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Land der Zwerge, zukunftsreich?

| 25. Juni 2009 | Keine Kommentare
Kategorie: Editorial, Fazit 54

FM4-Moderator und wahres »Jugendradio-Urgestein« Martin Blumenau hat dieser Tage in seinem Journal‘09 (fm4.orf.at) eine düstere Zukunft Österreichs gezeichnet. »Es ist vorbei. 2009 ist das Jahr, in dem Österreich kippt. Der Weg zur Security-Demokratie ist fix vorgezeichnet« beginnt er seine kruden Ausführungen und versteigt sich dann noch in die Feststellung, dass der »Übertritt in ein autoritäres System mit scheindemokratischen Formalien« bevorsteht.

Das ist natürlich über weite Strecken Nonsens. Ein durch nichts – ausser von Blumenau georteten »österreichischspezifischen Fakten« – belegter Ausfall eines offenbar ob der jüngsten Wahlergebnisse der Linken (bei den Europawahlen, aber auch bei zahlreichen Wahlgängen davor)  etwas zornig gewordenen Nichteinmal-Altachtunsechzigers (Blumenau wird heuer Fünfzig).

Der hingegen gerade Siebzig gewordene Wolfgang Mantl,  altehrwürdiger Rechtsprofessor aus Graz (und längstjähriger Vordenker der Steirischen Volkspartei, die ihm selten nachdenkt), hat in einem Interview mit der Kleinen Zeitung vom 24. Juni einiges mehr an Substanz zu bieten. Auch wenn in letzter Konsequenz bei seiner Analyse der politischen Landschaft Österreichs keine wirkliche Freude aufkommen kann. Dem vermehrten Wunsch der Österreicher nach einem »starken Führer« – eine aktuelle Studie weist etwa 20 % aus und bringt damit wohl auch Blumenau zur Verzweiflung – setzt er entgegen, dass es in einer Demokratie politischer Eliten bedarf, die einem solch »unsinnigen Ansinnen« Parole bieten.

Nur mangle es allethalben an solchen Eliten. Mantl spricht von einer »Verzwergung Österreichs« und davon, dass unsere Regierenden »herumhüpfen würden, wie die Hobbits«. Dem müssten sich unsere Parteien entgegenstellen und – endlich – ihre Strukturen soweit verändern, dass sich »unsere Eliten nicht mehr ausschließlich ausserhalb der Politik verwirklichen«. Des Professors Wort in Gottes Ohr, möchte man da meinen. Weder ÖVP noch SPÖ machen den Eindruck, hier auch nur mittelfristig Veränderunspotential aufzubringen. Von den Freiheitlichen  und dem BZÖ ganz zu schweigen. Und selbst die Grünen tun sich mit »gelebter Basisdemokratie« (siehe Grüne Vorwahlen, WebWatch) offenbar mehr als schwer. Hat Blumenau am Ende doch nicht ganz unrecht?

Editorial, Fazit 54 (Juli 2009)

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