Bausatz Haus
Michael Neumayr | 23. Oktober 2013 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 97, Fazitportrait
Wer schnell und günstig bauen will greift oft auf den Container zurück. In Österreich noch kaum verbreitet erleben Containerhäuser in England und den Niederlanden einen Boom. Dass diese schnell gebauten Häuser hässliche Energiefresser sind, stimmt aber nicht immer, wie das Grazer Jungunternehmen »Contain me« zeigt.
Fotos von Tamara Frisch.
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Denkt man an ein Containerhaus, ziehen im geistigen Auge oft unangenehme Bilder vorbei. Schulklassen und Büros, die wegen Umbau in Container ausgelagert sind, Notunterkünfte nach Naturkatastrophen und wohl auch dreckige Wohnwagensiedlungen in Amerika. Im Sommer ist es unerträglich heiß und im Winter scheint es oft unmöglich, diese provisorischen Räume zu heizen.
Stimmt alles nicht. Oder zumindest nur bedingt, denn mit Containern kann man es sogar schaffen, im Niedrigenergiestandard zu bauen. Davon sind Michaela Maresch und Gerald Brencic mit ihrem neuen Bausystem überzeugt. Die beiden Grazer Architekten haben ein Bausystem entwickelt, das auf die statische Grundlage von Containern zurückgreift. Mit den hässlichen Containerklassen haben die Häuser der beiden jedoch nichts zu tun. »Daher sprechen wir auch von Modulen. Wir wollen uns nicht auf den Container reduzieren lassen«, erklärt Maresch selbstbewusst. »Mich hat es immer frustriert, dass das Architektur-Business immer von null anfangen muss. Wir wollten daher ein System schaffen, das dem Kunden individuelle Gestaltungsmöglichkeiten gibt und trotzdem immer wieder verwendbar ist«, erzählt Brencic von seinen Beweggründen, ein neues System auszuprobieren.
Das Limit ist die Bauvorschrift
Entstanden ist dabei das System Commod-Haus, das nun in der eigenen Firma Contain me vertrieben wird. Angelehnt an die besonders in England und den Niederlanden verbreitete Containerarchitektur, bildet die statische Grundlage des Commod-Hauses der klassische Frachtcontainer. »Technisch gesehen könnten wir unsere Häuser bis zu neun Stockwerke wachsen lassen. Das Limit ist jedoch nicht die Technik, sondern die Bauvorschrift, die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ist. Vom Kleingartenhaus bis zur Wohnsiedlung ist aber alles möglich«, sagt Maresch. In einem entscheidenden Punkt unterscheidet sich die klassische Containerarchitektur aber vom Projekt der beiden Grazer. »In England und den Niederlanden werden keine Containerhäuser mit Niedrigenergiestandard gebaut und genau diesen Bedarf wollen wir decken«, hat Gerald Brencic eine Marktlücke erkannt. Mit dem modularen System wollen sie nicht nur flexibel, sondern auch ökologisch bauen. Verwendet werden neben dem Stahlgerüst nur natürliche Materialien. So werden für die Isolierung, wie beim kürzlich bei der Ökohausweltmeisterschaft in Kalifornien siegreiche Team Austria, Stroh und Zellulose verwendet. Die Wände entstehen aus Holz und Lehm. »Wir verwenden auch keine Klebstoffe. Das hat ökologische und gesundheitliche, aber auch praktische Vorteile«, erzählt Maresch. Denn anders als mit klassischen Häusern kann man mit modular gebauten Häusern relativ einfach umziehen. Alles, was man braucht, ist ein erschlossenes Grundstück und ein im Vergleich zum klassischen Betonfundament günstiges Punktfundament. Die Baumodule kann man nämlich wieder auseinanderbauen, neu arrangieren oder sie eben auf einen Lastkraftwagen verladen und übersiedeln. In einer modernen Welt, in der man durch Jobwechsel immer mehr zum Halbnomaden wird, ist das ein entscheidender Vorteil.
Das Haus wächst mit der Familie
Einen weiteren Vorteil sehen die beiden Unternehmer auch darin, dass die Häuser problemlos ausgebaut und wieder zurückgebaut werden können. »Eine Familie, die ein Kind bekommt, möchte oft ein Kinderzimmer dazubauen. Im Alter möchte man aber vielleicht das Kinderzimmer auflösen und den Wohnraum wieder verkleinern. Das ist bei unserem System problemlos möglich. Bei klassischen Fertigteilhäusern kann aber schon der Ausbau zum Problem werden«, gibt Gerald Brencic zu bedenken. Dort würden nämlich vermeintliche Zwischenwände oft eine tragende Rolle spielen, und auch der Verbau mancher Materialien erschwert einen Umbau. Um dem Niedrigenergiegedanken gerecht zu werden, kann auch eine Photovoltaikanlage eingebaut werden. »Hier haben wir eine Kooperation mit dem Hartberger Unternehmen Neovoltaik abgeschlossen. Die Photovoltaikanlagen auf dem Dach unserer Häuser können bis zu 90 Prozent der Energie, die eine Kleinfamilie verbraucht, erzeugen«, erzählt Gerald Brencic. Insgesamt hat Contain me ein Netzwerk aus rund 30 Unternehmen, vorwiegend aus der Steiermark und bis auf ein Unternehmen aus Bozen ausschließlich aus Österreich geschaffen. Der größte Partner ist dabei das Unternehmen Stugeba aus St. Leonhard in Kärnten.
Der Experte für Container und mobile Raumsysteme stellt das Containergerüst für die Häuser zur Verfügung. »Stugeba ist ein Unternehmen, das seit Jahrzehnten auf den Markt ist und so auch die nötige Sicherheit bringt. Sie können nicht nur die Montage oder die Reparatur betreuen, sondern auch einen Umzug organisieren«, versichert Michaela Maresch. Gerade in der Baubranche würde es viele Konkurse geben und so könne man sich nicht sicher sein, ob ein Bauunternehmen in zehn Jahren für den Umbau noch immer zur Verfügung steht. Diese Sicherheit sei mit dem Partner Stugeba gegeben, versichert Brencic.
Günstiger als klassischer Bau
Preislich gesehen sollen die Häuser von Contain me deutlich günstiger sein als vergleichbare Niedrigenergiehäuser. »Wir sind mit rund 2.000 Euro pro Quadratmeter etwa gleich teuer wie ein konventioneller Bau. So richten wir uns vor allem an Bauherren, die zwar Niedrigenergiehäuser bauen wollen, es sich aber bisher nicht leisten konnten«, führt Brencic aus. Hinzu würde auch noch eine Zeitersparnis kommen, denn vom Auftrag bis zur Fertigstellung dauert es nur drei Monate. Das Haus selbst ist in wenigen Wochen aufgestellt. Das wäre schneller als jede Baufirma. »Oft dauert die Suche nach einem perfekten Grundstück länger als der Bau des Hauses«, scherzt Maresch. Es gäbe bereits mehr als 200 Anfragen und viele Bauherren, die schon wissen würden, was und wie sie bauen wollen, aber noch immer das passende Grundstück suchen. Die meisten Interessenten kommen aus der Steiermark. Besonders viele Interessenten gebe es aber auch aus Vorarlberg, wo die Bauordnung besonders liberal und die Bevölkerung neuen Bauweisen gegenüber aufgeschlossen seien, so Maresch. Internationale Anfragen kämen derzeit vor allem aus Deutschland, der Schweiz, Italien und Slowenien.
Tatsächlich gebaut wurde aber bisher nur das Musterhaus in Graz, gegenüber dem Einkaufszentrum Citypark. Dort befindet sich das Büro der beiden Architekten. Von außen sieht man dem kleinen Häuschen mit 45 m² noch an, dass es aus Containern besteht. »Das haben wir bewusst gemacht, da wir zeigen wollen, woher wir kommen. Die Häuser kann man aber so gestalten, dass man sie nicht mehr als Containerhäuser erkennt. So könnte man etwa einen klassischen Dachstuhl anstatt des Flachdachs bauen«, erzählt Michaela Maresch. Bemerkenswert ist aber der Garten, der als senkrechter Garten, inklusive Bewässerungssystem, an der Hauswand wächst. Das System dafür kommt von Climagrün, einem Unternehmen aus Bozen, das sich auf Gebäudebegrünung spezialisiert hat.
So ungewöhnlich das Auftreten von außen ist, im Haus selbst erkennt man kaum noch einen Unterschied zu klassischem Wohnraum. Ideal isoliert, ist es selbst neben dem lauten Lazarettgürtel im Haus angenehmen ruhig. In einem Kasten verbaut befindet sich die Batterie des Hauses. Gespeist von der Photovoltaikanlage, liefert sie die nötige Energie. »Manche schrecken sich, weil die Batterie so groß ist, doch jeder Heizöltank würde mehr Platz verbrauchen«, so Maresch. Auch die Wände bestehen nicht nur aus einer einfachen Blechplatte, sondern sind durch den Holzverbau, den Lehmverputz und der Isolierung stark genug, um Bilder und schwere Regale aufzuhängen. Die ersten Häuser werden voraussichtlich im Frühjahr gebaut werden.
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Contain me
Michaela Maresch und Gerald Brencic
8020 Graz, Lazarettgürtel 62
Telefon: +43 676 43 50 909
containme.at
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Fazitportrait, Fazit 97, (November 2013)
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