Steak statt Schnitzel
Michael Thurm | 26. Juni 2012 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 84, Kunst und Kultur
Vegetarier und Rinder sollten diesen Text nicht lesen! Es geht um viel rohes Fleisch. Das neu eröffnete Steakrestaurant El Gaucho hat es sich wie alle Restaurants der Familie Grossauer (Gösser Bräu, Schloßbergrestaurant, Glöckl Bräu) zum Ziel gesetzt, dass die Gäste satt und zufrieden werden. Doch bevor irgendwer die Gabel zum Mund führen darf, beginnt der Abend mit einer Fleisch(be)schau: Die unterschiedlichen Steaks werden im Rohzustand präsentiert und Rückfragen über Beschaffenheit und Herkunft des zerlegten Rindes werden eloquent beantwortet, das kann vor allem beim Erstbesuch nicht schaden.
Während eines ausgezeichneten Gedecks aus vier Brotsorten, geschlagener Butter, Kräutern und Salz kann man sich dann in Ruhe überlegen, ob es ein leichtes und kleineres Hüftsteak oder Filet sein soll oder doch das eher kräftige und größere Rump- oder Rib-Eye-Steak. Wer Steak essen will, weil er Hunger hat und keine Beilagen mag, der kann sich auf 600 Gramm Rib-Eye vorbereiten oder eine 1,2 Kilogramm schwere Kombination aller vier Steak-Varianten bestellen.
Die Auswahl ist also durchaus groß und wer sich trotz Bio-Label nicht damit anfreunden will, dass die Rinder aus Argentinien erst über den großen Teich nach Graz kommen müssen, der kann entweder zum österreichischen Dry-Aged-Beef greifen oder zu einem der (teils sogar vegetarischen) Gerichte. Aber dafür geht man ja nicht in ein Steak-Restaurant.
Während das gute Vieh dann auf dem Grill der offenen Küche in den gewünschten Zustand versetzt wird, kann man sich einer Vorspeise widmen. Der Büffelmozzarella ist leider nur guter Durchschnitt (nicht zu vergleichen mit dem Burrata des Schloßbergrestaurants), wer aber Carpaccio mag, kann hier eine etwas andere Variante probieren.
Alles richtig macht man in jedem Fall mit der Weinempfehlung des Hauses. Familie Grossauer hat sich einen eigenen Rioja abfüllen lassen, der bei niedrigem Preis hervorragend zum Essen passt. Gleiches gilt für die Sommertrüffel, die man sich auf Wunsch übers frisch servierte Steak raspeln lassen darf. Wer dann noch andere Beilagen haben will, kann verdutzt feststellen, dass es zum sehr günstigen Fleisch auch noch sehr günstige Beilagen um je drei Euro gibt. Und zumindest an der Ofenkartoffel und den Pommes, die natürlich Frites heißen, gibt es überhaupt nichts auszusetzen; sie sind ein dezenter und knuspriger Kontrast zum zarten Fleisch. Dieses ist mit all seinen jeweiligen Unterschieden gut gelungen. Das Medium-Hüftsteak ist zwar etwas zu durch, aber das schadet ihm in keiner Weise; sehr saftig, ohne wässrig zu sein. Übertroffen wird es noch vom durchgebratenen Filetsteak, bei dem allerdings auch weniger falsch zu machen ist. Der Ofenspargel dazu war leider etwas zu lang im Rohr und daher ausgetrocknet und die Trüffelgnocchi im Rahm sind zwar sehr lecker, aber viel zu schwer, um als Beilage durchzugehen. Weniger Rahm und mehr Kartoffel in den Gnocchi würden da helfen.
Wer sich beim Fleisch zurückgehalten hat, darf sich noch auf den Nachtisch freuen: Die »Schokoladenschichten im Netz« sehen gut aus und schmecken auch so, der mit Marillen überbackene Topfen sieht nicht ganz so beeindruckend aus, schmeckt aber dafür noch besser.
Für die Mittagspausen ist das El Gaucho schon wegen der Öffnungszeiten nichts und auch zur Haubenküche wird es erst mal nicht reichen. Für alle, die einen launigen Rotweinabend bei gutem Essen verbringen wollen, ist das El Gaucho aber durchaus zu empfehlen. Den obligatorischen Diskussionen über Geschmack und Beschaffenheit des Fleisches wird sich kaum jemand entziehen. Es sei denn, er ist Vegetarier. Oder ein Rind.
El Gaucho, Landhaus
Montag bis Freitag, 17–24 Uhr
Wochenends und Feiertags, 11.30–23 Uhr
Vorspeisen ab zehn Euro
Fleisch zwischen 15 und 44 Euro
Beilagen um drei Euro
Nachspeisen ab sechs Euro
Kultur undsoweiter, Fazit 84 (Juli 2012)
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