Vision des Unternehmens entzündet sind, motivierter und produktiver? Arbeiten »sinnstiftende Mitarbeiter« selbstständiger?

::: Text von Carola Payer
::: Hier im Printlayout online lesen

In Zeiten unsicherer Zukunftsbilder einen Rahmen vorzugeben, ist ein schwieriges Unterfangen. Wer weiß denn schon, wo es genau hingeht?! Soll man noch eine Vision haben, wenn morgen vielleicht schon wieder ein Markt wegbricht, eine gesetzliche Regulierung massive Änderungen im Vertriebsweg mit sich bringt … und, und, und?

Deshalb ist es heute wichtiger, statt der Vision das Bild einer veränderten Zukunft, die Mission, abzubilden: Damit ist die Beschreibung des Unternehmensauftrags, der Individualität des Unternehmens, der Kernkompetenzen und der Potenziale gemeint. Die Mitarbeiter sollen erkennen, warum sie jeden Tag mit Freude und Stolz in ihr Unternehmen kommen. Egal ob die Schneiderin in einer kleinen Schneiderei mit Glitzern in den Augen dem Kunden erklärt, dass sie die beste Lösung für sein kaputtes Hemd hat, oder der Verkaufstechniker dem Kunden das Gefühl gibt, genau bei ihm am besten aufgehoben zu sein. Wichtig ist das freudvolle Gefühl, dieser Schneiderei oder diesem Zulieferer zugehörig zu sein. Diese Energie macht viel vom Erfolg und der Mitarbeiterbindung aus.

Verdienen kommt von Dienen!
Die Klarheit, welche Zielgruppen mit welchen Leistungen, Haltungen und Handlungen bedient werden, hebt den Erfolg und die Freude daran die Motivation.

Wie kann das Leitbild dazu beitragen? Die qualitative Leitbildentwicklung ist eine große Herausforderung. Wesentlich ist der Prozess, durch den die Mitarbeiter in die Erarbeitung integriert werden und durch den die definierten Inhalte zum Selbstverständnis der Führungskräfte und Mitarbeiter werden. Es handelt sich dabei um eine laufende Kulturänderung, die nie endet. Ein Leitbild zu haben bedeutet, permanent zu kommunizieren. Eine Kommunikation, die in der Haltung, Einstellung und im Dialog jeder Person im Unternehmen erkennbar sein soll.

Sie denken eventuell: »Na ja, manche wollen halt nur ihren Job erledigen« oder: »Es ist illusorisch, in einem Leitbildprozess alle zu erreichen.« Doch genau das sollte Sie nicht daran hindern, die Gruppe der »sinnstiftenden Mitarbeiter« zu erreichen.

Jede Organisation hat eine Bestimmung.

Mit Bestimmung ist ein tieferer Zweck gemeint, der den Existenzgrund zum Ausdruck bringt. Es ist wichtig, sich bewusst dafür zu entscheiden, ständig auf diesen, sich heraus kristallisierenden Sinn zu achten. Das Erkennen der Bestimmung kann Mitarbeiter und Teams von einer reaktiven zu einer proaktiven und kreativen Orientierung führen. Die Bestimmung stärkt zudem die unternehmerische Haltung der Mitarbeiter.

Neben dem Erfüllen der eigenen Aufgaben soll das gestalterische Potenzial für die ständige Weiterentwicklung der Organisation aktiviert werden. Mitdenken und gestalten ist erwünscht. Die Frage ist: Wie kann man steigendes Engagement automatisieren? Je besser Unternehmen Personalentwicklung als Weg verstehen, mit dem sie Mitarbeitern klar machen, welchen Beitrag sie zum Gesamtbeitrag leisten, desto besser werden das Gesamtleitbild und die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten verstanden.

Die Hauptaufgaben bei der Entwicklung von Leitbildern bilden daher das Design und die Förderung fortlaufender Kommunikations- und Reflexionsprozesse.

Ein gutes Leitbild unterstützt daher die professionelle, nutzenorientierte und emotionale Ausrichtung der Organisationsmitglieder auf die Kunden und ist die Basis für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit. Denn verdienen kommt von dienen und leiten nicht von leiden.

Foto: Marija KanizajDr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at

 

 

 

Fazit 131 (April 2017), Fazitserie »Erfolg braucht Führung« (Teil 2)

 

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