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Werden Sie Berater! Ihr Land braucht Sie!

| 26. Juni 2012 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 84, Fazitthema, Print-Ausgaben

Guter Rat ist bekanntlich teuer. Gute Beratung ist, schaut man in den jüngsten Bericht des Landesrechnungshofes, noch teurer. 23,5 Millionen Euro hat die steirische Regierung in der letzten Legislaturperiode für Gutachten, Studien, Consulting und »Leistungszukäufe« ausgegeben. Ein bisschen größer wird dieses Pöstchen wohl sein, weil der Rechnungshof feststellen musste, dass einige Leistungen nicht gemeldet wurden, und so schätzt der Bericht den Gesamtbetrag auf über 25 Millionen Euro. Das ist kein unwesentlicher Beitrag, wenn wir an die Elegien der Sparsamkeit denken, die regelmäßig von der derzeit amtierenden Landesregierung zu hören sind.

Problematisch ist, dass diese Regierung mit Ausnahme des FPÖ-Landesrates Gerhard Kurzmann die gleiche Truppe ist, die für eben jene 25 Millionen Euro an Ausgaben verantwortlich ist. In der Formulierung des Rechnungshofberichtes handelt es sich dabei um Ausgaben, deren »Notwendigkeit im Vorfeld nicht überprüft«, bei denen »keine Kosten-Nutzen-Rechnungen angestellt« und bei denen »die vergabegesetzlichen Bestimmungen nicht eingehalten« wurden. Bei den zugekauften Leistungen handle es sich außerdem häufig um »Aufgaben des sogenannten Kerngeschäftes« – also Dinge, für die das Land kompetente Mitarbeiter beschäftigt bzw. beschäftigen soll.

Die Kritik trifft selbstverständlich nicht auf alle dieser Ausgaben zu – die Untersuchung von Landeslehrern und -lehrerinnen durch Fachärzte für 57.000 Euro hat ja beispielsweise ihren Sinn, ebenso zahlreiche andere Aufträge. Der Rechnungshof konnte auch nur stichprobenartig überprüfen, wohin mit welcher Begründung Geld geflossen ist. Und der Skandal besteht auch weniger in der Tatsache, dass eine Regierung externe Firmen für Evaluierungen und Beratungen bezahlt – der Skandal ist eben jene fahrlässige Freude, mit der das Geld offensichtlich ausgegeben wurde: »Im überwiegenden Ausmaß war entweder überhaupt kein Vergabevermerk vorhanden und damit auch keine Erklärung, warum auf weitere Bieter verzichtet wurde bzw. konnten die angeführten Gründe nicht nachvollzogen werden.« So deutlich brandmarkt der Rechnungshof die Praktiken der Landespolitik. Dabei gilt es schon als plausible Begründung für einen Auftrag, wenn es sich um Folgeaufträge handelt, weil man mit einer bestimmten Firma gute Erfahrungen gemacht hat. Die einmalige Zusammenarbeit rechtfertigt also auch die fortlaufende. Keine Frage: Einen guten Partner muss man nicht wechseln, aber wenn Politiker gute Partner mit Steuergeldern bezahlen, dann muss irgendwann und irgendwie einmal erkennbar sein, warum es sich um einen guten Partner handelt und warum er (und nicht vielleicht ein anderer) sein (Steuer-)Geld wert ist.

Da gibt es zum Beispiel eine Consulting-Firma, die halt das macht, was Consulting-Firmen machen und nie genau erklären können. Und diese Firma hat über 600.000 Euro aus verschiedenen Ressorts für »Konzepte« erhalten. Auf der Webseite dieser Firma findet sich eine interessante Liste mit ehemaligen Mitarbeitern und da sind gleich mehrere Kandidaten angeführt, die nach ihrer dortigen Beschäftigung direkt in den öffentlichen Dienst gewechselt sind. Das soll so sein, aber in der Melange aus hohen Honoraren, geringer Transparenz und eben solchen Personalrochaden entsteht ein Beigeschmack, der weder für die Wirtschaft noch für die Politik gut ist. Man mag hier medialen Alarmismus und Skandalsucht vermuten, aber die letzten Jahre der österreichischen Politik haben misstrauisch gemacht.

Da gibt es zum Beispiel auch eine IT-Firma, die laut der letzten auffindbaren Firmenpräsentation (von 2006) 18 Mitarbeiter beschäftigt, deren Büro im Dachgeschoß eines Grazer Golfplatz-Cafés liegt, aber die nicht einmal eine aktuelle Webseite hat. Diese Firma betreut seit 1995 den Help-Desk der steiermärkischen Landesregierung, hilft also bei Computerproblemen und führt Schulungen durch. Ein ähnlicher Auftrag kam 2005 vom Bildunsgressort hinzu. Die Firma betreut nun auch die Hotline und Computer der steirischen Berufsschulen. Ein einträgliches Geschäft, das allein in den fünf Jahren, die der Rechnungshofbericht erfasst, eine knappe Million Euro gebracht hat. Niemand sagt, dass diese Firma keine Geschäfte mit dem Land machen soll, niemand sagt, dass daran irgendetwas kriminell wäre, aber wenn an jeder Ecke des Landesbudgets gespart wird, dann darf erwartet werden, dass solche Ausgaben nicht allein aufgrund »unverbindlicher Preisangebote« vergeben werden, sondern nachvollziehbar sind. Sowohl in ihrer Höhe als auch in der Notwendigkeit und Vergabepraxis. Warum bekommt wer wie viel Geld – das ist hier die Frage.

Und die konnten weder der Rechnungshofbericht noch die verantwortlichen Landesräte in ihren Stellungnahmen plausibel beantworten. Nicht nur das Wie – die laxe Suche nach dem besten Anbieter –, sondern auch die Tatsache, dass gewisse Aufträge überhaupt vergeben und nicht in den jeweiligen Fachabteilungen selbst erledigt wurden, kritisiert der Rechnungshof. Als Gründe wurden dafür vor allem »fehlendes Personal« und »mangelnde Expertise« oder schlicht »Auftrag Landesamtsdirektor« angeführt. Ob all diese Unsitten mit dem Beginn der über jeden Zweifel erhabenen »Reformpartnerschaft« ein Ende haben, können wir nur hoffen. Gewissheit wird wohl erst ein erneuter Rechnungshofbericht nach Ende der laufenden Legislatur bringen. Zumindest im Wirtschaftsressort von Christian Buchmann (ÖVP) sollte es dann etwas sparsamer zugehen – er teilte dem Rechnungshof mit, dass durch die externen Beratungen nun »entsprechendes Know-how in der Abteilung 14 aufgebaut wurde und damit im Zusammenhang stehende externe Beraterleistungen künftighin nicht mehr erforderlich sein« werden.

Etwas abenteuerlich sind die Windungen von SPÖ-Landesrätin Elisabeth Grossmann und der entsprechenden Fachabteilung, die auf 17 Seiten versuchen die teils heftigen Vorwürfe zu entkräften und zu relativieren. Die Kritik des Rechnungshofes hat in diesem Fall alles umfasst, was man bei der Vergabe öffentlicher Aufträge falsch machen kann: „unzulässige Splittung von Aufträgen und Verstoß gegen das Vergabegesetz“, „unzureichende Gesamtplanung und mangelnde Sorgfaltspflicht beim Umgang mit Steuermitteln“, „Missachtung der Geschäftsordnung der Steiermärkischen Landesregierung“, „unzulässige Bevorzugung eines Bieters“ – da wurde nichts ausgelassen. Zu viel Geld wurde ohne die nötigen Kontrollschritte (Bieterverfahren und Regierungsbeschluss) ausgegeben. Dem hält Grossmann vor allem die Komplexität einzelner Projekte entgegen, aus der sich auch zwangsläufig Folgeaufträge ergeben haben. Die jeweiligen Kosten dafür lagen im Einzefall immer unter jener Grenze von 30.000 Euro, für die es einen Regierungsbeschluss gebraucht hätte. Zudem könne die »Sichtweise der ›Privatwirtschaft‹ für ein Projekt der ›Landesverwaltung‹ zielführend und förderlich sein.« Und so etwas kostet halt. Auch der Rechnungshof reagierte auf die Stellungnahme der Landesrätin und stellte nochmals eindeutig klar: »Nicht dokumentierte und belegbare Preisverhandlungen sind in ihrer Aussagekraft nicht stattgefundenen gleichzusetzen.«

Ebenfalls bemerkenswert war die Stellungnahme von Agrar-Landesrat Johann Seitinger (ÖVP), der lapidar feststellt, dass »nach genauerer Studie […] mein Ressort betreffend keine Kritikpunkte festgestellt« wurden. Und damit hat er recht.

Man darf die Skandalisierung um die Zukäufe der Landespolitik also nicht pauschalisieren – aber eben auch nicht bagatellisieren. Dass auch intern hervorragende Arbeit geleistet wird, zeigt ja nicht zuletzt der Bericht des Landesrechnungshofes. Seine Worte sollten sich die Politiker von heute, die halt auch die Politiker von gestern sind, im hölzernen Rahmen ins Büro hängen: »Bestehende Vertrauensverhältnisse und positive Erfahrungen können in keinem Fall einen wirtschaftlichen Wettbewerb ersetzen. Außer Zweifel steht, dass ein fairer Wettbewerb sich positiv auf die Preisgestaltung auswirkt.« Ergänzen dürfen wir, dass sich eine solche Vorgehensweise auch positiv auf die öffentliche Wahrnehmung und die Anerkennung von Politik und Politikern auswirkt.

Kommentar aus Fazit #84 (Juli 2012)
Artikel erstveröffentlicht am 22. Juni 2012

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